250 Hausbesitzer fragten in Borken Experten
BORKEN. Wie können sich Hausbesitzer gegen drastisch steigende Preise für Öl und Gas wappnen? Diese Frage treibt derzeit viele Menschen um, wie auch die Resonanz auf einen Infoabend mit TV-Moderator Peter Escher im Borkener Hotel am Stadtpark zeigt.
250 Besucher kamen zu der Veranstaltung, die von der VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden eG mit ihrem Standort Borken, vom „Haus- und Grundbesitzerverein Homberg/Efze und Umgebung e.V.“ und vom „Eigentümerverein Haus & Grund Mittleres Edertal und Umgebung e.V.“ als kostenloses Angebot organisiert worden war.
Experten aus dem Handwerk über den Bereich Energieberatung bis hin zur Heiztechnikbranche gaben dabei Ratschläge und standen dem Publikum Rede und Antwort, zudem konnten sich Besucher an Infoständen im Foyer informieren.
Das Fazit des Abends in drei Punkten:
- Trotz der Krise sollte man Ruhe bewahren und das weitere Vorgehen gründlich planen, helfen können dabei zum Beispiel Energieberater.
- Die eine, für alle Immobilien perfekt passende Lösung gibt es nicht. Nicht jedes Gebäude etwa ist für die derzeit stark nachgefragte Wärmepumpe geeignet. Dennoch können Hausbesitzer mit der richtigen individuellen Strategie für sich Möglichkeiten zum Energiesparen ausloten und umsetzen.
- Die Nutzung staatlicher Förderung und eine solide Finanzierung können erheblich dabei helfen, das Vorhaben zu stemmen.
Vorausgegangen waren mehr als zweieinhalb Stunden engagierter Diskussion.
Man freue sich über diese große Resonanz, sagte Bankvorstand Christof Wehrum mit Blick auf die vollen Stuhlreihen. Und sein Vorstandskollege Ulrich Fröhlich-Abrecht hatte gleich zu Beginn das formuliert, was als Frage sicher vielen auf den Nägeln brannte: „Was ist realistisch, was lässt sich verwirklichen – und wie?“
Wichtig sei eine gründliche Bestandaufnahme der Immobilie, sagte der Gemündener Harald Stehl, Geschäftsführer des Landesinnungsverbandes im Schornsteinfegerhandwerk. Daraus müsse sich dann ableiten lassen: „Habe ich Handlungsbedarf? Und falls ja, muss ich gleich das große Ganze machen oder reichen auch einzelne Maßnahmen?“ Unterschiedliche Systeme könnten, je nach Gebäude, eine gute Lösung sein: etwa die Erweiterung einer Gasheizung um eine Wärmepumpe oder Solaranlage. Oder das Heizen mit Holz.
Neues Dach kann 20 – 30 Prozent einsparen
Schon ein neues Dach könnte 20 bis 30 Prozent an Energieeinsparung bringen, machte Stefan Scharf, Umbau-Coach aus Kassel, deutlich. Ein Sanierungsfahrplan sei das A und O mit einer klaren Zielsetzung: „Welchen Energiestandard kann und
will ich hier erreichen?“ Damit ließen sich dann auch die unterschiedlichen Fördermöglichkeiten einbinden. „Und was kostet ein solcher Fahrplan den Auftraggeber?“, hakte Peter Escher, bekannt aus diversen Ratgeberformaten im Fernsehen, nach. Dafür müsse man Ausgaben in der Größenordnung zwischen 260 und 350 Euro einplanen, sagte Scharf. Was angesichts möglicher Einsparungen gut investiertes Geld sei.
Die Zukunft gehöre der Wärmepumpe, formulierte Uwe Loth, der als Landesinnungsmeister im Fachverband Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik 1500 Betriebe in ganz Hessen vertritt. Rein technisch sei ein Austausch der alten Öl- und Gasheizung dabei oft möglich. Man müsse sich aber auch deutlich machen, ob das eigene Haus – ohne weitere größere Veränderungen – dafür geeignet sei. Sein Tipp: Jeder könne für sich zuhause simulieren, wie sich das Heizen mit einer solchen Pumpe anfühlen würde. Dafür müsse man die Vorlauftemperatur des vorhandenen Heizkessels auf 50 bis 55 Grad absenken und die Thermostate der Heizkörper voll aufdrehen.
Wärmepumpe und Dämmung
„Eine Wärmepumpe funktioniert nur dann, wenn das Gebäude auch entsprechend gedämmt ist“, bekräftigte Stefan Sippel, Geschäftsführer von Sippel Bau in Melsungen. Man erlebe derzeit eine Art Comeback der Dämmung, nachdem die Nachfrage danach zwischenzeitlich wegen niedriger Energiepreise deutlich nachgelassen habe. Dämmung sei für die Energiebilanz ein Baustein, Fenster könnten ein anderer sein – oder eben der Austausch des Energieträgers im Haus. Er riet, angesichts steigender Zinsen bald zu handeln. Wegen der höheren Energiepreise werde sich eine Investition ohnehin schneller amortisieren.
Wilfried Herbst vom gleichnamigen Heiztechnik-Unternehmen in Kassel wies darauf hin, dass die erste Wärmepumpe in Deutschland bereits 1969 installiert wurde. Damals sei der Initiator noch belächelt worden, heute müssten sich Kunden angesichts der immensen Nachfrage auf längere Wartezeiten einstellen. Den Preis müsse man anhand des Gebäudes – und der damit verbundenen Leistungsfähigkeit der Pumpe – individuell berechnen.
Beratungsbedarf enorm
„Der Beratungsbedarf im Moment ist wirklich enorm“, sagte Nicole Merta mit Blick auf ihre Tätigkeit als Justiziarin von Haus & Grund Hessen. Ihr Tipp für Immobilienbesitzer: Gedanklich einen Schritt zurückgehen und überlegen, welche Anforderungen kamen schon vor dem Ukrainekrieg auf Hauseigner zu – etwa durch das Ziel der Bundesregierung, Deutschland bis 2045 klimaneutral zu machen. So könnte ohnehin nach Ablauf von Fristen eine Umrüstung der Heizung anstehen. Vom Staat forderte sie mehr Unterstützung und den Abbau von Bürokratisierung, etwa beim Stromverkauf aus einer Solaranlage auf dem Dach an Mieter. Alles in allem riet aber auch sie in der jetzigen Situation, mit Augenmaß zu planen und Ruhe zu bewahren: „Es gibt keinen Grund zur Panik.“ (pm | rs)