SCHWALMSTADT. Der in der Schwalmstädter Stadtverordnetenversammlung am 24. Februar verabschiedete Haushalt für das Jahr 2022 hat zahlreiche Fragen aufgeworfen. Schwalmstadts Bürgermeister Stefan Pinhard (parteilos) nimmt in einer Pressemitteilung dazu Stellung. Die Mitteilung haben wir im Wortlaut:
„Jegliches Handeln der Verwaltung setzt einen von der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen und vom Landrat genehmigten Haushalt voraus. Die Verwaltung bereitet daher jedes Jahr in der zweiten Jahreshälfte den Haushalt für das kommende Jahr vor, damit dieser dann so früh wie möglich in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht werden kann.
In Schwalmstadt ist es seit Jahren üblich, bereits gegen Ende der Haushaltsvorbereitung diese in wesentlichen Positionen vor der Einbringung den Fraktionen vorzustellen und gemeinsam darüber zu beraten. Diese Gespräche haben am 03.11.2021 und am 24.11.2021 stattgefunden. Ziel dieser Zusammenkünfte ist es, frühzeitig vor der Einbringung abzuklären bzw. zumindest abzuschätzen, ob die von der Verwaltung getätigten Vorplanungen auch dem tatsächlichen politischen Willen entsprechen, um sofern erforderlich, frühzeitig vor der Einbringung Änderungswünsche berücksichtigen und einarbeiten zu können. Bei diesen Besprechungen mit den Fraktionen wurden jeweils die einzelnen Positionen sowohl vom Ergebnis- als auch vom Finanzhauhalt besprochen. Die Ergebnisse, Anregungen und Wünsche aus diesen Beratungen wurden dann in den Haushaltsentwurf eingearbeitet. Die Einbringung des Haushalts erfolgte anschließend in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 16.12.2021. Der Haushalt sollte dann nach Beratung in den vier bestehenden Ausschüssen der Stadtverordnetenversammlung in der Sitzung am 27.01.2022 beschlossen werden.
Die für den 27.01.2022 angesetzte Sitzung der Stadtverordnetenversammlung musste jedoch aufgrund Corona abgesagt werden. Dies hatte zur Folge, dass die Beschlussfassung zum Haushalt um vier Wochen auf den 24.02.2022 verschob. Die Fraktionen hatten somit noch weitere vier Wochen Zeit, sich intensiv mit dem Haushalt zu beschäftigen und ggf. Fragen zu stellen, die zeitnah hätten beantwortet werden können.
Meine Verwaltung hat wie jedes Jahr sehr viel Arbeit und Zeit in die Haushaltsvorbereitung investiert und ich bin sehr verwundert darüber, dass es nicht allen Fraktionen möglich war, innerhalb der fast viermonatigen Phase der gemeinsamen Haushaltsvorbereitung und Haushaltsberatung Änderungswünsche rechtzeitig zu stellen und diese stattdessen erst unmittelbar in der Haushaltssitzung vorzutragen und zur Abstimmung zu bringen.
Die Verwaltung hat nun die vergangene Woche vollständig genutzt, um
- die von der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Änderungen, soweit sie rechtlich möglich sind, in den Haushalt einzuarbeiten,
- die Auswirkungen der vorgenommenen Sperrvermerke und Streichungen für die einzelnen Abteilungen zu identifizieren und
- die konkreten Auswirkungen der pauschal vorgenommenen 10-%-igen Kürzungen im Ergebnishaushalt zu ermitteln.
Hierbei hat sich herausgestellt, dass das Beschließen von Änderungen sehr einfach, das Einarbeiten dieser Änderungen in den Haushalt schon etwas schwieriger, aber dann das regelkonforme und wirtschaftliche Arbeiten der Verwaltung mit diesen Änderungen sehr schwierig und in einigen Fällen unmöglich ist. Nähere Einzelheiten hierzu werde ich kurzfristig den Fraktionen mitteilen.
Speziell die Streichung der Stelle der Koordinationsstelle für die Kitas hat für großes Entsetzen in allen Schwalmstädter Kindertagesstätten geführt und war auch Thema einer gemeinsamen Leitungssitzung aller Einrichtungen, bei der eine schriftliche Stellungnahme zu diesem Punkt verfasst wurde. Diese Stellungnahme, der ich mich als Bürgermeister inhaltlich voll anschließe:
Stellungnahme der Kita-Leiterinnen
Rückschritt – statt Fortschritt
Stadtverordnete streichen Koordinationsstelle für Kitas
Die Parteien, die sich sonst so gerne „Familienfreundliches Schwalmstadt“ auf die Fahne schreiben, streichen die einzige Stelle, die sich übergreifend für die Schwalmstädter Kitas und für Familien mit Kindern im Alter von 0 – 10 Jahren einsetzt, aus dem Haushalt.
Auf der einen Seite wird die gute Kitaarbeit gelobt, aber auf der anderen Seite die Grundvoraussetzung eben für diese qualitativ gute Kitaarbeit (Vernetzung und Kooperation) gestrichen.
Die Aufgaben der Koordinatorin gehen weit über den Kitaalltag hinaus. Sie ist das Bindeglied zu Ämtern, Familienzentrum, Frühe Hilfen und Tagesmütter. Sie unterstützt junge Familien in Notsituationen, berät und hilft bei der Suche eines geeigneten Kitaplatzes. Sie engagiert sich für frühe Bildung, organisiert Vorträge und Fortbildungen. Mit dem Babybegrüßungspaket begrüßt sie junge Eltern und informiert gleichermaßen über die unterschiedlichsten Anlaufpunkte in Schwalmstadt. Mit der Entwicklung der Ferienbetreuung für Grundschulkinder trägt sie zu einer wesentlichen Entlastung von berufstätigen Eltern bei.
In der Kitaarbeit trägt die Koordinatorin die Mitverantwortung für die Einstellung von pädagogischem Personal und Auszubildenden. Sie unterstützt und berät Kitaleitungen sowie Personal und sorgt für die Sicherung und Weiterentwicklung der einheitlichen hohen Qualitätsstandards, sowie die Einhaltung des Bildungs-und Erziehungsplans. Sie ist Bindeglied zwischen Kita und Stadtverwaltung und bearbeitet Förderanträge zur Verbesserung der Personal- und Ausbildungsstandards.
Bei ihr bündeln sich wichtige Informationen und sie trägt sie gleichwertig weiter in alle Einrichtungen. Sie ist mit allen Fachstellen vernetzt, welche zum Wohle der Kinder arbeiten.
Seit 2009 ist diese von der Politik seinerzeit gewünschte und initiierte Stelle besetzt. Das Aufgabengebiet der Koordinatorin hat sich kontinuierlich und fortlaufend weiterentwickelt. Frau Heike Hoch hat zu einem großen Anteil dazu beigetragen, dass sich unsere Stadt familienfreundlicher entwickelt hat, worauf wir stolz sein können. Schwalmstadt ist die größte Kommune im Schwalm-Eder-Kreis.
Mit über 900 Kitaplätzen trägt die Stadt eine große Verantwortung für junge Familien und ist in diesem Bereich ein Vorbild für viele Kommunen des Schwalm-Eder-Kreises.
Andere Kommunen sind auf diese erfolgreiche Zusammenarbeit im Bildungswesen aufmerksam geworden und planen Koordinatorenstellen Auch die kirchlichen Kindertageseinrichtungen suchen nach einer Koordinatorin. Mit der in der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Schwalmstadt getroffenen Entscheidung, die Stelle der Koordinatorin zu streichen, wird der Erfolg dieser so wichtigen Tätigkeit in Frage gestellt und somit an den Schwächsten unserer Gesellschaft gespart.
Durch die Rationalisierung des Aufgabengebietes der Koordinatorin, entscheidet sich Schwalmstadt ganz bewusst gegen die Zukunft!
Die Kitaleitungen sind entsetzt über die Streichung der Stelle. Das Land hat die Wichtigkeit der Leitungsfunktion erkannt und trägt mit dem Gute-Kita-Gesetz dazu bei, die dringend erforderliche Freistellung zu unterstützen. Es ist sicher nicht gewollt, dass an anderer Stelle Einsparungen vorgenommen werden. Wer soll jetzt dieses vielschichtige, übergreifende Aufgabengebiet übernehmen? Die Antwort kann hierzu nur lauten: Die Stelle darf nicht gestrichen werden bzw. ist im Stellenplan wieder einzurichten und spätestens mit dem Ausscheiden der derzeitigen Stelleninhaberin wieder zu besetzen!“ (wal)
1 Kommentar
Kommuniziert der Bürgermeister per Pressemitteilung mit den Stadtverordneten?
Dann wundert mich nichts mehr.
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