FWG und GRÜNE haben andere Vorstellungen
GUDENSBERG | NIEDENSTEIN | EDERMÜNDE | BAUNATAL. Wer nicht versteht, warum es in Deutschland so schwer ist, Windräder zu bauen, bekam in der Gudensberger Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag eine Kostprobe davon, mit welchen Argumenten GRÜNE und FWG einen Windpark in den Langenbergen gerne verzögern und womöglich verhindern würden.
Die Waldgenossenschaft Gudensberg beabsichtigt, die Windvorrangfläche Langenberge (von der Regionalplanung als „HR01“ bezeichnet) an einen Projektierer zum Bau und Betrieb von bis zu 5 Windkraftanlagen zu verpachten. Die Waldgenossenschaft ist eigentumsrechtlich gesehen eine sogenannte Bruchteilsgemeinschaft. Jeder Einzelne von über 130 Teileigentümern muss zustimmen. Das ist wie das EU-Prinzip, nur noch etwas schlimmer, wie es mehr Beteiligte sind.
Stadt Gudensberg ist nur Minderheitsbeteiligte
Der Vorstand der Waldgenossenschaft bittet nun alle Mitglieder/Teileigentümer, den Waldvorstand zu bevollmächtigen, Verträge über die Errichtung und den Betrieb eines Windparks auf dem Gebiet der Waldgenossenschaft mit einem Betreiber abzuschließen und auch eine Dienstbarkeit im Grundbuch als dauerhafte Sicherung des Betriebes eintragen zu lassen. Dies müsse erfolgen, bevor das gesamte Vorhaben starten kann. Nur wenn alle Teileigentümer ihre Zustimmung geben, können weitere Planungen für das Vorhaben gestartet werden.
Die Stadt Gudensberg ist mit 18 von 210 Anteilen Miteigentümerin der Waldgenossenschaft Gudensberg. Deshalb hat der Magistrat der Stadt Gudensberg bei der Vergabe des Windparkprojektes an einen Betreiber ein besonderes Interesse an folgenden Punkten, die er dem Waldvorstand mündlich als auch schriftlich ausformuliert vorgetragen hat, um eine verbindliche Vereinbarung zwischen Waldvorstand und Stadt abzuschließen:
- Bürgerbeteiligung
- Finanzielle Auswirkungen und Risiko-Abschätzung
- Abstimmungen in der Generalversammlung über wichtige Verträge
- Beteiligung regionaler Windenergie-Projektierer
Waldvorstand will das Gleiche, aber auch keine Einzelvereinbarungen
Der Waldvorstand ist ebenfalls an diesen Zielen interessiert, will aber aus Gleichbehandlungsgründen aller Mitglieder keine gesonderte Vereinbarung mit der Stadt Gudensberg treffen.
Am Donnerstag waren es genau die beiden Fraktionen, die am vehementesten für Nachhaltigkeit und Energiewende eintreten, die mit der Vorgehensweise hadern. Ein Antrag der FWG hatte zum Ziel, die Beschlussfassung für das Projekt zu verschieben. Niedenstein sei nicht informiert worden. Erst müsse eine Vorstellung des Projektes durch die Waldgenossenschaft erfolgen und Vereinbarungen getroffen werden.
FWG: Keine Hektik!
- Volker Steinmetz (FWG) blickte zurück. Das Projekt sei schon einmal vor die Wand gefahren worden. Man solle es nicht zum U-Boot werden lassen. Niedenstein habe Sicht auf die Windräder, Gudensberg aber nicht. Neben dem Ertragsfaktor sei zu beachten, dass Waldinteressenten hohe Kosten hätten. Man solle Aufhören in Hektik zu verfallen und alle Beteiligten mitnehmen, damit das wichtige Projekt umgesetzt werden könne. Die FWG beantragte die Rücküberweisung in die Ausschüsse.
Sina Best will russische Abhängigkeit reduzieren und ist mit Amtskollegen im Gespräch
- Bürgermeisterin Sina Best möchte die Gelegenheit nutzen, ein umfangreiches Bild zu skizzieren. Edermünde und Baunatal sind neben Niedenstein ebenfalls betroffen. Die Waldgenossenschaften Edermünde-Besse und Baunatal-Großenritte besitzen auch Flächen, genauso wie Edermünde und Gudensberg. Es gäbe allerdings noch keine Pläne. Alle Teileigentümer werden zunächst um Zustimmung insgesamt gebeten. Der Zuschlag an einen Global Player solle vermieden werden. Eine Möglichkeit zur Bürgerbeteiligung solle geschaffen werden. Für Investoren wird das Projekt erst nach den Grundsatzentscheidungen interessant. Die Stadt, so Best, trage Verantwortung gegenüber den 10.000 Gudensbergern und den Nachbarkommunen. Also auch Niedenstein. Ein Projektierer soll seine Idee in der Mitgliederversammlung der Waldgenossenschaft vorstellen. Die Stadt habe 8,6 Prozent der Stimmen. Ziel der Stadt sei wenigstens 20 Prozent Bürgerbeteiligung. Sie stellte auch klar, dass ein Zitat aus einer vertraulichen Verhandlung benutzt werde. Eine Verbindliche Erklärung über Bürgerbeteiligung stehe in Aussicht. Ihre Amtskollegen im Chattengau sind seit Monaten informiert. Schon im März habe man im Sitzungszimmer darüber gesprochen. „Wir alle haben große Erwartungen an die Waldgenossen hinsichtlich Beteiligung der Kommunen und der Bürger.“ Edermünde sei sich einig in der Unterstützung. Aus der russischen Energieabhängigkeit gelte es auszusteigen.
SPD: Chance zur Energieautarkie für Gudensberg
- Julian Brand (SPD) spannte den Bogen in die Realität. Es sei kühl im Bürgerhaus: „Hat keiner an den Winter gedacht?“ Teile des Parlaments stellten das ganze Projekt infrage, dass die Stadt gar nicht umsetzen wird. Immer noch mal schauen, noch mal präsentieren, sei nicht zielführend. Napoleon habe gesagt, dass man sich Zeit zum Nachdenken nehmen solle, aber wenn es Zeit zum Handeln ist, dann müsse man Handeln. „Die Stadt ist nur Minderheitsbeteiligte, an einer Bruchteilsgemeinschaft. Die Projektierer, die zunächst das OK von allen Beteiligten brauchen, wollten ohnehin die Bürgerbeteiligung. Die Stadtverordnetenversammlung solle nicht zum Moralapostel werden: „Wir können uns faktisch energieautark machen. Wir möchten den Waldgenossen dafür Spielraum geben.“
GRÜNE: Nicht ohne Mindestbürgerbeteiligung
- Sonja Klingenberg-Jahn (B90/GRÜNE) blickte ebenfalls zurück: Der Windpark in den Langebergen beschäftige schon ein Jahr lang. Eigentlich sollte es ein Projekt mit reiner Bürgerbeteiligung sein. Das Waldgrundstück ist Gudensbergs einziges Vorranggebiet zur Windkraft. Wenn hier keine Mindest-Bürgerbeteiligung festgelegt wird, gäbe es keine. Niedenstein, Edermünde und Baunatal seien viel näher dran. Die Waldgenossen hätten Gesprächsbereitschaft signalisiert. Die Energiewende müsse man mit Bürgerbeteiligung umsetzen: „Es ist besser auf ein Windrad zu schauen, das einem selbst Gewinn abwirft. Sie formulierte ihren Änderungswunsch: Möglichst 20 Prozent Bürgerbeteiligung sollten durch mindestens ersetzt werden.
CDU: 6 Millionen Euro Bürgerbeteiligung gar nicht zu schaffen?
- Jannik Bräutigam (CDU) will lediglich eine Zustimmung dafür, dass der Waldvorstand verhandeln darf. Festlegungen würden weitere Nebenabsprachen nach sich ziehen, die nicht zu realisieren seien. 5 Windräder sollen entstehen. 6 Millionen Euro an Bürgerbeteiligung müssten für eine Mindestquote von 20 Prozent zusammenkommen. Das wäre schwer zu erreichen. Hier werde die 40fache Energiemenge der bisherigen Solarparks produziert. „Möglichst“ solle daher als Formulierung stehen bleiben.
Mehrheit stimmt für Lösung ohne Mindestbeteiligung
Der Änderungsantrag zur Rücküberweisung in den Ausschuss fand nur 6 Befürworter aus Reihen von FWG und GRÜNEN. Der Magistratsantrag mit der Formulierung einer Bürgerbeteiligung von möglichst 20 Prozent wurde mit 16 Ja-Stimmen, bei 4 Nein-Stimmen angenommen. Damit wurde ein wichtiger Schritt Richtung Windpark getan. (Rainer Sander)
3 Kommentare
Wer die Stadtverordnetenversammlung am vergangen Donnerstag live miterlebt hat, kann sich gern seine eigene Meinung darüber bilden. Diese jedoch vorgefertigt bereits im ersten Satz eines „lokal Journalisten“ zu erhalten spotet jeder Beschreibung. Der Anspruch an den geübten Leser sollte es doch sein, dass er sich selbst seine Meinung bilden kann. Vorgefertigter Populismus ist bei dem Thema Energiewende nicht gefragt.
Schön dass die Grünen mindestens 20Prozent Bürgerbeteiligung möchten. Haben sie doch die FDP als Partei der Besserverdiener längst abgelöst. Schön das die CDU auch die notwendige Zahl in den Raum stellt. Das wären dann 600€ pro Gudensberger Bürger. Gerade jetzt wo Einige nicht mehr wissen wie sie die Stromrechnung bezahlen sollen. Bei einer vierköpfigen Familie wären das 2.400Euro. Wird es denn eine betragsmäßige Höchstgrenze für die Beteiligung geben oder können sich auch zwei Bürger mit jeweils 3 Mio. einkaufen um das Ziel zu erreichen?
Schön dass die Grünen mindestens 20Prozent Bürgerbeteiligung möchten. Haben sie doch die FDP als Partei der Besserverdiener längst abgelegt. Schön das die CDU auch die notwendige Zahl in den Raum stellt. Das wären dann 600€ pro Gudensberger Bürger. Gerade jetzt wo einige nicht mehr wissen wie sie die Stromrechnung bezahlen sollen. Bei einer vierköpfigen Familie wären das 2.400Euro. Wird es denn eine betragsmäßige Höchstgrenze für die Beteiligung geben oder können sich auch zwei Bürger mit jeweils 3 Mio. einkaufen um das Ziel zu erreichen.
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