KASSEL. Das nord‐, ost‐ und mittelhessische Handwerk blickt mit etwas Erleichterung auf die vergangenen Monate zurück. Die in der letzten Umfrage geäußerten Befürchtungen eines weiteren Konjunktureinbruchs haben sich nicht bestätigt. Doch der Blick in die Zukunft bleibt von Sorgen geprägt.
„Die nach wie vor hohen Energiepreise, die zurückgehende Kauf‐ kraft, Auftragsstornierungen im Baugewerbe und die bestehenden Unsicherheiten fordern unsere Betriebe auch weiterhin. Trotzdem berichteten im abgelaufenen Quartal mehr Firmen als im Vorquartal von einer befriedigenden bis guten Geschäftslage. Die Situation bleibt aber fragil, vor allem wegen der Situation im Bauhauptgewerbe. Hier gibt es infolge steigender Zinsen und Materialpreissteigerungen einen deutlichen Rückgang der Ordereingänge”, kommentierte Frank Dittmar, Präsident der Handwerkskammer Kassel, die Ergebnisse der Winter‐Konjunkturumfrage der Kammer, die bei 800 Mitgliedsbetrieben durchgeführt wurde.
Trotz der saisonalen Einflüsse hat sich die Stimmung im Winterquartal etwas aufgehellt. Das Geschäftsklima ist bis Ende Dezember auf 95,1 Punkte gestiegen, nachdem er drei Monate zuvor bei 85,1 Punkten gelegen hatte. Die Unternehmen waren im Vergleich zum Vorquartal mit den laufenden Geschäften etwas zufriedener. Die Erwartungen bleiben zurückhaltend, aber weniger pessimistisch als im Herbst. Die Vorjahres‐ werte wurden hingegen noch nicht erreicht. Insgesamt 36,9 Prozent gaben der aktuellen Geschäftslage im Jahresendquartal die Note „gut“. Im Vorquartal waren es 35,9 Prozent (Vorjahr: 41,9 Prozent). Die An‐ zahl der „schlecht“‐Meldungen sank von 21,9 auf 16,4 Prozent (VJ: 21,2 Prozent). Die Geschäftserwartungen bleiben skeptisch, wurden aber etwas besser beurteilt als im Vorquartal: 31,9 Prozent (Vorquartal: 40,6 Prozent) befürchten eine Verschlechterung, während 7 Prozent von ei‐ ner Verbesserung ausgehen (VQ: 4,2 Prozent).
Die Lage in den einzelnen Handwerksbranchen ist und bleibt sehr unterschiedlich. Während die Betriebe der Ausbaugewerbe und die industriellen Zulieferer insgesamt sehr zufrieden sind, hat sich die Situation im Bauhauptgewerbe gegenüber dem Vorjahr verschlechtert. Rückläufige Auftragseingänge prägen hier die Lage. Viele Betriebe arbeiten derzeit ihre Auftragsreserven ab.
Eine schlechtere Nachfrage, gepaart mit deutlich steigenden Preisen, macht die Situation bei den Betrieben der Lebensmittelhandwerke schwierig. Auch die kommenden Monate werden pessimistisch eingeschätzt. Etwas zufriedenere Gesichter gibt es dagegen wieder in den Kfz‐Betrieben und auch bei den privaten Dienstleistern. Auch wenn die Unsicherheit hoch ist, konnten viele Betriebe eine bessere Auslastung erreichen, die Nachfrage konnte gegenüber dem schwachen Vorquartal gesteigert werden.
Quer durch alle Branchen verlief die Umsatztätigkeit in den Betrieben uneinheitlich. Während jeder vierte Betrieb, und damit sogar etwas mehr als im dritten Quartal, Zuwächse bei den Erlösen verbuchten, verzeichneten 26,3 Prozent Rückgänge (VQ: 29,2 Prozent). Die Negativentwicklung der Auftragseingänge wurde gestoppt. Während im Vorquartal über 40 Prozent der Betriebe über rückläufige Ordereingänge geklagt hatten, waren es aktuell nur noch 30,3 Prozent.
Die Betriebsauslastung betrug im Berichtszeitraum gewerkeübergreifend gute 79 Prozent und lag damit 2,3 Punkte über dem Vorquartalsniveau. Die Auftragsreserven der Betriebe lagen am Jahresende im Durchschnitt bei 10,5 Wochen. Das ist im Vergleich zum Vorjahr ein leichtes Minus von 1,2 Wochen.
Große Sorgen macht nach wie vor die aktuelle Preisentwicklung. Die Einkaufspreise für Rohstoffe, Vorprodukte und Energie sind bei vielen Betrieben weiter gestiegen. 74 Prozent der Befragten berichten von steigenden Preisen im Einkauf, während nur 52,9 Prozent der Befragten die höheren Preise an ihre Kunden weitergaben.
“Zwar hat sich die Stimmung in der Wirtschaft zuletzt wieder etwas aufgehellt, doch die zurückhaltende Konsumneigung, die hohen Preise und die allgemeine wirtschaftliche Unsicherheit bilden weiterhin ein schwieriges Umfeld für das nord‐, ost‐ und mittelhessische Handwerk”, bilanzierte Dittmar abschließend die Winter‐Konjunkturumfrage der Kammer. (pm)