Pilotprojekt zur Förderung bioregionaler Produkte
HOMBERG/EFZE. „Wo kommt unser Essen her?“ – diese Frage stellt die Ökomodellregion Schwalm-Eder und liefert auch gleich eine Antwort: Mit einem Pilotprojekt zur Förderung von bioregionalen Produkten in der Kita-Verpflegung.
2022 wurden im Schwalm-Eder-Kreis rund 5.500 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren in 113 Kitas betreut – 94 Kindertagespflegepersonen ergänzen das Angebot.
Das Pilotprojekt startet im Juni in Kitas der Stadt Niedenstein, gefolgt von der Stadt Homberg im September. Zwei landwirtschaftlich-gärtnerische Betriebe produzieren und liefern in der Pilotphase im Wochenrhythmus. Einer davon ist die Gemüsemarkt-Gärtnerei von Melanie und Rene Lehmann in Niedenstein mit etwa 30 verschiedenen Kulturen, von der Aussaat bis zur Ernte. Für den Bereich Homberg (Efze) ist ab September der Biohof Groß Homberg-Mühlhausen Partner.
„Als Ökomodellregion haben wir uns die Verpflegungssituation in Kita-Einrichtungen genauer angesehen, ebenso die Lieferketten einzelner Speisenanbieter“, so Stefan Itter und Juliane Wagener, Koordinatoren der Ökomodellregion Schwalm-Eder im Fachbereich für Landwirtschaft und Landentwicklung des Landkreises. Demnach haben in den 113 Kitas im Schwalm-Eder-Kreis weniger als 10 Prozent der Einrichtungen die Möglichkeit, das Mittagessen selbst zuzubereiten. Dafür fehle es sowohl an Personal als auch an geeigneten Räumlichkeiten und entsprechender Infrastruktur.
„Die meisten Kitas werden durch Speisenanbieter beliefert, die ihrerseits oft auf effiziente Strukturen angewiesen sind, beispielsweise hinsichtlich einer kontinuierlichen Belieferung mit homogenen, vorverarbeiteten Zutaten zu möglichst geringen Kosten. Produkte aus ökologischer Landwirtschaft, direkt vom lokalen Erzeuger, sind hier selten wettbewerbsfähig“ erklärt Stefan Itter und erläutert das Konzept der „Kita-Abo-Kiste“:
- Kitas im Schwalm-Eder-Kreis sollen dabei unterstützt werden, mehr regionale und mehr Bioprodukte in Ihrer Verpflegung einzusetzen.
- Die Kita-Abo-Kiste wird wöchentlich vom Erzeugerbetrieb in die Kita geliefert und bietet frische, vielfältige und naturbelassene Produkte, die die Hauptmahlzeit ergänzen.
- Die Produkte bieten gleichzeitig Anschauungsmaterial für die Ernährungsbildung, um heimische, saisonale, traditionelle Obst-Gemüse-und Beerensorten kennenzulernen.
Jürgen Kaufmann, als Erster Kreisbeigeordneter auch zuständig für den Fachbereich Landwirtschaft und Landentwicklung, betont: „Das Konsum- und Einkaufsverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher hat einen grundlegenden Einfluss auf die Art und Weise wie Landwirtschaft in unserer Region betrieben wird. Wenn wir mehr ökologische Landwirtschaft und mehr Direktvermarktung wollen, müssen die entsprechenden Produkte von der Bevölkerung nachgefragt werden. Die Initiative unserer Ökomodellregion möchte genau diese Zusammenhänge anschaulich machen und mit der Kita-Abo-Kiste einen Beitrag leisten.“
Vorfreude auf das Pilotprojekt herrscht auch bei den Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartnern in Niedenstein, die im Juni den Anfang machen. „Mit dem Zugang zu unverarbeiteten Lebensmitteln können unsere Kinder Erfahrungen in der Verarbeitung und Zubereitung von einfachen Mahlzeiten sammeln. Das Waschen, Schälen und Schneiden schult die manuellen Fähigkeiten. Frische Zutaten bieten Geschmackserlebnisse, so kann das sinnliche Erleben von Lebensmitteln gestärkt werden“, sagt Sylvia Schulz, Leiterin der städtischen Kindertagesstätten Niedenstein. Ergänzend dazu betont Niedensteins Bürgermeister Frank Grunewald: „Eine Qualitätsverbesserung bei der täglichen Verpflegung für heranwachsende Kinder sollte als gesamtgesellschaftliche Aufgabe gesehen werden. Dem wollen wir als kommunaler Träger der Kitas gerecht werden.“
Im kommenden Jahr soll das Konzept für den gesamten Landkreis weiterentwickelt werden. „Damit die Kita-Abo-Kiste für möglichst viele Einrichtungen attraktiv ist, muss ein intensiver Austausch zwischen den alltäglichen, praxisnahen Bedürfnissen der Einrichtungen und den Möglichkeiten der Lieferbetriebe erfolgen. Beispielsweise könnte der Anbaubetrieb problemlos Pfefferminze in den Anbauplan aufnehmen, wenn der Pfefferminztee in der Kita aus echter Minze gekocht werden soll“, so Stefan Itter.
Einrichtungen mit Interesse am Projekt können ab sofort eine kostenlose Kita-Abo-Kiste zum Ausprobieren bestellen. Für weitere Rückfragen auch zu Fragen der Kosten und Finanzierung steht Stefan Itter, Koordinator der Ökomodellregion Schwalm-Eder, unter Tel. 05681-775-8314 oder Stefan.itter@schwalm-eder-kreis.de zur Verfügung.
Weitere Informationen:
Die Ausgangssituation
Durch die Ausweitung der Ganztagsbetreuung in Kindertagesstätten in Hessen wird sowohl die Mittagsverpflegung als auch die Ernährungsbildung zu einem immer wichtigeren Handlungsfeld in den Einrichtungen. Aktuelle Defizite in der Ernährung von Kindern werden anhand einer vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft beauftragten Studie (EsKiMo / KiGGS) deutlich: nur 29 Prozent der Kinder in Deutschland verzehren ausreichend frisches Obst und Gemüse, 86 Prozent essen zu viel Fleisch-und Wurstprodukte. 15 Prozent aller Kinder werden als übergewichtig eingestuft, ebenso wächst der Anteil von Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes.
Workshop „Bio kann jeder“ am 7. Juni
In Zusammenarbeit mit der Fibl Projekt Gmbh bietet die Ökomodellregion bereits am 7. Juni einen Workshop an, bei dem die Bedeutung einer nachhaltigen Ernährung in der Verpflegung von Kindern praxisnah veranschaulicht wird. Wie können Regionale und saisonale Rezeptideen unter Berücksichtigung von Kalkulation und Beschaffung in der Verpflegung umgesetzt werden? Möglichkeiten und Hemmnisse werden diskutiert und gemeinsam mit Karsten Bessai, Koch und Experte der Bio-Gemeinschaftsverpflegung, ausprobiert.
Ort: Gustav-Heinemann-Schule Borken
Zeit: 07.06.2023 von 14.00-18.00
Anmeldung ab sofort bis zum 06.06. unter: https://akademie.fibl.org/event/220
Das Angebot ist kostenfrei.
Kontakt für Rückfragen: Insa Folkerts, Tel. 069-7137699-225, biokannjeder@fibl.org (pm)
Das Bild: Mairüben und Rote Beete frisch geerntet: Melanie und Rene Lehmann von der Gemüse-Marktgärtnerei Lehmann in Niedenstein sind Partner des Pilotprojekts der Ökomodellregion Schwalm-Eder.