Programm: „Liebe – einmal aufladen“ in Gudensberg
GUDENSBERG. Singen und Lesen, Musik und Literatur, Anspruchs- und Humorvolles, Männliches und Weibliches, Neues und Altes, das sind die Simmerings. Wer den Begriff googelt, landet entweder am Simmering in Österreich oder in Antriebssystemen von Kraftfahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Jedenfalls nicht bei Musik oder Büchern. Das Quartett ist also ein echter analoger Geheimtipp.
Die Mischung entscheidet! Texte aus der Feder von Thomas Frankfurth sind immer auch literarisch, jedenfalls wenn man den – zugegeben etwas hinkenden – Vergleich zum Literaturnobelpreis für Bob Dylan heranzieht. Die Musik ist weder dem Genre der Kabarett-Musik zuzuordnen noch dem politischen oder Protestsong. Dafür ist sie zu filigran, komplex und vielschichtig.
Gut besuchte Veranstaltung an der Märchenbühne
So trifft also die Singer/Songwriter-Kunst auf literarische Kunst, wenn die Simmerings abwechselnd musizieren und Texte lesen. Am Freitagabend ging es um die Liebe in allen ihren Facetten. Das neue Programm heißt „Liebe – einmal aufladen bitte!“ Vielleicht müssen wir in Zeiten von Dauerkrisen die Liebe tatsächlich etwas aufladen. Etwa 100 Besucher fühlten sich dazu an der Märchenbühne berufen oder gerufen.
Damit war die Veranstaltung eine von den besser besuchten in der jüngsten Zeit. Veranstaltungen haben‘s nicht so leicht, aber die Simmerings sprechen mit ihrem Alleinstellungsmerkmal der Mischung aus Worten und Noten ganz offensichtlich zahlreichen Menschen aus der Seele. Jedenfalls ist bei den Simmering nichts oberflächlich und die Seele zu berühren gehört zum Programm.
Wer verliebt ist, besteht aus Magie
Sandra Bürger (Glockenspiel, Percussion), Thomas Frankfurth (Gitarre, Gesang), Dorothée Heimel (Piano) und Eckhard Huneck (Akkordeon) sind in zwei Welten zu Hause. Manche Weisheiten sind banal, wie die Feststellung, „im Wasser sind alle gleich nass und gleich schwerelos …“. Nicht nur Doris Dörrie geht ins Schwimmbad. Der Große Sommer lockt auch zum Latein lernen in der Badeanstalt. Gedanken aus einer verliebten Zeit ohne Handys, dafür mit KiBa und der Feststellung, wenn wenn Gott KiBa gewollt hätte, ließe er Kirschen und Bananen an einem Baum wachsen.
Deutsche Dichter haben die Romantik gebracht. Deshalb sind die Emotionen wichtiger als die Wissenschaft. Das ist in Krisenzeiten wenigstens mal eine deutliche Botschaft. Am Ende, so die Simmerings sind alle nur Atome. Nur wer verliebt ist, besteht aus Magie…
Wo Liebe ist, ist keine Angst
Es geht auch viel um Angst. Das passt, denn wo Liebe ist, ist keine Angst und wo Angst ist, ist keine Liebe. So geht es an die Selbstmordklippe am Lake Virgin. Das Überwinden der Angst ist entweder ein wunder Punkt oder ein Wunderpunkt …
Ist ein Satz auf schwäbisch bereits kulturelle Aneignung? Keine Liebe hält so lange wie ein Dübel. Der wurde in Schwaben erfunden. Die Liebe nicht. Die Simmerings spielen „Mensch Ärgere Dich“. Einer erzählt und der Rest macht es ihm madig. Anschließend geht es gemeinsam in die Paartherapie: „was schätzen sie an ihrer Frau?“ Dazu passt die Frage: „Ist das Liebe oder kann das weg?“
Es gibt einen Sicherheitshinweis zum Abschluss, die Liebeskummer Notrufnummer und als Zugabe ein Lied für Philipp Amthor. Literatur und Musik gendern selten und so bleibt es bei ein wenig Feminismus: „Wenn Männer schwanger würden, gäb‘s an jeder Ecke eine Abtreibungsambulanz … (Rainer Sander)