Ausstellung „Weisse Wölfe“ im Rathaus eröffnet
BAUNATAL. Das Verständnis für und die Umsetzung von Demokratie kommen nicht von selbst: Demokratie muss gelernt und gelebt werden. In schulischen wie außerschulischen Bildungseinrichtungen können bereits Kinder und Jugendliche demokratisch handeln und Teilhabe erfahren. So lautet der Informationstext zu einer bemerkenswerten Aktion in Baunatal.
Demokratie lebt vom Engagement ihrer Bürgerinnen und Bürger. Keine andere Lebens- und Herrschaftsform ist so auf Mitwirkung angewiesen. Sie kann daher nicht früh genug Gegenstand von Bildung und Erziehung sein. Die Bildungseinrichtungen in Baunatal, die diese Gedanken formuliert haben und sie leben, stellen in einer Aktionswoche zur Demokratiepädagogik vom 23. bis 27. Januar 2023 einige Projekte und Ideen sowohl Fachkräften als auch der interessierten Öffentlichkeit vor.
Eröffnung der Aktionswoche im Rathaus
Eröffnet wurde die Aktionswoche gestern, am 24. Januar, im Foyer des Rathauses durch Bürgermeisterin Manuela Strube. Sie stellte fest, dass Frieden, Freiheit und demokratisches Zusammenleben keineswegs selbstverständlich sind und jeden Tag neu erstritten werden müssen. Das zeige nicht zuletzt der Krieg in der Ukraine. Demokratie müsse gelernt und gelebt werden. In außerschulischen und schulischen Bildungseinrichtungen können Kinder und Jugendliche in Baunatal schon früh demokratisch handeln und Teilhabe erfahren. Im Grunde hätte sie sich einen längeren Aktionszeitraum gewünscht. Kindergärten und Schulen beteiligen sich intensiv mit Projekten.
Bettina Pauli stellte das Programm der Aktionswoche vor. In der Friedrich-Ebert-Schule gab es bereits eine Kinderkonferenz mit der Schulleitung zum Thema Schulregeln. Geplant ist noch eine intensive Beteiligung der Kinder bei der Verwendung von Sponsorengeldern für Spielgeräte. An der Theodor-Heuss-Schule entstehen über die Schülervertretung Podcasts und Reels zum Thema Demokratie. Die Grundschule am Stadtpark und die Erich-Kästner-Schule (EKS) thematisieren die Kinderrechte. Die EKS organisiert außerdem eine Gedenkfeier zur Erinnerung an die Befreiung des Konzentrationslagers in Auschwitz. Auch die Kindertagesstätten Albert-Schweitzer-Haus und Astrid-Lindgren-Haus beschäftigen sich mit Kinderrechten, dem Recht auf ein sicheres Zuhause oder mit kindgerechter Ernährung.
Bildergeschichte über die Radikalisierung in der Neonaziszene
Im Anschluss wurde die Ausstellung „Weiße Wölfe“, die im Rathausfoyer zu sehen ist, von Philipp Meyer (Die Kopiloten) vorgestellt. Ihn, so sagt er, juckt es in den Fingern, über politische Bildung zu sprechen. Die Ausstellung zeigt die Entwicklung eines Neonazis, der immer tiefer in die Szene und ihre Ideologie gerät. Auch die Radikalisierung wird aufgezeigt. Soldaten wollen sie werden, um den Kampf der weißen Rasse zu führen. Straftaten in der rechten Szene, so Meyer, sind stets Botschaftertaten, die andere motivieren sollen.
Leider werde die Gefahr von Rechts immer noch verharmlost. Als „Der Spiegel“ titelte, „Immer wieder Kassel“, habe der Bürgermeister dies mit der günstigen Verkehrslage durch die A 7 begründet. Schon 2017 waren die Reichsbürger Thema bei einer Veranstaltung in Baunatal. Inzwischen gibt es immer wieder Todeslisten und in mehreren europäischen Ländern sind Umsturzpläne aufgetaucht. Aber stets werde noch von Einzeltätern gesprochen.
Fake News in den Sozialen Medien
Thomas Gudella, als Medienpädagoge erfahren in der politischen Bildung, referierte danach über die Rolle der (Sozialen) Medien im Kontext von Demokratie: das Thema: „Trau keinem Bild – Fake News, Propaganda, Desinformation“. Anhand mehrerer Beispiele zeigte er, wie Bilder verfälscht werden, aber auch, wie man sie im Internet bis zu ihrer Ursprungsversion zurückverfolgen kann. Dann erkennt man rasch, dass teilweise sehr alte Bilder in einen neuen Kontext gestellt und mit völlig falschen Titeln und Aussagen versehen werden. Er zeigte auch die ältesten bekannten Fake News. Beispielsweise zur Zeit von Ramses II im Jahr 1274 vor Christi, als er eine Niederlage gegen die Hethiter bildlich in einen Sieg umwandelte. Archäologen stellten später erst fest, dass dies falsch war. Ganz offen hat Lenin später Trotzki und die Adolf Hitler Ernst Röhm aus Bildern entfernen lassen. Was damals nur in sehr aufwendiger Handarbeit möglich war, ist heute sehr einfach zu realisieren.
Falsches lässt sich meist erkennen
Nachrichten, so lautet der Pressekodex, müssen überprüfbar sein. Das gilt im Internet nicht. Reißerische Aufmacher, fehlende Quellenangaben und Seiten ohne Impressum sind oft Hinweise auf falsche Nachrichten. Aber es ist so leicht, irgendwas einfach mal im Netz zu teilen. Sein Rat:
- Hirn einschalten, obwohl die Aufmerksamkeitsspanne immer kürzer wird
- Auf das Bauchgefühl achten
- Stets fragen, ob es Meinung, Satire oder ein Scherz sein könnte
- Suchmaschinen zum Überprüfen nutzen. Wenn die Nachricht sonst nirgends steht, aber sensationell wirkt, dann dürfte sie falsch sein.
Inzwischen gibt es auch Fake-Profile und mit Künstlicher Intelligenz (KI) lassen sich komplett falsche Menschen kreieren. Personen, die es nicht gibt, werden auf Bildern kreiert. Doch KI ist nicht unbegrenzt intelligent. Sie kann Menschen nur in einer Perspektive darstellen, nie von einer anderen Seite zeigen. Es gibt außerdem immer nur ein Bild von jeder Person, denn sie lässt sich kein zweites Mal genauso kreieren. (rs)
1 Kommentar
Tolle Idee! Ein Muss für die NH24-Kommentatoren 😉
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