KASSEL (pm). „Der Abend hat mich berührt und nachdenklich gemacht.“ So die Rückmeldung eines Teilnehmers auf das Diakonieforum „Selbstbestimmt leben – selbstbestimmt sterben? Eine Auseinandersetzung mit assistiertem Suizid.“ Rund 100 Menschen aus der Region Kassel sind der Einladung des Diakonisches Werkes Region Kassel sowie der drei evangelischen Kirchenkreise Kassel, Kaufungen und Hofgeismar-Wolfhagen gefolgt.
Das Forum fand am Freitagabend, den 14. Oktober in den Räumen der Baunataler Diakonie Kassel (bdks) statt.
„Wie sieht selbstbestimmtes Sterben aus und welche Rahmenbedingungen braucht es, um eine gute und verantwortungsbewusste Entscheidung für sich zu treffen?“, fragte Tamara Morgenroth, Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes Region Kassel in ihrer Begrüßung.
Und die Baunataler Bürgermeisterin Manuela Strube ergänzte in ihrem Grußwort. „Es ist mutig und wichtig, dass Kirche und Diakonie dem Thema des assistierten Suizids einen Raum zur Diskussion und Meinungsbildung geben.“
Die Journalistin Eva Schläfer eröffnete den Abend. Sie las aus ihrem in der FAZ erschienenen Artikel „Ihr Leben war ein Fest. Dann hatten sie genug“ über ein hochaltriges Ehepaare, das unterstützt von einem Sterbehilfeverein aus dem Leben geschieden ist. Schläfer nimmt hier besonders die Hinterbliebenen in den Blick und fragt: Was bedeutet das Recht auf Selbstbestimmung über das eigene Leben, wenn so viele eng verbundene Menschen mitbetroffen sind?
Anschließend kamen die Fachleute zu Wort:
- Die Juristin Marie Claire Stellmann, die das Deutschlandbüro des Vereins Sterbehilfe Hamburg leitet, erläuterte, wie sorgfältig der Verein abwägt, bevor er Menschen bei diesem Schritt begleitet.
- Der Landtagsabgeordnete Oliver Ulloth (SPD) aus Hofgeismar bezog sich auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, demzufolge der Staat das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben nicht aushebeln dürfe. Nun sei die Politik auf der Suche nach einer Regelung, die für alle Beteiligten Rechtssicherheit schafft.
- Pfarrerin Dr. Insa Rohrschneider hob hervor, dass Selbstbestimmung in christlicher Sicht immer auch die Mitmenschen einschließe. Wir leben in Beziehungen mit anderen Menschen und mit Gott.
- Frau Dr. Sandra Tebbe von der Hämato-Onkologische Praxis am Klinikum Kassel wies darauf hin, dass in Kassel ein gut entwickeltes Palliativnetzwerk existiere, das die Betroffenen dankbar annehmen.
- Die Psychologin Inga Beig vom Frankfurter Netzwerk für Suizidprävention betonte, dass der Ausbau von Suizidprävention und Palliativmedizin, die Stärkung der Hospizdienste und eine Verbesserung der Bedingungen in der Pflege genauso wichtig seien wie Rechtssicherheit im Fall assistierten Suizids.
Der Abend lud zum Weiterdenken ein – das Thema ist noch nicht an sein Ende gekommen!
Hintergrund:
Das Diakonische Werk Region Kassel ist ein Zweckverband der Kirchenkreise Kaufungen, Kassel und Hofgeismar-Wolfhagen. Es unterhält in Stadt und Landkreis Kassel zahlreiche Beratungsangebote, Treffpunkte und ambulante Dienste. Über 200 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie rund 470 Ehrenamtliche engagieren sich hier zum Wohle der Menschen in Stadt und Landkreis.
Das Diakonieforum ist eine gemeinsame Veranstaltung des Diakonischen Werkes sowie der evangelischen Kirchenkreise Kassel, Kaufungen und Hofgeismar-Wolfhagen. Es findet jährlich zu aktuellen gesellschaftspolitischen Themen statt und richtet sich an Interessierte, aber auch Fachleute innerhalb und außerhalb von Kirche und Diakonie in der Region Kassel. (pm)
Das Bild: Pfarrer Detlef Küllmer (Kirchenkreis Kaufungen), Pfarrer Dietrich Hering (Stadtkirchenkreis Kassel), Bürgermeisterin Manuela Strube (Baunatal), Dr. Sandra Tebbe (Kassel), Maire Claire Stellmann (Hamburg), Gerrit Jungk (Vorstand bdks), MdL Oliver Ulloth (Hofgeismar), Pfarrerin Gabriele Heppe-Knoche (Evangelisches Forum Kassel, Moderation), Inga Beig (Frankfurt), Eva Schläfer (Frankfurt), Pfarrerin Tamara Morgenroth (Geschäftsführerin DW), Pfarrerin Dr. Insa Rohrschneider (Kassel), Pfarrerin Ulrike Bundschuh (Diakoniepfarrerin Landkreis Kassel)