KASSEL (pm). „Es lebe das Neue, es lebe die deutsche Republik!“ Mit diesen Worten ging Philipp Scheidemann in die Geschichtsbücher ein. Doch nicht nur für Deutschland insbesondere auch für seine Heimatstadt Kassel war der Politiker prägend. So freut sich das Stadtmuseum Kassel nun über eine ganz besondere Schenkung:
Scheidemanns Ururenkelin Marion Pirschel überreichte Kulturdezernentin Dr. Susanne Völker und Museumsleiter Dr. Kai Füldner sehr persönliche Gegenstände des berühmten Kasselers für die Museumssammlung. Darunter befinden sich zwei Anzüge, eine Brille, ein Goldring und eine Ulysse Nardin Taschenuhr sowie zwei Zeichnungen und ein Porträt. Alle Objekte wurden jahrzehntelang sorgsam im Familienbesitz bewahrt.
Kulturdezernentin Dr. Susanne Völker betonte: „Die großzügige Schenkung bereichert die Sammlung des Stadtmuseums um wichtige Objekte, die nicht nur den Politiker Scheidemann, sondern auch den Privatmenschen erlebbar machen. Herzlicher Dank gilt der Ururenkelin Scheidemanns, Marion Pirschel, für die Überlassung der Objekte und das damit entgegengebrachte Vertrauen. Durch die enge Verbundenheit der Familie mit der Stadt Kassel steht die Schenkung damit auch in besonderer Weise exemplarisch für die Unterstützung, die das Stadtmuseum seit Jahren durch die Bürgerinnen und Bürger erfährt und die es als Gedächtnis der Stadt auszeichnet.“
Dr. Kai Füldner, Leiter der Städtischen Museen, hob den ideellen Erinnerungswert der Schenkung hervor: „Diese persönlichen Gegenstände geben einen intimen Eindruck von einem der berühmtesten Politiker der jüngeren deutschen Geschichte. Wir sind sehr dankbar, diesen Familienschatz nun in die Sammlung des Stadtmuseums aufnehmen zu können.“
Die Objekte werden jetzt wissenschaftlich begutachtet und erschlossen, bevor sie im kommenden Jahr der Öffentlichkeit im Stadtmuseum präsentiert werden. Schon jetzt widmet sich ein Teil der Dauerausstellung des Museums dem Leben und Wirken von Philipp Scheidemann. Weitere Informationen sind auf www.kassel.de/stadtmuseum zusammengestellt.
Hintergrund
Philipp Scheidemann wurde 1865 in Kassel geboren und erlernte den Beruf des Schriftsetzers, arbeitete jedoch schon bald auch als Journalist. Unter dem Pseudonym „Henner Piffendeckel“ veröffentlichte er mehrere Bücher und Artikel in Kasseler Mundart. Ab 1903 war der Sozialdemokrat Mitglied des Berliner Reichstags und ab 1906 Kasseler Stadtverordneter. Im Januar 1919 wurde Scheidemann in die Nationalversammlung gewählt und von Reichspräsident Friedrich Ebert als erster Reichskanzler der Weimarer Republik mit der Bildung des Kabinetts beauftragt. Im Juni 1919 weigerte er sich, den Versailler Vertrag zu unterzeichnen, und trat von seinem Amt zurück. Von 1919 bis 1925 war er Oberbürgermeister von Kassel. 1933 war Scheidemann gezwungen zu emigrieren und starb 1939 im Exil in Kopenhagen. Seine sterblichen Überreste wurden 1953 nach Kassel überführt. Das Grab von Philipp Scheidemann befindet sich als Ehrengrab auf dem Kasseler Hauptfriedhof. (pm)