Einmal parteinah, zweimal parteilos
GUDENSBERG. In Gudensberg wird an diesem Wochenende eine Bürgermeisterin oder ein Bürgermeister gewählt. Amtsinhaber Frank Börner hat frühzeitig angekündigt, dass er nicht mehr zur Verfügung steht und jetzt steht eine Veränderung an. Die Bürger entscheiden, in welche Richtung diese Veränderungen gehen könnte.
Eines ist klar, eine Bürgermeisterin oder ein Bürgermeister kann weder ohne Magistrat noch ohne Stadtparlament Entscheidungen treffen oder umsetzen. Während Sina Best als Sozialdemokratin trotzdem unabhängig antritt, gehören Gerd Fröhlich und Karsten Heyner weder einer Partei, nach einer Wählergruppierung an. nh24-Redakteur Rainer Sander hat die drei Kandidatinnen und Kandidaten gefragt, was sie vorhaben, und wie sie es durchsetzen wollen.
nh24: In Gudensberg haben sich bei der Kommunalwahl viele Menschen für eine der beiden Wähler- beziehungsweise Bürgerlisten entschieden. Was sollte eine Bürgermeisterin oder ein Bürgermeister tun, um möglichst viele Bürgerinnen und Bürger anzusprechen?
Sina Best: Bei meinen Besuchen an fast allen rund 4.400 Haushalten in Gudensberg inkl. Stadtteile konnte ich mir in den Gesprächen mit den Bürgerinnen und Bürgern einen umfangreichen Überblick über die Anliegen verschaffen. Als Bürgermeisterin werde ich für Transparenz sorgen, ansprechbar für Alle sein und die Interessierten bzw. beteiligten Gruppen bei Projekten miteinbeziehen.
Gerd Fröhlich: Ich will die Interessen der Stadt konsequent vertreten, visionär die Weiterentwicklung vorantreiben und dafür Mehrheiten gewinnen. Eine respektvolle Streitkultur möchte ich etablieren, um die Bedürfnisse der Bürger:innen nachhaltig zu berücksichtigen. Ich bin der richtige Kandidat für dieses Amt!
Karsten Heyner: Ich glaube nicht, dass die Gudensberger und Gudensbergerinnen noch in Parteiprogrammen denken. Ab jetzt sollten Themen im Vordergrund stehen und den klassischen Streit beenden, dass eine Partei dafür und zwangsläufig die andere Partei dagegen sein muss. Das Stadtparlament ist bunter geworden, dazu passt ein Bürgermeister, der den Bürgerwillen respektiert, zwischen Standpunkten moderiert und unabhängig von Parteien Lösungen findet.
nh24: Die Sicherheit in Gudensberg ist ein zentrales Thema, entzündet sich aber an wenigen Punkten und ist stark fokussiert auf die Probleme unter EU-2-Bürger:innen. Was wäre ihre Vorgehensweise als Bürgermeisterin oder Bürgermeister?
Sina Best: Wir brauchen einen offenen und transparenten Dialog zwischen Betroffenen und Beteiligten, um die weiteren Schritte einzuleiten sowie eine Kultur der Konsequenz in der das bestehende Recht angewendet und durchgesetzt wird. Neben erfolgreicher Integration brauchen wir einen präsenten und hauptamtlichen Schutzdienst.
Gerd Fröhlich: Es ist höchste Zeit gegenzusteuern und die Einflussmöglichkeiten im rechtlichen Rahmen zu nutzen und anzuwenden. Ein runder Tisch allein reicht hier nicht aus. Wir brauchen ein funktionierendes Sicherheitskonzept und die Aufstockung der Personaldecke. Hier müssen Menschen eingebunden werden, die die kulturellen Gegebenheiten kennen und die Sprache der Zielgruppe sprechen. Eine ausgewogene wohnungspolitische und gesellschaftliche Durchmischung von Menschen, die zurzeit in Gudensberg leben, fördert die Verständigung und den sozialen Frieden. Die Stadt muss ihren Einfluss auf Immobilienverkäufe wahrnehmen und steuern. So beugen wir einer Separierung und Ghettoisierung vor.
Karsten Heyner: Eine Versachlichung täte der Situation gut. Es wird viel über die Menschen gesprochen, aber nicht mit ihnen. Mein erster Weg würde zu denen führen, die uns als Stadtgesellschaft gerade Schwierigkeiten bereiten, wobei sie eher untereinander ein Problem haben, als mit den Gudensberger:innen. Integration kann man nicht im Parlament beschließen, sie muss gelebt werden und Konflikte kann man nur im Dialog auflösen. In der Stadt hat niemand Polizeikompetenz, die gute Zusammenarbeit mit der Polizei ist das wichtigste, um auch Regeln durchzusetzen und Parallelgesellschaften gar nicht erst entstehen zu lassen.
nh24: Die Stadtentwicklung wird zunehmend kontrovers diskutiert, im Hinblick auf neue Gewerbeflächen und auch Wohnbebauung. Kennen Sie Lösungen, mit denen die Gudensbergerinnen und Gudensberger zufrieden sein können?
Sina Best: Bestehende Gewerbeflächen sollen für örtliche Klein- und Mittelbetriebe vorgehalten werden. Für die Wohnbebauung hat die Herrichtung von Bauplätzen mit schlechter Bausubstanz in den Ortskernen Vorrang vor der Versiegelung neuer Flächen, um den Gudensberger Bürger*innen eine Perspektive zu bieten.
Gerd Fröhlich: Gudensberg liegt im Verhältnis zu Hessen bei Siedlungs- und Verkehrsflächenversiegelung prozentual etwa auf einer Linie. Daher müssen zukünftige Erweiterungen in Abhängigkeit zu den landwirtschaftlichen Anforderungen für Ackerbau- und Waldflächen erfolgen, sowie die Freigaben dafür verschärft werden.
Karsten Heyner: Gudensberg ist schon immer gewachsen und alle Menschen, die hier zu Hause sind, wollen auch in Zukunft hier arbeiten und leben. Auch unsere Kinder möchten – wie wir – eine Wohnung finden und vielleicht ein Haus bauen. Die Probleme der Vergangenheit resultieren nicht aus dem „Ob“, sondern aus dem „Wie“. Ich setze auf den Dialog und die Beteiligung aller Betroffenen.
nh24: Gudensberg ist eine Kulturstadt. Nicht nur Corona hat das Veranstaltungskonzept der Stadt durchgerüttelt. Welchen Stellenwert sollte die Kultur zukünftig haben?
Sina Best: Der Stellenwert mit der Märchenbühne, der Obernburg sowie den kulturellen Angeboten ist hoch und dadurch auch überregional bekannt. Ich möchte hier gerne weitere Angebote für alle Altersklassen etablieren, zum Beispiel durch ein regelmäßiges Stadtfest bei dem für jeden etwas dabei ist.
Gerd Fröhlich: Die bisherigen Angebote aus der Vergangenheit werden weiterhin bestehen bleiben im Rahmen der städtischen Unterstützung. Gleichzeit ist es wichtig die Bereiche, die in den vergangenen Jahren zurückgefahren wurden, wie z.B. Stadtfest oder Viehmarkt, wieder in einer ähnlichen Form aufleben und den vielen interessierten Menschen anzubieten. Begegnung fördert Kontakte und unterstützt die soziale Gemeinschaft.
Karsten Heyner: Als Landwirt bin ich selbstständiger Unternehmer, als „Musikant“ auf den Kultur-Bühnen zu Hause. Niemand lebt ohne Kultur. Einige als Künstler, andere als Genießer. Manche sind mit dem Fernseher zufrieden, andere brauchen Party, Feste, Konzerte, Theater. Kultur hat sich schon immer verändert und nach Corona braucht sie eine Chance, sich frei zu entwickeln. Ohne Kultur verliert eine Gesellschaft ihren Charakter.
nh24: Frage: Klimawandel und Klimaschutz werden uns zukünftig permanent begleiten. Welche Rolle sollte die Stadt dabei einnehmen?
Sina Best: Die Stadt muss den Klimaschutz vorleben und durch einen Klimabeauftragten zunächst alle städtischen Gebäude, Anlagen und Betriebe auf den Prüfstand stellen, um diese dann sukzessive klimaneutral gestalten. In einem weiteren Schritt könnte zum Beispiel allen Interessierten eine kostenlose Erstberatung zum eigenen Klimaschutzbeitrag angeboten werden.
Gerd Fröhlich: Wir benötigen ein ganzheitliches Beratungskonzept, z. B. zur Unterstützung bei der Ausstattung vorhandener Dächer mit PV-Anlagen. Hier bedarf es gezielter Beratung bei der Projektierung von Anlagen bis hin zum Eigentumsübergang. Darüber hinaus ist die E-Mobilität mit Ladestationen aufzubauen.
Karsten Heyner: Als Schäfer habe ich stets eine ökologische und naturnahe Landwirtschaft betrieben. Ich kenne aber auch alle wirtschaftlichen Erfordernisse und aktuell die Sorgen vieler Menschen, ob sie zukünftig Stromrechnungen, Heizung und das Tanken noch bezahlen können. Wir werden jetzt erst erleben, was Klimaschutz bedeutet. Die Stadt muss selbst tun, was immer möglich ist und beispielsweise Bauleitplanungen anpassen. Das geht nicht, ohne die Bürger dabei mitzunehmen.
Sie finden die Printversion der Interviews in der Zeitung „Der Chatte“/2021-10, die diese Woche verteilt wird. (rs)
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