Der Hephata Post-Corona Jahresempfang
SCHWALMSTADT (wal/Hephata). Der letzte Jahresempfang der Hephata-Diakonie in Treysa war zuletzt 2019 und damals im Kirchsaal – eben wie davor. Diesmal und „Post-Corona“, nach zwei Jahren Pause, hatten Hephata-Vorstand Maik Dietrich-Gibhardt und dessen Vorstandskollege, Dr. Michael Gerhard, die rund 150 Gäste auf den Parkplatz zwischen Werkstatt und Gärtnerei eingeladen. Der Ort war dem Infektionsschutz geschuldet und passte zudem zum Thema des diesjährigen Empfangs.
Am Freitagvormittag trafen sich Gäste und Gastgeber in ungezwungener Atmosphäre im überdachten und bestuhlten Festzelt an der Hephata-Gärtnerei, an der ein neues Gebäude für den Verkauf entsteht. Jan Platte, Präsident des Bioland-Bundesverbands, hielt einen Impulsvortrag zum Thema der sozialen und ökologischen Landwirtschaft. Zuvor begrüßte aber Dietrich-Gibhardt die vielen Gäste aus Landes-, Kreis- und Stadtpolitik sowie Vertreter der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Vertreter der Hochschule Darmstadt sowie Partner aus Wirtschaft, Finanzwesen und Handwerk.
Den Weg zur ökologischen Landwirtschaft begann Hephata mit dem Hofgut Richerode an der B 3 in Jesberg. „Biologische Landwirtschaft trifft auf Soziales – oder Soziales trifft biologische Landwirtschaft“, sagte Maik Dietrich-Gibhardt. Bis 1988 waren die damals zum Hofgut Richerode gehörenden landwirtschaftlichen Flächen noch verpachtet. Bei der Wiederaufnahme der eigenen Landwirtschaft fiel dann schnell die Entscheidung, „dass alles Bio sein soll. Als diakonischen Unternehmen gehört es zur Philosophie, die Schöpfung zu bewahren und dazu auch ein Ressourcen schonender und nachhaltiger Umgang mit Natur und Tieren. Und weil mit dem Betreiben einer Bio-Landwirtschaft vielseitige Angebote verbunden waren und sind, passt dies ideal zu unserem primären Auftrag, Menschen mit Behinderungen Teilhabe und Inklusive zu ermöglichen“, sagte Dietrich-Gibhardt. Nach fünf Jahren wurde das Hofgut Richerode Bioland-Betrieb. „Handarbeit statt große Maschinen, Unkraut jäten statt Chemie und eine vielseitige Kreislaufwirtschaft, statt die Spezialisierung auf einen Bereich waren angesagt“, so Dietrich-Gibhardt an die Gäste gerichtet. Aktuell bewirtschaften rund 50 Menschen mit Einschränkungen und 14 Mitarbeiter 155 Hektar Ackerland und 78 Hektar Dauergrünland, zudem werden Mastschweine, Mutterkühe und Mastbullen nach Bioland-Standards gehalten.
Mittlerweile hat Hephata weitere Bioland-Betriebe. Dazu gehören das Gut Halbersdorf in Spangenberg (unter anderem Speisekartoffeln), ein Geflügelhof in Frielendorf-Leuderode und der Zechenhof in Borken, wo überwiegend Zwiebeln und Kürbisse angebaut und geerntet werden. In der Folge wurde auch die Hephata-Gärtnerei im letzten Herbst mit dem Bio-Zertifikat ausgezeichnet. Im Jahr 2020 erhielt die Gärtnerei auf dem Hephata-Stammgelände bereits den Umweltpreis der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. In der Gärtnerei wird bereits seit vielen Jahren auf Nützlinge bei der Schädlingsbekämpfung gesetzt und Regenwasser zur Bewässerung der Pflanzen genutzt. Angrenzend an die bestehende Gärtnerei gegenüber dem Neubaugebiet und an der Straße, entsteht ein neues „Für Uns Gebäude“ mit modernem, ansprechendem Ambiente. „Da wächst also Gutes, seit Langem und immer wieder neu“, sagte Dietrich-Gibhardt.
Jan Plagge, Präsident des Bioland e. V., spannte in seinem Impulsvortrag „Soziale Landwirtschaft und die Prinzipien von Bioland“ den Bogen von den Anfängen der Bioland-Bewegung hin zu einem Verein mit 9.000 Mitgliedsbetrieben und der Kooperation mit Hephata. „Wir alle wollen die Schöpfung bewahren, friedlich mit unseren Mitgeschöpfen leben. Wir sind Teil der Schöpfung, Teil des Kreislaufs der Natur“, so Plagge. „Und wir sind auch Teil einer Krise, die wir selbst mitverschuldet haben.“
Dies machte Plagge an Beispielen aus Politik und Zeitgeschehen deutlich. „Was passiert, wenn wir alles dem ökonomischen Prinzip unterordnen, mit der Landwirtschaft? Ich versuche, Kosten zu senken, dann muss ich größere Flächen bewirtschaften. Dafür muss ich Hecken roden und entziehe Lebewesen den Lebensraum. Dann wird mein Anbausystem anfälliger, ich muss mehr Dünger verwenden. Das bringt zunächst bessere Erträge, dann werden die Pflanzen anfälliger.“
Dieser Spirale entgegenzuwirken, sei Hauptziel des Bioland e. V. „Wir werden heute mehr gebraucht denn je, um Antworten auf die Fragen unserer Zeit zu finden.“ Dafür habe Bioland sieben Prinzipien formuliert. Drei davon verdeutlichte er an den Hephata-Betrieben und der Gärtnerei.
- Wirtschaften im Kreislauf: „Wie wirtschafte ich mit einem knappen Gut? Und das ist nicht das Geld, sondern unsere Lebensgrundlagen.“ Hephata setzte dieses Prinzip unter anderem in der Eigenproduktion von Erde und Mulch sowie in einem aktiven Kreislauf-Nährstoff-Management um.
- Artenvielfalt: „Wir tragen auch Verantwortung für die Geschöpfe, die wir nicht direkt nutzen, die aber für die Stabilität des Ökosystems wichtig sind.“ Beispiele seien hier bei Hephata das Anlegen von Mischkulturen, Überwinterungs- und Nistmöglichkeiten.
- Soziale Verantwortung: „Die Höfe dürfen nicht nur Spielwiesen sein, wo man Menschen beschäftigt, sondern sie müssen auch einen Sinn geben.“ Bioland hat dafür eine Fachstelle für soziale Landwirtschaft ins Leben gerufen, die unter anderem von Frank Radu, Betriebsleiter des Hephata-Bio-Hofguts Richerode, unterstützt wird.
Plagge rief dazu auf, den ökologischen Wandel als Gesellschaft anzugehen. Er schloss seinen Vortrag mit den Worten: „Hephata bedeutet: Öffne Dich. Hephata ist die Hoffnung, dass der Wandel gelingt. Lasst uns weiter in Offenheit begegnen und uns öffnen für den Wandel.“
„Futter – streng verdaulich!“
„Mein Nachbar hat einen Grill für 900 Euro. Da legt er dann 10 Nürnberger für 1,99 Euro darauf und lässt sich nicht impfen, weil man ja nicht weiß, was da drin ist.“ Philipp Weber, seines Zeichens Biologe und Chemiker, widmete sich in seinem Programm „Futter – streng verdaulich!“ den Untiefen zwischen gesunder Ernährung, politischer Verantwortung und Tierwohl. Ein Höhepunkt war das Erkennen von Fertig-Tütensuppen anhand der Inhaltsliste und die Erkenntnis, dass das, „was wir als Rostbratwürstchen kennen, man in anderen Ländern als Antibiotika-Zäpfchen verkauft.“
Die musikalische Unterhaltung
Maik Garthe brachte mit Gitarre, Mundharmonika und Gesang bekannte Hits und Eigenkompositionen zu Gehör und rundete die Veranstaltung musikalisch ab.
Das Catering
Gutes aus dem Bio-Anbau in den eigene Betrieben Hephatas sowie von kooperierenden landwirtschaftlichen Betrieben haben die hauswirtschaftlichen Gruppen der Berufshilfe, der Sozialen Rehabilitation und der Sozialen Teilhabe Hephatas auf das Buffett gebracht. (wal/Hephata)