4,1-Millionen-Euro-Projekt
SCHWALMSTADT-TREYSA. Die Hephata-Klinik in Schwalmstadt-Treysa eröffnet am 20. März ihre neue Station für Menschen mit Mehrfachbehinderungen und Epilepsie. Die Station 1a schließt eine Behandlungslücke in Hessen und gehört bundesweit zu einigen wenigen Angeboten ihrer Art.
„Wir freuen uns sehr, dass die neue Station nun in Betrieb gehen kann“, sagt Klinik-Geschäftsführer Alexander Stein. Die Bauarbeiten hatten im Oktober 2018 begonnen. Für das Bauprojekt waren Investitionen in Höhe von 4,1 Millionen Euro nötig, von denen das Land Hessen 3,6 Millionen Euro und die Hephata Diakonie 518.000 Euro trägt.
Zur Eröffnung wird zunächst nur ein Teil der neuen Station belegt werden. Der Vollbetrieb beginnt im Sommer. „Wir starten erst mit einer kleinen Belegung, um gut in den neuen Alltag hineinzukommen“, sagt Oberarzt Franz Lutz (59). Er ist Facharzt für Neurologie, seit Januar 2023 in der Hephata-Klinik tätig und übernimmt die Leitung der neuen Station.
„Der Bedarf ist sehr groß, wir haben Anfragen aus dem gesamten Bundesgebiet. Die Station ist die einzige in ganz Hessen“, so Lutz. Zwar behandele die Hephata-Klinik schon seit vielen Jahren Menschen mit Epilepsie und Behinderungen, jedoch nur in geringer Anzahl. „Eine herkömmliche neurologische Station wird den Bedarfen und Bedürfnissen dieser Patientinnen und Patienten nicht gerecht. Zum einen können diese Patientinnen und Patienten oftmals Ängste und Schmerzen nicht selbst detailliert schildern. Wir sind also auch auf Beobachtungen angewiesen. Zum anderen brauchen sie meist mehr Zeit, um sich auf neue Situationen und fremde Menschen einzustellen. Erst recht, wenn diese mit ihnen Untersuchungen wie ein MRT oder ein 24-Stunden-EEG im Sinn haben. Mit der neuen Station werden wir diesen Anforderungen sowohl räumlich als auch personell gerecht.“
Raumkonzept
Die neue Station liegt in einem separaten Anbau an die Klinik, mit barrierefreiem Eingang und Zugang in den großzügigen Stationsgarten. Auf der Station werden bis zu 16 erwachsene Patienten multiprofessionell behandelt. Die Patientinnenzimmer sind Einzel- und Doppelzimmer, die über TV, Internetzugang und eigene Nasszellen mit barrierefreien Sanitäranlagen verfügen. Zudem gibt es ein Stationsbad mit Dusch- und Badewannenlifter und einer Duschliege. Die ebenfalls höhenverstellbare Therapie-Badewanne bietet mit Licht- und Musikeffekten Entspannung. Genauso wie der Snoezelenraum, der mit Sound- und Lichteffekten sowie Wandprojektionen aus der Natur für eine beruhigende Atmosphäre sorgt.
Tagsüber können sich die Patientinnen im großen und lichtdurchfluteten Gemeinschaftsraum aufhalten. Hier können zum einen Angebote der Ergo-, Physio- und Logotherapie stattfinden. Zum anderen gibt es tagesstrukturierende Maßnahmen. „Menschen mit Mehrfachbehinderungen brauchen häufig eine Anleitung im Tagesablauf und können nicht den gesamten Tag im Patientinnenzimmer bleiben.“
Neben dem Gemeinschaftsraum befindet sich die Rollstuhl gerechte Gemeinschaftsküche, in der die Patient*innen zusammen mit den Pflegekräften kochen und backen können. Hinzu kommen spezielle Spiel- und Beschäftigungsmöglichkeiten im Therapie- und Stationsgarten.
Ein eigenes Farbkonzept rundet das Raumangebot der Station ab. „Jedes Zimmer hat eine eigene Farbgestaltung, die sowohl der Orientierung, als auch mehr Individualität in den Klinikalltag bringen soll.“
Behandlungskonzept
„Wir hoffen, schon allein dank der vielfältigen Angebote innerhalb des Raumkonzepts den Einsatz von Medikamenten im Alltag reduzieren zu können“, so Lutz. Hingegen kann bei aufwendigeren Untersuchungen wie einem MRT der Einsatz von Medikamenten gerade von Vorteil sein: „Wir bieten nicht nur Langzeit-EEG-Untersuchungen auf der Station und MRT-Untersuchungen im Haus an, sondern können ein MRT bei Bedarf auch unter einer leichten Narkose durchführen. Das ist gerade für Menschen mit Mehrfachbehinderungen ein großer Pluspunkt. Denn diese tolerieren es oftmals nicht, längere Zeit ruhig liegen bleiben zu müssen.“
Zudem ist die neue Station die erste in der Hephata-Klinik, die komplett digitalisiert ist. Das bietet unter anderem für die Patientinnen den Vorteil, sich trotz einer Langzeit-EEG-Messung, die über eine Bluetooth-Schnittstelle verfügt, frei bewegen zu können. Außerdem sind auch die Patientenakten digital erfasst und nutzbar: „Wir arbeiten praktisch papierfrei.“
„Mit der neuen Station bieten wir so eine sehr hohe Diagnose- und Versorgungsqualität, die wir nur gemeinsam mit unseren Patientinnen und deren Angehörigen auf Dauer halten können. Wichtige Bausteine sind dabei die umfangreiche Aufklärung und Beteiligung der Betroffenen an allen Behandlungsschritten“, sagt Lutz. Und auch das sogenannte Bezugspflege-Konzept. „Auf der neuen Station haben alle Patientinnen und Patienten eine feste Bezugsperson, die sie betreut und zu der sie Vertrauen aufbauen können.“ Dies wird mit einer Kooperation mit Fachkräften Hephatas für Leichte Sprache, Einfache Sprache und unterstützte Kommunikation unterstützt. Und: Betreuerinnen und Angehörige können in fußläufig erreichbaren Gästehäusern Hephatas und in Ausnahmefällen auch bei den Patienten übernachten.
Schutzkonzept
Ein eigenes Schutzkonzept, beispielsweise mit extra gesicherten Elektrogeräten und Steckdosen sorgt für Sicherheit. Die Station und der dazugehörende Garten sind videoüberwacht: „So können wir Anfälle schnell erkennen und dokumentieren und vor allem auch den Patientinnen und Patienten schnell helfen, bei Tag und Nacht.“
Franz Lutz: „Die neue Station ist ein innovatives Projekt, auf das viele Menschen lange gewartet haben. Wir stehen in den Startlöchern und freuen uns auf unsere Patientinnen und Patienten.“
Wer beim Aufbau der neuen Station mitwirken möchte, erhält hier nähere Informationen: T.: 06691 18-1818, E-mail: karriere@hephata.de
Zur Person: Franz Lutz ist 59 Jahre alt und in Frankfurt am Main geboren. Er studierte Medizin an der Universität Witten/Herdecke. Lutz arbeitete zuvor in den Neurologien des Klinikums Bad Hersfeld und des Gemeinschaftskrankenhauses Herdecke. Zudem war er mehrere Jahre als Allgemeinmediziner auf Mallorca (Spanien) und in der Forschung in den USA tätig. Sein Schwerpunkt liegt auf der neurologischen Akutversorgung. Ehrenamtlich engagiert er sich in der humanitären medizinischen Hilfe für gemeinnützige Organisationen und war bereits zu Einsätzen in Haiti, im Senegal und in Südafrika. Ein Porträt zu seiner Person erscheint demnächst hier.
Zur Hephata-Klinik: Die Hephata-Klinik besteht aus einer Fachklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik mit 48 Betten sowie aus einer Fachklinik für Neurologie mit 45 Betten. Die Klinik ist ein von der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie, der Arbeitsgemeinschaft für prächirurgische Epilepsiediagnostik und operativen Epilepsietherapie zertifiziertes Epilepsiezentrum für Erwachsene. Zudem trägt die MVZ (Medizinisches Versorgungszentrum) GmbH in Räumen der Klinik das Zertifikat einer Epilepsie-Ambulanz. Das Epilepsiezentrum bietet eine ambulante Epilepsiesprechstunde, eine Epilepsiestation und ab 20. März ein stationäres Angebot für Menschen mit Mehrfachbehinderungen und Epilepsie. Dem Epilepsiezentrum angegliedert ist eine Epilepsieberatungsstelle, zudem kann auf ein eigenes Schlaflabor zurückgegriffen werden. Die Klinik ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Diakonischer Epilepsiezentren (ADEZ) und im Netzwerk „Epilepsie Netz Hessen“ vertreten. Es besteht eine enge Kooperation mit den Epilepsiezentren der Universitätskliniken Frankfurt Rhein-Main und Marburg. (pm)