Offizielle Vorstellung der Straßennamen im Neubaugebiet Süd
GUDENSBERG. Gudensberg bekommt ein Europaviertel. Am Samstag, 23. Juli um 11:30 Uhr werden die Straßen im Neubaugebiet Süd offiziell eingeweiht. Das Besondere daran: Sie alle tragen den Namen europäisch bedeutender (verstorbener) Frauen und wurden im Rahmen einer Bürgerbefragung ausgewählt.
Diejenigen Personen, deren Namensvorschlag durch die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Gudensberg beschlossen wurde, werden zur offiziellen Straßeneinweihung eingeladen. Ebenfalls zu Gast sein wird eine Delegation aus der Gudensberger Partnerstadt Jelcz-Laskowice in Polen. „Ein Kriterium bei der Auswahl der Namen war, dass zwei Straßen nach Frauen aus Polen und der Ukraine benannt werden, da hier unsere Partnerstädte liegen“, erklärt Bürgermeisterin Sina Best. Dies ist durch die Vergabe der Namen „Marie-Curie-Straße“ und „Lucia-Frey-Straße“ erfüllt. Die weiteren Straßennamen lauten: „Hella-Heynmöller-Straße“, „Sophie-von-Brabant-Straße“, „Sophie-Scholl-Straße“, „Anne-Frank-Straße“ und „Astrid-Lindgren-Straße“.
Diese Frauen wurden ausgewählt:
Hella-Heynmöller-Straße (*1913, †1988)
Hella Heynmöller stammt aus Gleichen. Nach ihrem Studium arbeitete sie als Lehrerin in Gudensberg. Bekannt geworden ist sie durch die Gründung der Europäischen Jugendwochen auf Burg Ludwigstein (bei Witzenhausen, nahe der ehemaligen innerdeutschen Grenze). Vor dem Eindruck des schrecklichen, menschenverachtenden zweiten Weltkrieges organisierte Hella Heynmöller im Jahr 1953 die erste Europäische Jugendwoche. Ziel war, dass sich die Menschen aus Europa miteinander vertraut machen, dass sie ihre unterschiedlichen Kulturen über das Singen, Musizieren und Tanzen kennen- und schätzen lernen. Denn: Europa bedeutet Frieden. Und das Herz von Europa bilden die Menschen. Die Idee war sehr erfolgreich und noch heute finden Europäische Jugendwochen auf Burg Ludwigstein statt. Hella Heynmöller wurde 1984 zur Ehrenvorsitzendes des Arbeitskreises Europäische Jugendwochen Burg Ludwigstein e.V. ernannt. 1966 erhielt sie zudem die Robert-Schumann-Medaille in Bronze für ihr europäisches Engagement und 1986 verlieh man ihr das Bundesverdienstkreuz.
Lucia-Frey-Straße (*188, †1942)
Lucia Frey war eine jüdische Ärztin aus der Ukraine. Sie studierte in Lemberg zunächst Philosophie, ehe sie zur Mathematik wechselte und ihren Abschluss als Lehrerin machte. Anschließend studierte sie Medizin, Fachrichtung Neurologie in Lemberg und Warschau. Von 1929 bis 1941 war sie als Neurologin am Israelitischen Spital in Lemberg tätig. Nach der Besatzung der Stadt durch die deutsche Wehrmacht in 1941 praktizierte Frey im Lemberger Ghetto. 1942 wurde sie entweder dort ermordet oder nach einer Deportation in das Vernichtungslager Belzec getötet. Nach ihr ist das Frey-Syndrom benannt, eine neurologische Erkrankung die sich u.a. in starkem Schwitzen an Hautbezirken des Gesicht-Hals-Bereiches während dem Verzehr von Speisen bemerkbar macht.
Astrid-Lindgren-Straße (*1907, †2002)
Die weltbekannte schwedische Schriftstellerin Astrid Lindgren verfasste Werke wie „Pippi Langstrumpf“, „Wir Kinder aus Bullerbü“ und „Michel aus Lönneberga“. Mit einer Gesamtauflage von ca. 165 Millionen Büchern zählt sie zu den bekanntesten Kinder- und Jugendautoren der Welt.
Anne-Frank-Straße (*1929, †1945)
Wie viele andere jüdische Familien auch wurden Anne Frank und ihre Familie während des Nationalsozialismus aufgrund ihres Glaubens verfolgt. Nachdem Anne zu ihrem 13. Geburtstag ein Tagebuch bekommen hatte, begann sie, ihre Gefühle und Erlebnisse der damaligen Zeit niederzuschreiben. Zu dieser Zeit waren Anne und ihre Familie bereits in die Niederlande geflohen und lebten in einem versteckten Hinterhaus in Amsterdam. Kurz vor Kriegsende wurde die Familien verhaftet und schließlich in das KZ Bergen-Belsen deportiert, wo Anne starb. Heute gilt das Tagebuch der Anne Frank als historisches Dokument aus der Zeit des Holocaust.
Sophie-von-Brabant-Straße (*1224, †1275)
Sophie von Brabant war die Tochter der heiligen Elisabeth und die Mutter des ersten Landgrafen von Hessen. Sie lehnte sich gegen die männliche Herrschaft auf und ließ ihren kleinen Sohn zum ersten Landgrafen von Hessen ausrufen. Damit rettete sie sein Erbe, gründete Hessen und führte die Regierungsgeschäfte, bis ihr Sohn alt genug war, um dies selbst zu tun.
Marie-Curie-Straße (*1867, †1934)
Marie Curie war eine polnische Physikerin und Chemikerin. Sie forschte auf dem Gebiet der Atomphysik und prägte den Begriff „radioaktiv“. 1903 erhielt sie den Nobelpreis für Physik, 1911 folgte der Nobelpreis für Chemie. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Pierre Curie entdeckte sie zwei chemische Elemente: Polonium und Radium. Die Gesamtschule in der Gudensberger Partnerstadt Jelcz-Laskowice ist nach Marie Curie benannt.
Sophie-Scholl-Straße (*1921, †1943)
Die deutsche Studentin Sophie Scholl war eine berühmte Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus. Gemeinsam mit ihrem Bruder Hans zählte sie zum inneren Kreis der Weißen Rose, einer von Studenten dominierten Widerstandsgruppe. Nach ihrer Festnahme bei einer Flugblattaktion an der Universität München am 18.02.1943 wurden sie und ihr Bruder wegen Vorbereitung zum Hochverrat zum Tode verurteilt und am 22.02.1943 mit der Guillotine enthauptet. (pm)
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