Schulleiterin Elisabeth Schindelmann geht in Ruhestand
SCHWALMSTADT-TREYSA. „Mädchen, geh ins Büro, das ist ein sauberer Job“, riet die Oma.
Sicherheitsingenieurin bei der Bahn – das hätte dem Vater gefallen. Doch die Enkelin und Tochter hatte Interesse an Design, Maschinenbau oder Raumfahrttechnik. Letztendlich wurde aus alldem nichts – und doch Gutes: eine Haupt- und Realschullehrerin für Mathematik, Physik und Religion. 15 Jahre leitete Elisabeth Schindelmann die Friedrich-Trost-Schule (FTS), einer von drei Standorten der Hephata-Förderschule. Zum 31. Januar 2023 geht sie in Ruhestand.
„Im Lehramt läuft alles zusammen: fachwissenschaftlich, didaktisch, und die Arbeit mit Menschen. Das hat mich an meinem Beruf immer begeistert“, sagt Elisabeth Schindelmann (65). Den Weg dahin ebnete ihr ein „cooler Physiklehrer“ in der Oberstufe. Physik und Wissenschaft fand sie eh spannend, der Lehrer schaffte es, seine Begeisterung weiterzugeben – und Elisabeth Schindelmanns Berufswunsch ging in eine neue Richtung.
Loks von innen und außen kennengelernt
Dabei hatte sie nach der Realschule ja eigentlich etwas Kreatives machen wollen, etwas mit Zeichnen und Design. Durch einen Irrtum bei der Einschreibung landete sie aber im Ausbildungsgang Metall der Berufsfachschule. „Ich fand das spannend. Habe mir beim Feilen Blasen an die Hände geholt und bei Praktika bei der Deutschen Bahn Loks von innen und außen kennengelernt. Ich fand es toll, an Maschinen ausgebildet zu werden.“
In Gießen hatte sie danach den Studienplatz für Maschinenbau schon sicher, da riet ihr ein Lehrer, lieber erst die Hochschulreife abzulegen, also noch mal zwei Jahre aufs Technische Gymnasium zu gehen, um sich mehr Möglichkeiten offenzuhalten. „Ich hätte sonst nicht an einer Technischen Universität studieren können und irgendwie hatte ich ja doch noch die Raumfahrttechnik im Kopf.“ Also noch mal auf die Schulbank und in den besagten Physikunterricht, in dem die Pläne neu sortiert wurden.
Im Anschluss stand das Studium zur Haupt- und Realschullehrerin in Gießen an. Ihr Referendariat absolvierte Elisabeth Schindelmann in Marburg und endete damit direkt im Einstellungsstopp. Da ihr Mann Dieter eine Pfarrstelle in Treysa antrat, zog die Familie – das Paar hat fünf Kinder – nach Schwalmstadt-Treysa. Hier war Elisabeth Schindelmann zunächst als Honorarkraft tätig, unterrichtete Erwachsene im heutigen Unternehmen für Bildung (bfw), an einer Abendschule und auch in der Justizvollzugsanstalt, bevor sie im Jahr 2000 in der Hephata-Berufshilfe als Stützlehrerin anfangen konnte. Nach einem halben Jahr kam dann der Wechsel an die FTS, 2007 wurde sie deren Leiterin.
Neue Konzepte in allen Bereichen erarbeitet
„Ich habe die Entscheidung nie bereut. Wissenschaftlich korrekt zu sein und trotzdem verständlich, das war mein Ziel.“ Umgesetzt hat sie das im Unterricht und bei vielen Entwicklungen in der Schule. Berufliche Meilensteine waren die Umsetzung der neuen Verordnung in den Bildungsgängen zur Berufsvorbereitung sowie die Erweiterung des berufsschulischen Angebots im Ausbildungsbereich, beispielsweise die Beschulung von Fachpraktikerinnen in der Hauswirtschaft, in der Küche und Gartenbauhelferinnen. Neue Konzepte mussten in allen Bereichen, unter anderem in Kooperation mit der Hephata-Berufshilfe erarbeitetet werden.
Und natürlich die erste Schulordnung der FTS. „Dazu hatte ich ein Aha-Erlebnis mit einem Schüler, den ich bat, etwas zu unterlassen. Seine Antwort: Ich halte mich an nichts, ich habe keine Schulordnung unterschrieben.“ In der folgenden Nacht setzte sich Elisabeth Schindelmann hin und schrieb die erste Schulordnung, die der Schüler am nächsten Morgen dann auch gleich unterschreiben musste und die die Grundlage für eine Weiterentwicklung im Team wurde.
FTS nun unter einem Dach
Für das Team, aber auch für die Schülerinnen, lagen ihr der Umzug der FTS in den Sandweg 3, ehemals Druckerei Plag, sowie der Um- und Ausbau des Standortes besonders am Herzen. „Ich freue mich riesig, dass die FTS nun unter einem Dach ist. Das wird viele Vorteile für die Schülerinnen und das Kollegium haben. Die Kolleg*innen müssen dann nicht mehr zwischen fünf Standorten pendeln und es können Lernsettings gestaltet werden, die das gemeinsame Lernen fördern.“
Auf der pädagogischen Arbeit lag ohnehin ihr Fokus. „Ich habe immer unterrichtet, um auf dem Laufenden zu sein. Die Entwicklungen, der Austausch mit den jungen Menschen und den Kollegen werden mir schon fehlen. Und auch der technische Fortschritt, der Unterricht mit Tablets, das ist schon faszinierend.“
Englisch auffrischen und tanzen
Doch auch im Ruhestand wird es keinen Stillstand für die 65-Jährige geben. „Auf jeden Fall werde ich tanzen, vermutlich auch intensiver als jetzt“. Elisabeth Schindelmann leitet seit Jahrzehnten eine Süd-Osteuropäische Folkloretanzgruppe, hat eine Ausbildung als Tanzleiterin und ist gerade dabei, eine weitere Tanzgruppe ins Leben zu rufen. Dann will sie ihr Englisch auffrischen: „Eine unserer Schwiegertöchter kommt aus den USA. Wir haben sie im Sommer besucht und ich habe mich mit meinem Englisch nicht gerade mit Ruhm bekleckert.“ Eine Verbindung erfahren die beiden Projekte bei geplanten Tanzreisen, auf denen die Unterrichtssprache Englisch sein wird. Das hört sich auch weiterhin nach Entwicklung und Lernen an – ganz ohne Ruhebänkchen.
Sascha Gömpel und Theresa Hepp werden als Leitungsteam die Nachfolge von Elisabeth Schindelmann antreten.: Friedrich-Trost-Schule bekommt Leitungsduo (pm)