2 Zivilschutzstellen, Wallbox- und Speicherförderung zusätzlich
SCHWALM-EDER-KREIS | EDERMÜNDE. Einbringung und Verabschiedung eines Haushaltes in einem Kommunalparlament haben etwas proto-religiöses. Das Thema hat viel mit Glauben, Prophetie, Schuld und Sünde zu tun. Manche Haushaltsrede klingt wie eine Predigt. Und immer liegt so ein „Knistern“ im Raum. Das kommt von der Anspannung.
Wird verabschiedet, ist der Plan so etwas wie die Bibel für ein Jahr. Landrat Winfried Becker hatte den Haushalt in der letzten Sitzung eingebracht und nun galt es Veränderungen zu verkünden. Die wesentlichste Änderung: Zwei neue Stellen für die Zivilverteidigung.
Was für eine Welt könnten wir bauen…
Der Vorsitzende des Haupt- und Finanzausschusses, Bernd Hessler (SPD) erinnerte an die Einbringung, dann folgte der 24. Februar. Was sich seitdem an Grausamkeiten abspielt, beschäftigt emotional und stellt die Frage, wie es weitergeht. „Wir können nicht resignieren!“ Krisen wie in der Gegenwart hat er noch nie so häufig erlebt. Angesichts der Baukostenentwicklung dürfe der Kreis nicht resignieren. Der Haushalt mit dem Investitionsprogramm sei ein Fels in der aktuellen Situation. Dabei erinnerte er daran, dass auch Energiewende und Klimaschutz noch herausfordern werden. Die Pandemie habe auch einen Einbruch bei den Freizeitbetrieben verursacht. Sie gelte es, für die Menschen zu erhalten. Er schloss mit einem Zitat von Albert Einstein: „Was für eine Welt könnten wir bauen, wenn wir die Kräfte, die ein Krieg entfesselt, für den Aufbau einsetzten.“
3,8 Millionen Euro Defizit durch 100 Millionen Euro Rücklage gedeckt
Achim Jäger (FWG) hielt die Haushaltsrede für die SPD-FWG-PIRATEN-FDP-Koalition. Was für eine Entwicklung, stellte er fest. Eine Krise löst derzeit die andere ab: bis vor Kurzem waren es noch die täglichen Corona-Zahlen, und jetzt sind es die täglichen Kriegsberichte. Die Corona-Lage hat sich entspannt, die Menschen sind das Thema leid, aber die Politik muss die Fehler der Vergangenheit vermeiden. Die Lüftungsanlagen in den Schulen müssen bei einer neuen Welle funktionieren und die Impfangebote präsent sein.
Zurzeit befinden sich 1.900 Geflüchtete im Kreis, die Anzahl der Helfer ist groß. Steigende Preise und abgeschnittene Warenströme belasten. Da komme der Haushalt gar nicht mehr so wichtig vor. Der kalkulierte Fehlbetrag von 3,8 Millionen lässt sich locker mit den Überschüssen aus den vergangenen Jahren von rund 100 Millionen Euro ausgleichen. Der Finanzhaushalt sei bei einem Zahlungsmittelüberschuss von 13,1 Millionen Euro mehr als ausgeglichen. Der Investitionsplan sieht Investitionen von rund 25,7 Millionen Euro vor.
Vielfältige Förderungen der Kommunen
Die Kreis- und Schulumlage wird auf 46,9 Prozent gesenkt, ein Spitzenwert in Hessen, der Städte und Gemeinden spürbar entlastet. Sie erhalten eine weitere Förderung aus dem 2017 eingerichteten Kreisausgleichsstock, der 2022 mit 1,4 Millionen Euro aufgefüllt wird. 400.000 € werden für den Rad- und Wanderwegebau ausgegeben, zur Stärkung historisch gewachsener Ortskerne 500.000 Euro. Der Haushalt sei aber nur die Planung, niemand wisse, was komme.
Zuletzt ging er auf die Änderungsanträge der CDU-Fraktion ein. Die beantragte Förderung von Stromspeichern und Wandladestationen (Wallboxen) werden unterstützt. Förderungen von Wallboxen können sofort gestartet werden. Für die Speichertechnologie muss ein Förderprogramm entwickelt werden. Aber auch die eigene Stromgewinnung rückt in den Blickpunkt.
Dietrich Hahn kritisiert niedrige Haushaltsansätze und hohe Ergebnisse
Dietrich Hahn (CDU) trat als Haushaltsexperte für die Opposition auf. Er erinnerte an den Doppelhaushalt 20/21 am Beginn der Pandemie und nun im dritten Jahr sehe man Licht am Ende des Tunnels. Die Gesundheitssysteme sind nicht bedroht und die Rückkehr zu einem normalen Leben sei notwendig. Durch den russischen Angriffskrieg sei Deutschland belastet, aktuell durch eine nie gekannte Höhe der Energiepreise. In anderen Ländern gab es schnelle Hilfsprogramme. Die Bundesregierung diskutiere stattdessen in Talkshows. Während Belastungen in der Pandemie von einem auf den anderen Tag funktioniert haben, dauern Entlastungen in Deutschland 3 Monate.
2020 gab es im Schwalm-Eder-Kreis noch 16 Millionen Euro Überschuss. 2021 waren es 5,8 Millionen. Prognostiziert waren stets wesentlich schlechtere Ergebnisse. Also das Motto: „Immer schlecht planen, um am Ende gut auszusehen?“ Die Abweichung zwischen Plan und Ergebnis habe die CDU immer kritisiert. Das Spitzenergebnis war eine 64-fache Abweichung. Das mache eine Kontrolle unmöglich. Aber die fetten Jahre seien vorbei, es gelte wieder abzuwägen zwischen dem was schön und dem was wichtig ist. Angesichts der Gesamtlage ist die Lage beherrschbar.
Zweitniedrigste Kreisumlage, aber 2,7 Millionen Mehrbelastung
Der Kreis habe die zweitniedrigste Umlage, aber die Umlagekriterien hätten eine Steigerung der Belastung um 10 Prozent bewirkt. Man nehme den Gemeinden 4,4 Millionen Euro und gebe 1,7 Millionen Euro zurück. Damit bleibe eine Mehrbelastung von 2,7 Millionen. Bis 2025 kommen noch einmal 8 Millionen darauf.
Durch Pandemie und Weltsituation mit steigenden Preisen seien Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt zu befürchten. Man dürfe sich nicht nur auf steigende Einnahmen und Kompensationszahlungen von Land und Bund verlassen, sondern müsse die eigenen Einnahmen im Blick behalten. Schließlich dürfe nicht auf Kosten der jüngeren Generationen gehandelt werden. Das neue Verwaltungsgebäude kostet jetzt schon 17 Millionen Euro. Bei aller Kritik: Mit Annahme der zwei CDU-Anträge wird dem Haushalt zugestimmt!
Landrat Becker bietet Nachhilfe im Haushaltsrecht an
- Landrat Winfried Becker (SPD) fühlte sich, auch wenn die letzten Worte von Dietrich Hahn besänftigt hätten, zu ein paar Gegenbemerkungen provoziert. Man könne sich mal eine Stunde zusammensetzen und das 1 × 1 des Haushaltsrechts durchgehen. Es gelte kaufmännisch vorsichtig zu planen. Besser, als wenn’s anders käme. Die Wirtschaft sei ausgelastet. Es sei alles ein Kraftakt. Die zweitniedrigste Kreisumlage sei ein Fakt und man habe in Hessen eine chronische Unterfinanzierung durch die Landesregierung, außerdem mehr LWV Umlage zu verkraften und das Bundesteilhabegesetz, sowie das SGB VIII umzusetzen. Es gelte stets auch die Ausgabenseite zu betrachten.
- Jochen Böhme-Gingold (LINKE) begrüßte 400.000 Euro für Radwegebau und eine volle Stelle für den Wander- und Radwegebeauftragten. Das sei schon lange eine Forderung der LINKEN. Er empfindet auch Freude über 22 Millionen Euro für die Schulen. Das reiche aber nicht, um den Investitionsstau abzubauen. Pandemie hat Auswirkungen auf den Haushalt. China hat mit Lockdowns zu kämpfen und die Lieferketten brechen zusammen. Der Ukraine-Krieg treibt die Preise. Was sich noch als Einzelprobleme darstellt, kann sich zu einer Weltwirtschaftskrise zusammenbrauen, „wie wir sie noch nicht hatten. Davor wird mir angst und bange!“
Herrmann Häusling: Ohne das Land Hessen wäre Belastung höher
- Herrmann Häusling (B90/GRÜNE) stellt fest, dass ein halbes Jahr fast um ist. Zukünftig sollten Haushalte zum Jahresbeginn verabschiedet werden. Trotz Krieges sind die Folgen wirtschaftlich noch beherrschbar. „Wir müssen Lieferketten zurückholen.“ Der Landrat betone Verlässlichkeit gegenüber den Städten und Gemeinden. Das Land Hessen unterstütze die kommunale Familie sehr wohl. Ohne das wären die Zahlen nicht, wie sie sind. Kreis stellte er fest, beteilige sich an den Investivkosten für vier Hallenbäder. Es sei wohl eine Systemschwäche, wenn drei Hallenbäder wegen Sanierung geschossen sind und eines abgerissen wird. Stadt der ursprünglichen 6,7 Millionen Euro koste das neue Verwaltungsgebäude inzwischen 17,3 Millionen Euro. Diese Verdreifachung sei nicht mit Baukostensteigerung zu erklären. Soziales sei eine Pflichtaufgabe für den Kreis. Dass der LWV 3 Millionen Euro mehr kostet, das gehe in der Zukunft nicht mehr so. Auch er begrüßte den Bau von Radwegen und sogar 2 Stellen für Zivilverteidigung. Ihm war „nicht bewusst, dass wir das auf null runtergefahren hatten.“
Kaufmann: Legende von der Kostensteigerung im Jugendamt
- Jürgen Kaufmann (SPD) wollte mit der Legende der Kostensteigerung beim Neubau des Jugendamtes aufräumen. 2015/16 gab es erste Überlegungen für neues Amt. Das war für 100 Mitarbeiter berechnet. Mit „Käfighaltung“. Das Jugendamt sei kein normales Verwaltungsgebäude. Es bestehe mehr Raumbedarf für wachsende Aufgaben. Es sind inzwischen 130 Mitarbeiter, und begleiteter Umgang sowie Begegnungsinseln benötigen Platz. Die Kosten seien bis jetzt genau im Plan. Was aufgrund der allgemeinen Situation noch kommt, kann keiner sagen.
- Wiebke Knell (FDP) bedankte sich bei Kämmerei. Als der Entwurf aufgestellt wurde, lief alles noch in normalen Bahnen. Die Inflationswelle werde auch Auswirkungen auf die Gehaltstarife haben. Da sind Steigerungen zu erwarten. Digitalisierung der Verwaltung und der Schulen. Sie begrüßt den besseren ÖPNV-Takt und bessere Straßen. Die CDU-Anträge sind mit der FDP-Politik vereinbar. Die Zivilschutzstellen findet sie furchtbar, aber notwendig.
AfD für Sirenen und Schutzbunker
- Dieter Braun (AfD) betonte, der Landkreis müsse auf vollständiger Erstattung von Kosten durch Krieg und Pandemie bestehen. Der Zivilschutz sei wichtig, Lücken im Bevölkerungsschutz, wie Notstrom, müssen geschlossen werden. Alarmierungen müssen verlässlich funktionieren, dazu gehören Sirenen und schließlich auch Schutzbunker.
- Dr. Christoph Pohl (FW) steht normal ich nicht auf, wenn alles gesagt ist. Aber: „Wenn ich aus dem Fenster auf den Kindergarten schaue und von ziviler Verteidigung höre, schauert es. Hoffentlich hören wir Worte wie Bunker bald nicht mehr.“
Haushalt einstimmig – Kreis fördert Wall-Boxen und Stromspeicher
Die CDU-Anträge auf Förderung von Wallboxen und Stromspeichern wurden einstimmig in den Haushaltsplan aufgenommen. Bei der zusätzlichen Schaffung von zwei Stellen für den Zivilschutz gab es eine Enthaltung. Auch der Haushalt wurde mit einer Enthaltung einstimmig angenommen. Gegen das Investitionsprogramm stimmten lediglich die GRÜNEN. Die Abstimmung zum Wirtschaftsplan der Eigenbetriebe erfolgte einstimmig. (Rainer Sander)
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