SCHWALMSTADT (pm). Rainer Scherb und Thomas Schattner haben nun den dritten und abschließenden Band zu General Franz von Roques (1877 bis 1967) vorgelegt. Der dritte Band widmet sich der Familie, den Vorfahren und seinem Cousin Karl von Roques (1880 bis 1949).
Karl wurde am 5. Februar 1948 als einer von 14 Generälen im OKW-Prozess (Oberkommando der Wehrmacht) angeklagt und zu zwanzig Jahren Haft verurteilt. Damit war ein Tiefpunkt in der Familiengeschichte erreicht, die sich bis zum Jahr 1250 zurückverfolgen lässt und die seit zweihundert Jahren auch eng mit der Geschichte Nordhessens verbunden ist.
Die Familie von Roques kam im Jahr 1794 auf der Suche nach einer neuen Heimat nach Frankenhain in Nordhessen. Dieser Ort wurde im Jahr 1701 von hugenottischen Flüchtlingen, die aufgrund ihres protestantischen Glaubens aus Frankreich vertrieben worden waren, gegründet. Landgraf Karl hatte den „réfugiés“ den Ort als Hugenottenkolonie zugewiesen. Dieser Ort, an dem noch bis weit ins 19. Jahrhundert Französisch gesprochen wurde, diente der Familie jedoch nur als Ausgangspunkt, um sich Stück für Stück in Nordhessen und darüber hinaus in ihrer neuen Heimat anzusiedeln.
So hat die Familie besonders in Treysa und in Kassel Spuren hinterlassen, die bis heute deutlich sichtbar sind. Das auffälligste Symbol dafür ist sicher die Evangelische Kirchengemeinde in Schwalmstadt, die nach Franz von Roques benannt ist, mit dem Franz-von-Roques-Haus in Treysa. Dieser Franz von Roques war aber ein Namensvetter und Onkel des im Jahr 1877 geborenen Franz von Roques.
Diese beiden Franz von Roques stehen jeweils auf ihre Art für gewisse Familientraditionen. Der geistliche Franz von Roques verkörpert sehr anschaulich das Christliche in der Familie, der jüngere Franz von Roques steht dagegen in einer militärischen Familientradition, die unglaublich viele hohe militärische Repräsentanten hervorgebracht hat. Zwischen diesen beiden Polen in der Familiengeschichte gab es aber auch z.B. Ärzte oder einen Politiker und Juristen von Rang.
Im Bereich des Militärischen stiegen die von Roques´ zu einer nicht unbedeutenden Familie im Kontext der kurhessisch-preußischen Geschichte auf. Ausgehend von den Befreiungskriegen 1813/14 gegen Napoleon war nahezu in jedem großen Krieg des 19. Jahrhunderts ein hochrangiger Militär mit dem Nachnamen von Roques beteiligt. Das gilt für den deutschen Bruderkrieg im Jahr 1866 zwischen Preußen und Österreich ebenso wie den Deutsch-Französischen Krieg der Jahre 1870/71. Schleichend waren so Teile der Familie im kaiserlich-preußischen Militarismus und der Welt des preußischen Adels des späten 19. Jahrhunderts und frühen 20. Jahrhunderts angekommen. Symbolhaft steht dafür Georg Friedrich Franz von Roques, der im Jahr 1889 zum Inspekteur der Kaiserlichen Marine-Infanterie aufstieg. Bereits zuvor war Jerôme Henri Christoph von Roques bzw. Hieronymus Heinrich Christoph von Roques in den Jahren 1848ff. zum Kurhessischen Kriegsminister berufen worden.
Passend dazu starb Theodor Friedrich Wilhelm von Roques im Jahr 1870 bei einem Duell, wohl dem Symbol von Ehrenstreitigkeiten und dem längst überholten Bild von „ritterlichen“, waffentragenden Männern, die ihre Ehre ohne staatliche Reglementierungen regeln konnten. Zum Zeitpunkt des Todes war Theodor Friedrich Wilhelm von Roques Königlich-Preußischer Premier-Leutnant im I. Hessischen Infanterie-Regiment Nummer 81. Andererseits konvertierte der zum Baron aufgestiegene Hermann Theodor Heinrich von Roques nach seiner aktiven Militärzeit, in der es bis zum preußischen Major gebracht hat, zum katholischen Glauben und begann sich wissenschaftlich mit kirchlich-religiösen Fragen zu beschäftigen und später dazu zu publizieren. Deshalb kann man konstatieren, dass es auch durchaus Ambivalenzen in der Familiengeschichte gab.
Der Höhepunkt der Militärkarrieren in der Familie blieb dem 20. Jahrhundert vorbehalten. Vor und während des Ersten Weltkriegs begannen dann der Aufstieg von Franz Hermann Ludwig Heinrich von Roques (Franz von Roques) und seinem zweieinhalb Jahre jüngeren Cousin Karl Jerome Christian Georg Kurt von Roques (Karl von Roques). Beide Familienmitglieder waren später in beiden Weltkriegen im Generalstab vertreten, eine wohl generell durchaus seltene Konstellation. Des Weiteren wurde damit so etwas wie der Höhepunkt des Militärischen in der Familien-Dynastie der von Roques´ erreicht, der mit Karls Verurteilung als Kriegsverbrecher aber sehr schnell in einen Tiefpunkt umschlug.
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