Richtiger Umgang mit Wirtschaftsdüngern reduziert Gerüche und klimaschädliche Emissionen
KASSEL (pm/llh). Die Äcker konnten in den letzten Wochen gut abtrocknen und vielerorts wird aktuell Gülle gefahren, um die Kulturpflanzen und das Grünland mit allen wichtigen Nährstoffen zu versorgen.
In den ländlichen Regionen fühlen sich die Anwohnenden teilweise durch den Geruch, der vorrangig auf schwefelhaltige Gase zurückzuführen ist, belästigt. „Doch Gülle ist besser als ihr Ruf und bringt einige Vorteile gegenüber mineralischen Düngermitteln mit“, erklärt der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH), der landwirtschaftliche und gartenbauliche Betriebe berät.
Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein waren im Rahmen der Kreislaufwirtschaft tierische Exkremente – die sogenannten Wirtschaftsdünger – die wichtigste Nährstoffquelle für Pflanzen. Mit der Entwicklung des Haber-Bosch-Verfahrens drängten mineralische Stickstoffdünger auf den Markt. Vorteile wie exakte Nährstoffgehalte und eine planbare Pflanzenverfügbarkeit in Kombination mit einer einfacheren Ausbringung trugen zu ihrer Erfolgsgeschichte bei, die sich in stark ansteigenden Erträgen widerspiegelte.
Doch der Einsatz mineralischer Dünger hat auch Nachteile: Die Betriebe begeben sich in die Abhängigkeit internationaler Handelsströme, die zulasten der Verfügbarkeit gehen kann. Zudem ist die Stickstoffmineraldüngerherstellung, je nach Produktionsland, mit 3,5 bis 7 kg CO2eq je kg Stickstoff sehr energieintensiv, was sich wiederum negativ auf ihre Klimabilanz auswirkt.
Die aktuell sehr hohen Preise für mineralische Stickstoffdünger (die Preise haben sich seit Herbst 2020 vervierfacht) verhelfen den Wirtschaftsdüngern, auch vor dem Hintergrund der Versorgungssicherheit, wieder zu ihrer ursprünglichen Geltung. Dabei sind Gülle, Mist und Co. zurzeit nicht nur günstiger, sondern sie fördern das Bodenleben und tragen maßgeblich zur Bildung von organischer Masse (Humus) bei, was sich nebenbei als Kohlenstoff-Senke positiv auf das Klima auswirkt.
Gleichzeitig sind Wirtschaftsdünger jedoch auch für knapp 75 % der stark klimawirksamen Ammoniak-Emissionen und für 11 % der Methan-Emissionen in Deutschland verantwortlich – und für den markanten Geruch.
Neben der subjektiven Wahrnehmung sind bei der Geruchsentwicklung Witterung und Windgeschwindigkeit, aber auch die Ausbringungstechnik bedeutend. Letztere hat sich in den vergangenen Jahren grundlegend gewandelt: „Modernste Ausbringungstechniken wie Schleppschlauch- oder Schlitzgeräte bringen die Gülle streifenförmig, bodennah aus oder arbeiten sie direkt in den Boden ein. Im Ackerbau sind sie seit Februar 2020 vorgeschrieben, im Grünland und im mehrschnittigen Feldfutterbau ab 2025. Sie reduzieren so nicht nur die Stickstoffverluste (in Form von Ammoniak), sondern ebenfalls die mit der Nase wahrnehmbaren Gerüche“, erläutert Philipp Heimel vom LLH-Beratungsteam „Ökonomie und Verfahrenstechnik“.
Eine Behandlung der Gülle mit Schwefelsäure senkt ebenfalls die Ammoniakausgasungen. Bisher konnte sich dieses Verfahren in Deutschland mit Blick auf die Arbeitssicherheit und einer möglichen Korrosion der Güllebehälter nicht durchsetzen.
Im Projekt EmiGüll, welches durch das Hessische Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (HMUKLV) gefördert wird, forscht Andreas Sünder vom LLH-Fachgebiet „Ökonomie und Markt“ daher an alternativen Güllezuschlagstoffen, die auch für den ökologischen Landbau zugelassen werden können. „Eine Mischung aus Leonardit, Gesteinsmehl und Pflanzenkohle hat in Laborversuchen bereits vielversprechendes Ammoniak-Reduktionspotential gezeigt. Ab Sommer untersuchen wir ihren ammoniakmindernden Effekt im Rinderstall als auch bei Gülleausbringung im Grünland“, erklärt Sünder.
Die Vergärung von Gülle in Biogasanlagen leistet nicht nur einen Beitrag zur Energiewende, der Prozess reduziert zugleich die Methan-Emissionen, die u.a. bei der Güllelagerung entstehen. Die überbleibenden Gärreste werden als Dünger eingesetzt und stehen der unvergorenen Gülle in punkto Nährstoffgehalt nicht nach, riechen aber weniger stark. Rund 30 Prozent der in Deutschland anfallenden Wirtschaftsdünger erfahren aktuell diese Doppelnutzung.
Fazit: Ein gutes Wirtschaftsdüngermanagement und eine fachgerechte Ausbringung können die Ausgasungen reduzieren. Und auch wenn es manchmal stinkt: Die aktuelle Situation am Düngermittelmarkt legt dar, wie wichtig Gülle, Mist und Co. für die Pflanzenernährung sind. Die in den letzten Monaten stark geschrumpften Schweinebestände haben bereits zu einer Verknappung von Gülle und Mist geführt.
Problematisch wird es dann, wenn der Nährstoffkreislauf durch ungleich verteilte, konzentrierte Viehbestände sowie durch Nährstoffimporte überlastet wird.
Hessen ist mit einem Besatz von aktuell insgesamt gut 411.000 Großvieheinheiten und ca. 780.000 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche sowie einem steigenden Eiweißfutteranbau davon weniger betroffen. (pm/llh)
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