Dr. Steffen Koch zum „Vorläufigen Insolvenzverwalter“ bestellt
BAUNATAL | KASSEL. Nach dem Insolvenzantrag des „Ev.-Luth. Gertrudenstift e.V.“ sowie dessen Tochtergesellschaft „Gertrudenstift Pflege gGmbH“ in Baunatal hat das Amtsgericht Kassel am Montag die vorläufige Verwaltung des Vermögens des Antragstellers angeordnet. Zum vorläufigen Insolvenzverwalter ist Rechtsanwalt Dr. Steffen Koch aus Kassel bestellt worden.
Er gehört zur namhaften Kanzlei hww – hermann wienberg wilhelm, die aktuell auch Verfahren für „Germania“ und „Thomas Cook“ führt (siehe unten). Die Kanzlei hat sich vorwiegend mit erfolgreichen Restrukturierungen einen Namen gemacht. Dazu gehört in der Region Nord-/Osthessen die Sanierung des Karosseriebauers Hartmann.
Für Betreute Menschen ändert sich nichts
Inzwischen hat sich der vorläufige Insolvenzverwalter ein erstes Bild der Lage gemacht. Dr. Steffen Koch führt den Betrieb ohne Einschränkungen fort und plant, die Einrichtungen zu sanieren.
„Für Bewohnerinnen und Bewohner in den beiden betroffenen Pflege-Einrichtungen ändert sich durch die Insolvenzanträge nichts“, betonte Koch. „Dort läuft der Betrieb ganz normal weiter, die Beschäftigten werden bezahlt, und alle Leistungen werden weiter voll erbracht.“ Zum Ev.-Luth. Gertrudenstift e.V. und der Gertrudenstift Pflege gGmbH gehört als weitere 100-prozentige Tochter noch die „Gertrudenstift Betreuung gGmbH“, die eine Einrichtung des Betreuten Wohnens sowie zwei Kindertagesstätten betreibt. Diese Gesellschaft und die von ihr betriebenen Einrichtungen sind von der Insolvenz nicht betroffen.
Probleme überschaubar, Einrichtung hat rechtzeitig Problemen gestellt
Der vorläufige Insolvenzverwalter hat sich inzwischen mit seinem Team vor Ort ein erstes Bild gemacht und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter informiert. Deren Löhne und Gehälter sind bis Ende März über das Insolvenzgeld gesichert. Parallel dazu hat Koch Gespräche mit den Vorständen und Führungskräften geführt und sich einen ersten Überblick über die wirtschaftliche Situation verschafft. „Die Buchhaltung ist in einem guten Zustand und der Liquiditätsengpass nach einer ersten Prüfung überschaubar“, so Koch. „Hinzu kommt, dass die Geschäftsführung sich den wirtschaftlichen Problemen gestellt und aktiv Insolvenzantrag eingereicht hat. Das sind gute Voraussetzungen für eine Sanierung.“
Koch will die nächsten zwei Monate dafür nutzen, ein Sanierungskonzept zu entwickeln. Denn durch das Insolvenzgeld sind die Einrichtungen in diesem Zeitraum von einem Großteil der Personalkosten befreit. Erst nach Ende des Insolvenzgeldzeitraums muss die Einrichtung die Personalkosten wieder voll selber tragen. „Das verschafft uns eine wichtige Liquiditäts-Entlastung, und genügend Zeit, ein belastbares Fortführungs- und Sanierungskonzept zu entwickeln.“ Denkbar sind eine Investorenlösung oder auch eine Art Vergleich mit den Gläubigern über einen sog. Insolvenzplan. Welche Lösung zum Tragen kommt, wird sich erst in den kommenden Monaten zeigen.
Hintergrund: Gertrudenstift
Der Ev.-Luth. Gertrudenstift e. V. ist ein kirchlicher Sozialträger mit Sitz in Baunatal. Gemeinsam mit seinen Tochtergesellschaften Gertrudenstift Pflege gGmbH und Gertrudenstift Betreuung gGmbH unterhält er mehrere Pflege- und Betreuungseinrichtungen in Baunatal und Umgebung. Unmittelbar zum insolventen Ev.-Luth. Gertrudenstift e.V. gehört eine Altenpflegeeinrichtung mit 99 Plätzen und rund 130 Beschäftigten. Die ebenfalls insolvente Tochtergesellschaft Gertrudenstift Pflege gGmbH betreibt in Baunatal eine Langzeitpflegeeinrichtung mit 30 Plätzen und rund 40 Beschäftigten.
Die zweite Tochtergesellschaft Gertrudenstift Betreuung gGmbH ist nicht insolvent und führt ihre Geschäftstätigkeit – den Betrieb einer Einrichtung des Betreuten Wohnens in Baunatal sowie jeweils einer Kita in Baunatal und Guxhagen – wirtschaftlich autark fort.
Hintergrund: hww hermann wienberg wilhelm
hww hermann wienberg wilhelm ist ein auf Rechtsberatung, Restrukturierung, Insolvenz-, Eigen- und Zwangsverwaltung spezialisierter Dienstleister. Mit mehreren hundert Mitarbeitern ist hww in mehr als 20 Städten in Deutschland vertreten und verfügt über ein eigenes internationales Netzwerk. Die Partner von hww hermann wienberg wilhelm sind in ihrer langjährigen Tätigkeit bundesweit bereits in tausenden Insolvenz- und auch in Eigenverwaltungsverfahren von zahlreichen Amtsgerichten bestellt worden. Zu namhaften Verfahren der Kanzlei gehören z. B. die Insolvenzen von Germania Fluggesellschaft, Thomas Cook, Holzmann, Karmann, Q-Cells SE, topbonus, Mister Minit und SOLON SE. www.hww.eu. (pm | rs)
3 Kommentare
Ich wünsche Herrn Koch viel Kraft und alles Gute.
Toi, Toi, Toi
Lächerlich!!!!!!
Rechtzeitig Antrag gestellt??? Komisch das in einem Protokoll von vor Monaten schon steht das es sehr schlecht aussieht. Gerade eben noch einen Herren von der Zeitarbeit übernommen, was tausende Euro kostet. Diese Geschäftsführung gehört endlich entlassen. Wie viele Dinge will der Vorstand noch übersehen bzw. Ignorieren. Lieber Insolvenzverwalter, gerne überreiche ich Ihnen Unterlagen, dann können wir gern nochmal reden!
Bei einer vorsätzlichen Insolvenzverschleppung droht nach 15a InsO eine Höchststrafe von bis zu drei Jahren Gefängnis oder Geldstrafe. Bei Fahrlässigkeit ist die Höchststrafe ein Jahr Gefängnis oder Geldstrafe. Wie hoch die Strafe konkret ausfällt, ist allerdings immer eine Frage des Einzelfalls.
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