nh24-Osterspaziergang zwischen alten Geschichten und neuen Techniken
KÖRLE. In der Gemeinde Körle liegt alles ganz nah beieinander. Mit etwas mehr als 3000 Einwohnern ist Körle eine der kleinsten Kommunen im Schwalm-Eder-Kreis. Im Kaufkraft-Atlas steht die Gemeinde jedoch ständig weit vorne. Das heißt, die Körler sind auch in Kassel oder Melsungen als Kunden stets willkommen.
Wer meint, dass eine kleine Kommune zwischen der Bartenwetzer-Stadt und der nordhessischen Metropole wenig zu bieten hat, den wird allein der ausgeschilderte historische Rundgang durch den Kernort mit seiner Vielzahl an historischen Orten und Stätten aus der Geschichte Ortes, der einst im Mittelalter auch Gerichtssitz gewesen ist, schnell vom Gegenteil überzeugen.
Wir beginnen den Spaziergang allerdings nicht im Kernort, sondern in Empfershausen. Von Ober-Empfershausen führt der Weg am Bach Mülmisch entlang nach Unter-Empfershausen. Dort beindruckt das romantische Ensemble aus alter Kirche, der Texas Longhorn Greenwood Ranch, alten Fachwerkhäusern, engen Gassen und dem bewachsenen Bachbett der Mülmisch.
ICE und Südlink tangieren die Gemeinde
Auf dem Weg zur Berglandhalle merkt man schnell, woher dieser Veranstaltungsort seinen Namen hat. Unter der gigantischen ICE-Brücke hindurch auf die Anhöhe kommt man leicht ins Schwitzen. Oben angekommen offenbart sich ein – im wahrsten Sinne des Wortes – spannender Blick. Noch einmal sieht man die große Eisenbahnbrücke, wie sie sich über das Tal spannt und direkt daneben knistert Hochspannung. Die Südlink-Gleichstrom-Trasse überquert die Anhöhe und durchschneidet dann das Fuldatal.
Vorbei an der Wilhelm-Pfeiffer-Eiche, die 2004 zum 100. Geburtstag des Mundartdichters gepflanzt wurde, geht es zur Bergland-Halle, in der fast die halbe Großgemeinde Platz finden würde. In Holzbauweise hat die Gemeinde hier eine Versammlungs- und Sporthalle für unterschiedlichste Zwecke und Veranstaltungen gebaut. Sehr häufig tagt hier auch der Kreistag des Schwalm-Eder-Kreises.
Von dort den Berg hinunter geht es in den Ortskern mit der Regiotram-Haltestelle an der Bahnlinie von Kassel nach Bebra und weiter nach Frankfurt. Der Einzelhandel der Gemeinde trotzt wacker der Konkurrenz in den Mittel- und Oberzentren. Sehenswert präsentiert sich das Rathaus von Körle und – wie könnte es anders sein – direkt darüber die Kirche der Kerngemeinde. Auffällig empfängt ein Esel die Besucher vor dem Rathaus-Eingang. Und er weiß eine Geschichte zu erzählen:
Der Körler Esel
Als Körle viele Jahrhunderte lang kirchlich zu Wollrode gehörte, wohnte dort auch der Pfarrer. Er ritt an Sonntagen zum Gottesdienst und außerdem mittwochs auf seinem Esel nach Körle. Das Grautier band er stets an die Mauer des Kirchhofs. Eines Tages versammelte sich eine Horde Jungen um den Esel und ärgerte ihn so lange, bis er in alle Richtungen ausschlug. Eine Bauernmagd, die mit ihrer Mistgabel vorbeikam, glaubte, das unfreundliche Spiel der Knaben gefiele dem Esel und fing an, das arme Tier auch noch mit der Mistgabel zu kitzeln. Dieser sprang noch einmal hoch, schrie und brach schließlich tot zusammen.
Die Jungen und die Bauernmagd rannten fort. Der Pfarrer war entsetzt, hatte ihn das fromme Tier doch viele Jahre nach Körle getragen. Weil die Übeltäter nicht ermittelt werden konnten, musste die Gemeinde Körle fortan einen jährlichen „Eselszins“, auch das „Kitzelgeld“ genannt, bezahlen. Ein Vorgang, der amtlich belegt ist. Die Körler haben ihn vor dem Rathaus zur Erinnerung in Bronze gegossen. Wilhelm Pfeiffer (1904- 1993) schrieb dazu das Mundartgedicht „Der Kerlsche Esel un dor Bortenwetzer“ und ein Theaterstück: „Die Magd von Körle“.
Über die Fulda geht es zu guter Letzt nach Lobenhausen und entlang des Flusses nach Wagenfurth. Dort endet der Dorfspaziergang noch wenigen Kilometern (rs)