16 : 16 Remis im Derby Opposition I gegen Opposition II
SCHWALMSTADT. Es gibt politische Entscheidungen, die man genießen kann und solche, die man genießen muss, vorwiegend dann, wenn man nicht in Schwalmstadt wohnt, wo die politische Gemengelage gerade spannende Ergebnisse beschert, die sich auch „totlaufen“ können.
Je nach Blickwinkel gibt es in Schwalmstadt zwei Oppositionen, denn in einem sind sich fast alle Parteien immer einig, der einzige Gegner, ist der Bürgermeister. Trotzdem möchte jede der immerhin sieben (rechnet man die eine Linke-Abgeordnete mit) Fraktionen (plus ein parteiloser Stadtverordneter) möglich viel eigene Interessen durchsetzen. Dabei entstehen wechselnde Mehrheitsgebilde, die manchmal nur eine Sitzung halten, manchmal auch eine Weile länger. Mehr oder weniger spielt in Schwalmstadt immer Opposition gegen Opposition – und nicht Regierung gegen Opposition, wenn es um Richtungsentscheidung geht.
Relativierung der Rasenmäher-Entscheidungen aus dem Februar?
In der Stadtverordnetenversammlung am 24. Februar 2022 haben die vier Fraktionen BfS, CDU, FDP und FW, so viele Einschnitte in den Haushalt gleichzeitig mit Mehrheit beschlossen, dass zunächst einmal weite Teile der Verwaltung bewusst gelähmt werden. Dazu gehören Sperrvermerke, die unter bestimmten Bedingungen aufgehoben werden können. Also: das Geld ist da, aber es ist gesperrt. Einer davon betrifft die Anschaffung von Hard- und Software, wonach etwa 100.000 Euro „zunächst“ nicht ausgegeben werden können. Bedingung für die Freigabe ist eine Auflistung von Maßnahmen, die geplant sind und anhand derer man den Sinn und Zweck des Haushaltstitels nachvollziehen kann. Dass Deutschland gerade in einer Phase der Digitalisierung ist, eine Online-Zugangsgesetz umzusetzen ist und Cyberkriminalität explodiert, hatte bis zu diesem Moment keine Rolle gespielt.
Inzwischen liegt eine Liste vor, die erklärt, dass Arbeitsplätze modernisiert werden müssen, dass die Nutzung privater Endgeräte beendet werden sowie leistungsfähige Konferenz- und Videotechnik angeschafft werden muss. Das CAD-System im Bauamt muss erneuert und Sicherheitsmaßnahmen gegenüber Gefahren potenzialen und Gesetzesverordnungen umgesetzt werden. In diesem Rahmen ist es unumgänglich, auch Datenverbindungen aufzuwerten und vor allem das Datenvolumen zu erhöhen. Soweit die Kurzfassung einer Kurzfassung, die das Ziel hatte, die gesperrten 100.000 Euro freizugeben, der Viererbande gestern aber nicht gereicht hat.
Mäusedreck, Salamitaktik, Gesetzestreue und Schutzlosigkeit
- Christian Herche (FW) konnte wunderbar erklären, warum er die Vorlage nicht geeignet findet, um die Aufhebung zu beschließen. Vage Formulierungen ohne Bezugsgrößen kämen darin vor. Er hätte lieber eine Liste gehabt, in der alle Anschaffungen, zur Not in Gruppen gegliedert, mit Einzelkosten nachvollziehbar sind. Obgleich eine Zusammenfassung dann auch wieder eine vage Draufsicht produziert. Im Hintergrund hatten Diskussionen stattgefunden, ob in eine solche Liste dann auch jede einzelne Computer-Maus oder jedes einzelne Netzwerkkabel aufführen müsse oder nicht. Im Haupt- und Finanzausschuss war von der Freigabe der Hälfte der Mittel, also von 50.000 Euro, die Rede und so als Alternativantrag formuliert.
- Tobias Kreuter (SPD und Bürgermeisterkandidat) plädierte für die vollständige Aufhebung des Sperrvermerkes. Ein Sperrvermerk wäre nicht notwendig gewesen. Eine Salamitaktik sei nicht angemessen. Er verwies auch auf das Onlinezugangsgesetz, nachdem die Stadt verpflichtet ist, eine Vielzahl an Dienstleistungen zukünftig online, genauer gesagt digital zur Verfügung zu stellen. Da sprach jemand, der als möglicher Bürgermeister von der Sperre übrigens genauso wäre wie der Kandidat der vier Verbündeten Fraktionen.
- Ruth Engelbrecht (B090/GRÜNE) empfindet die Digitalisierung als zu wichtig, um sich mit „Klein-Klein“ Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Also: lieber alles freigegeben, um das Onlinezugangsgesetz umzusetzen und gegen zunehmende Cyberkriminalität gewappnet zu sein.
- Thomas Kölle (PARTEILOS) versteht – mit Blick auf Engin Eroglu (FW) – nicht, wie man Digitalisierung fordern und dann nicht genehmigen kann. Es käme dann irgendwann im Nachtrag.
Arithmetik von Zählgemeinschaften, Zufall und Gedankenlogik
So weit so gut, aber die „Fantastischen Vier“ haben in ihrer Arithmetik zwei Faktoren nicht berücksichtigt. Zum einen, dass Parlamentarier krankheitsbedingt nicht da sein könnten, was gestern Abend einige Stadtverordnete betraf und dass vielleicht auch innerhalb dieser – ganz offensichtlich nicht in Beton gegossenen – Koalition (offiziell: Zählgemeinschaft) gelegentlich Realitäten unterschiedlich wahrgenommen und interpretiert werden.
Spätestens, als Dr. Constantin H. Schmitt (FDP) ans Rednerpult trat, wurde dieses klar. Er verteidigte den Sperrvermerk als guten Schritt, weil Informationen gefehlt haben. Man könne im Einzelfall über die Notwendigkeit aber nicht entscheiden. Die Informationen, die jetzt gegeben wurden, reichen der FDP voll aus. Die Freien Demokraten sehen in der Folge Einsparungspotential für Personal in Höhe von 30 Prozent, und zwar sozialverträglich ohne Kündigungen.
Live-Präsentation zum Thema stabile Mehrheit…
Eine kurze Diskussion darüber, welcher Antrag nun der weitestgehende ist und zuerst abzustimmen sei, die 50.000 Euro aus dem Haupt- und Finanzausschuss oder die Magistratsvorlage in Höhe von 100.000 Euro (SPD: „das sind mehr“), wurde in der Abstimmung schnell als kleinkariert enttarnt.
Der Antrag, nur 50.000 Euro freizugeben, fand in der logischen Stimmenumkehr, mit nur 16 Ja-Stimmen, bei gleichzeitig 16 Nein-Stimmen ebenfalls keine Mehrheit. Also: Auch abgelehnt!
Es gibt keinen lachenden Dritten
Da beide Anträge keine Mehrheit fanden, bleibt nun alles beim Alten. Das heißt, die Sperrvermerke bleiben intakt und damit liegen wesentliche Herzstücke der Digitalisierung in Schwalmstadt auf Eis. Dass womöglich auf unbestimmte Zeit, denn mitten in der Bürgermeisterwahl deutet wenig darauf hin, dass sich plötzlich Einigkeit einstellt. Auch eine weitere Abstimmung könnte wieder ein wenig nach dem Zufallsprinzip erfolgen. Eines wird in dieser Konstellation deutlich: Keiner der drei Bürgermeisterkandidaten kann sich auf eine stabile Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung verlassen oder gar darauf ausruhen.
Das ist erst einmal nicht schlimm, relativiert aber viele Wahlversprechen. Das virtuelle Duell Tobias Kreuter gegen Stefan Prinz erlebt immerhin das erste Remis. Es gibt zwar einen Dritten, aber auch Amtsinhaber Stefan Pinhard kann – entgegen dem Volksmund – darüber nicht lachen. (Rainer Sander)
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7 Kommentare
Hauptsache die ARGE u. das Jobcenter digitalisieren fleißig .. denn dort gibt es viel zu tun. 🤣👉🏻 Wenn dann endlich mal die Türen auf sind !
schlimm, schlimmer, Schwalmstadt !!!
In Schwalmstadt Funktioniert nur eins wirklich sehr gut und das ist der Rückwärtsgang.
Die könne halt nicht bis 3 zählen.
Wenn das ganze nicht so traurig wäre, könnte man darüber lachen. Können sich die Damen und Herren nicht zusammenreißen, sowas vertritt uns, einfach eine Lachnummer. Was für ein Bürgermeister….. Am Besten verlässt man diese Stadt. Hier kommt doch alles zu spät……einfach nur schlimm
Augsburger Puppenkiste
Das kann doch alle nicht war sein was dort so beschlossen und behauptet wird.
Fördermittel zu beantragen ist doch mit der erste Schritt mit einer Wirtschaftlichkeitsprüfung des Bauvorhabens, was dort realisiert werden sollte ( Schwalmstation ). Digitalisierung der Verwaltung ist doch genau das gleiche, hier ein Beispiel 18.03.2022
Hessische Ministerin für Digitale Strategie und Entwicklung
Pressemitteilung
Starke Heimat Hessen
Rathäuser sollen Möglichkeiten moderner IT-Technologie ausschöpfen“
https://digitales.hessen.de/presse/rathaeuser-sollen-moeglichkeiten-moderner-it-technologie-ausschoepfen
Der Bürgermeister soll einfach mal seine Arbeit machen mit seiner Verwaltung, noch ein Grund mehr diesen nicht mehr zu wählen.
man kann nur den Kopf schütteln
viele Köche verderben den Brei
gebt bei den nächsten Wahlen einer Partei die absolute Mehrheit
die kann dann allein entscheiden
u der Wähler kann dann bei der nächsten Wahl sagen das war ok oder abwählen
Ich glaube tatsächlich, dass das der beste Vorschlag seit langem ist. Mann kann ja ein Rotationsprinzip machen, schlimmer kann es ja nicht mehr werden
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