Arbeitsplatzgarantie bei Asklepios – keine Schließung in Fritzlar
FRITZLAR | MELSUNGEN. Zurzeit ist es nicht nur nicht schön, richtig krank zu werden, es ist auch für die Krankenhäuser wenig amüsant, mit den steigenden Energiekosten umzugehen. In Melsungen läuft der Countdown zur Schließung der Klinik. Dafür wurden den Beschäftigten jetzt Garantien verkündet. Gleichzeitig war die Krankenhausfinanzierung in Hessen diese Woche Thema im Landtag.
Darüber haben sich fast alle Parteien, die nicht regieren, aufgeregt. Der Reihe nach: In Melsungen hat eine außerordentliche Betriebsversammlung mit Regionalgeschäftsführerin für Nordhessen, Dr. Dagmar Federwisch, die eine Arbeitsplatzgarantie für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausgesprochen hat. „Derzeit sind wir mit allen Beteiligten im Gespräch und erörtern verschiedene Lösungsvorschläge, also mit dem Landkreis, dem Ministerium, der Asklepios Zentrale in Hamburg und selbstverständlich auch mit dem Betriebsrat. Unser Ziel ist es, zu einer guten Lösung zu kommen“, sagte sie.
Gespräche finden auf unterschiedlichen Ebenen statt
Hintergrund sei, dass unterschiedliche Optionen für die Zukunft des Standortes zur Diskussion stünden und der ursprünglich geplante Klinikneubau nicht realisierbar sei. Man bemühe sich intensiv darum, sinnvolle medizinische Versorgungskonzepte und finanziell tragbare Optionen zu entwickeln. Eine Übernahme der Klinik durch die Gesundheit Nordhessen Holding AG (GNH) oder das Hospital zum Heiligen Geist Fritzlar waren nicht zustande gekommen. Ein von Asklepios erarbeitetes Fachklinikkonzept habe keine Zustimmung gefunden.
Der Erste Kreisbeigeordnete Jürgen Kaufmann ließ dazu verlauten, dass der Kreis derzeit mit Asklepios und dem Ministerium im Gespräch sei.
Geschäftsführung Hospital zum Heiligen Geist gGmbH:
Die Klinik „Hospital zum Heiligen Geist“ in Fritzlar hat zwei andere Sorgen. Die steigenden Kosten – nicht nur auf Energieebene – spürt das Krankenhaus in Fritzlar seit Monaten und kompensiert diese, so gut es geht, aus Rücklagen, so die Geschäftsführung in einer aktuellen Pressemitteilung. Kliniken können die stetig steigenden Mehrkosten nicht über eine Erhöhung der Behandlungskosten kompensieren. Während Brötchen, Strom und Gas teurer werden, können Einrichtungen im Gesundheitswesen ihre Preise nicht den Realitäten anpassen. Die Behandlungsentgelte werden mit den Krankenkassen fest vereinbart.
Die Mehrkosten können nur teilweise durch Maßnahmen wie Einkaufsoptimierung mit maximaler Effizienz oder aus Rücklagen gedeckt werden. Ein Krisenstab erarbeitet Ausfallkonzepte für konkrete Gefahren einer Gasmangel-Lage. Verschiedene Energie-Einsparungsmaßnahmen werden bereits durchgeführt, sie erfolgen unter der Berücksichtigung der Regelungen des Energiespargesetzes. Neben einer Anpassung des Lichtkonzeptes werden in den Herbst- und Wintermonaten die Raumtemperaturen lediglich in Nicht-Patientenbereichen abgesenkt.
Verdreifachung der Energiekosten entsprechen 10 Prozent des Kliniketats
Bundesgesundheitsminister Dr. Karl Lauterbach geht davon aus, dass die Energiekosten 1,7 Prozent der Klinikkosten ausmachen. Verwaltungsleiter Dominik Zeiger erklärt, im Hospital in Fritzlar lägen Sie zwischen 2 und 3 Prozent, weil auch für energetische Sanierungen in den vergangenen Jahren keine Mittel zur Verfügung standen. Würden Sie sich verdrei- oder gar vervierfachen, erreichten sie bereits zehn Prozent der Gesamtkosten. So hohe Überschüsse kann eine Klinik nicht erwirtschaften.
Die Klinik in Fritzlar wird im Gegensatz zu Kliniken in Schwalmstadt oder Korbacher im Bereich der Geburtshilfe nicht mit öffentlichen Mitteln unterstützt und sieht sich hier ohnehin bereits benachteiligt.
In einer Aktuellen Stunde hat sich der Landtag am Donnerstag mit der Thematik beschäftigt.
- Dabei verwies Sozialminister Kai Klose (B 90/GRÜNE) darauf, dass das Land die Investitionsfördermittel vor dreieinhalb Jahren bereits um 50 Prozent erhöht habe und der Bund bei der Krankenhausfinanzierung in der Pflicht stehe.
Die Kliniken, darunter auch Fritzlar, fordern ein Rettungspaket. Die Oppositionsparteien bewerten die Situation alle kritisch, aber mit unterschiedlichen Schlussfolgerungen:
- Christiane Böhm (LINKE) sprach von einer bewussten Unterfinanzierung der Kliniken. Nicht nur das Pflegepersonal, auch die Kliniken gingen zunehmend am Stock. Insolvenzen und Schließungen drohen oder seien für einzelne Stationen oder ganze Krankenhäuser wie in Fritzlar und Dillenburg sowie in Melsungen schon auf den Weg gebracht. Die Fehlfinanzierung durch das Fallpauschalen-System treffe dabei auf eine planungsunwillige Landesregierung. Ein Damoklesschwert hänge über vielen kleinen grundversorgenden Krankenhäusern, gerade im ländlichen Raum.
Das in Fritzlar Abteilungsschließungen oder gar eine Insolvenz anstehe, wies die Klinik als „Quatsch“ energisch zurück. Geschlossen würden höchstens periphere Bereiche, die nicht direkt zum Krankenhaus gehören, keinesfalls aber Abteilungen.
- Claudia Papst-Dippel (AfD) forderte mehr Personal, um Bettensperrungen zu verhindern.
- Yanki Pürsün (FDP) forderte von der Landesregierung eine Krankenhausplanung, bei der auch abgewogen wird, welche Standorte wichtig sind und welche nicht. Die aktuelle Landesregierung überlasse die Zukunft der Krankenhauslandschaft dem Zufall.
- Daniela Sommer (SPD) verlangte, dass die Krankenhäuser endlich so gut bezuschusst werden, dass sie auskömmlich wirtschaften können.
Damit ist nichts geregelt. Das Defizit der Krankenkassen ist ebenfalls kaum noch auszugleichen und eine Erhöhung der Behandlungsentgelte ohne öffentliche Mittel oder deutliche Beitragsanhebungen aktuell nicht vorstellbar. (rs)