BAUNATAL. Häufig dann, wenn die Tagesordnung wenig Aufregendes verheißt, ist der Ansporn besonders groß, den einen oder anderen Satz mehr zu sagen. Und das sind gelegentlich solche, die man nicht unbedingt aussprechen muss. Worte zerstören, wo sie nicht hingehören. Aber der Reihe nach:
Wohnungen statt Schule und Museum
In Altenritte sollen im Gebäude des Heimatmuseums und der früheren Grundschule Wohnungen entstehen, so das Ziel eines gemeinsamen SPD/CDU-Antrages.
Christian Strube (SPD) erklärte die Absicht, dass der Geschichtsverein das Heimatmuseum an diesem Standtort aufgegeben wird und das Objekt als Ensemble mit der alten Grundschule, die dem Landkreis gehört verkauft werden kann. Dabei solle ausschließlich eine Nutzung für Wohnraum infrage kommen.
Edmund Borschel (B90/GRÜNE) wollte erinnern, dass es die GRÜNEN waren, die zuerst einen Antrag dazu formuliert hatten. Die Orientierung des GRÜNEN-Antrages sei in dem Antrag von SPD und CDU schließlich aufgegangen. Er hätte an dieser Stelle allerdings lieber einen Kindergarten gebaut.
Das wollte Sebastian Stüssel (CDU) nicht unkommentiert stehen lassen, und das Thema in ein anderes Licht rücken. Es gäbe viele Leute, die dort in die Schule gegangen sind. Die fragten sich natürlich, warum nicht die jetzigen Kinder? Ein Interessent habe aber ein Konzept vorgelegt, um mit dem Gebäude etwas zu realisieren. Der Museumsverein habe zugleich festgestellt, dass das Museum mit den ehrenamtlichen Vereinsmitgliedern so nicht mehr zu führen ist. Inzwischen hätten sich sogar mehrere Interessenten gemeldet. Derjenige mit dem besten Konzept und nicht mit dem höchsten Angebot solle den Zuschlag bekommen. Einen Handlungsdruck kann Stüssel nicht erkennen.
Stadtverordnetenvorsteher Rainer Heine (SPD) freute sich, dass die Stadt zum ersten Mal ein Gebäude mit einer Matrix verkauft. Der Kaufpreis spielt dabei nur zur Hälfte eine Rolle:
- Kaufpreis (50%)
- Gesamtkonzept (25%)
- Wohnraum (Anzahl Wohneinheiten und Wohnfläche) (10%)
- Angestrebter Mietzins (€1m2) (5%)
- Städtebauliche Eingliederung (5%)
- Umsetzung des Denkmalschutzes (5%)
Der Beschluss zur Vorbereitung des Verkaufs wurde am Ende einstimmig gefasst.
Streit über Sanierung der Sportanlagen am Langenberg
Ein inzwischen mehrjähriges Reizthema ist der sanierungswürdige und brandschutztechnisch unzureichende Zustand der Kulturhalle in Großenritte. Die Sanierung steht nun an. Erster Stadtrat Daniel Jung (SPD) erläuterte, dass jetzt West- und Ostfassade (teilweise) saniert werden und die Variante einer Lüftungsanlage eingeplant werden sollte.
- Udo Rodenberg (SPD) erläuterte die Idee einer automatischen Querlüftungsanlage, damit keine weiteren Gebäudeschäden eintreten.
- Dr. Reiner Oswald (FDP) findet, dass die Schäden einerseits Pfusch am Bau, aber andererseits der damaligen Zeit geschuldet sind. Dass im Bauausschuss bereits ausführlich diskutiert wurde hat ihm gefallen.
- Sebastian Stüssel (CDU) sieht die langfristige Ausrichtung der Sanierung als wesentlichen Zustimmungsgrund.
- Lothar Rost (B90/GRÜNE) erklärte, das der Sanierungsbedarf an der Sporthalle durch Schäden an den im Außenbereich nicht zulässigen Leimholzpfosten entstanden ist. Er sieht den Bedarf an Kompetenz im Bauamt und vermutet dort stattdessen SPD-Parteibücher. Wer billig baue erlebe Mängel. In der Kulturhalle möchte er wissen, auf wieviel Personen die Nutzung der Halle beschränkt sein wird. Einige GRÜNE würden sich enthalten, kündigte er an.
- Erster Stadtrat Daniel Jung (SPD) empfand die Unterstellungen von Herrn Rost nicht als hilfreich. Für 120 Personen bleibe die Halle nach der Sanierung zugänglich.
- Sebastian Stüssel (CDU) empfindet es als starkes Stück, dass Herr Rost, wenn es um die Sanierung einer Sporthalle geht, zu einer Generaldebatte um Parteibücher übergeht. Er erlebe stets die GRÜNEN als Mahner, zu billigen Preisen zu bauen. Die (nach der letzten Sitzung weltfremde) Idee mit den 8 Millionen Euro im Sportbad kam schließlich auch von den GRÜNEN. Eine Enthaltung, wie angekündigt, sei gar keine Haltung.
- Max Böttcher (SPD) erinnerte daran, dass einem Gebäude weder SPD-, CDU- noch GRÜNE-Gebäudeteile stecken.
- Edmund Borschel (B90/GRÜNE) dankte Parteifreund und Baufachmann Rost für die fachliche Darstellung und erzählte die Geschichte, dass man nach dem Bau der Sporthalle in Rengershausen einst festgestellt hatte, dass Großenritte dann auch eine adäquate Halle haben wollte. Eine der SPD nahestehende Person habe dann einen Plan geschmiedet für zwei Hallen, um sie kostengünstig zu errichten. Es tut den GRÜNEN weh, eine Maßnahme von 1,2 Millionen beschließen zu müssen, obwohl sie notwendig ist. In den nächsten 5 Jahren möchte er nicht hören, dass wieder Mängel auftreten. Jetzt müsse etwas für nächsten 15 bis Jahre entstehen.
- Andreas Mock (CDU) findet den Diskurs wichtig. Man müsse aber auch dazu stehen.
- Rainer Heine findet, es gehe nicht, dass Mitarbeiter der Verwaltung öffentlich diffamiert werden. Das dürfe es in diesem Hause nicht geben
- Dr Reiner Oswald (FDP) findet es wichtig, dass langfristig investiert wird. Die Vergangenheit könne man aber nicht ändern.
Bei der Abstimmung gab es tatsächlich 1 Enthaltung bei den GRÜNEN, nämlich die von Herrn Rost und 1 Gegenstimme. Bleibt eine überwältigende Mehrheit für das Sanierungsmodell.
Mehrgeschosswohnungsbau ist gemeinsames Ziel
in einem gemeinsamen Antrag aller vier Fraktionen (CDU, SPD, FDP, GRÜNE) ging es zum Ende der Sitzung um den Verkauf von städtischen Grundstücken zum Zwecke des Mehrgeschosswohnungsbaus.
Christian Strube (SPD) zog ein aktuelles Resümee: es stehen noch 4 Grundstücke für Mehrgeschosswohnungsbau zur Verfügung und die Stadt solle diese so bald wie möglich an einen Bauherrn beziehungsweise Investor verkaufen. So lautete der gemeinsame Antrag aller vier Fraktionen. Das ging nicht ohne einen Zusatz-Kommentar von Lothar Rost (B90/GRÜNE), der betonte, dass ein Mix aus Sozial-, Miet- und Eigentumswohnungen notwendig wäre.
Wartezeiten im Bürgerbüro wieder verkürzen
Ganz offensichtlich kommt es aktuell zu längeren Wartezeiten im Baunataler Bürgerbüro.
- Andreas Mock (CDU) möchte den Magistrat damit beauftragen, zu prüfen, wie sich die Wartezeiten im Bürgerbüro wieder auf Vor-Corona-Niveau zurückführen lassen. Das Bürgerbüro sei eine Errungenschaft von Manfred Schaub, die von vielen bei ihrer Einführung mitgetragen wurde. Es ging darum, die Bürger nicht durchs Rathaus irren zu lassen, sondern einen Ansprechpartner zur Verfügung zu stellen. Früher gab es auch Samstags-Öffnungen. Inzwischen beträgt für einen Personalausweis oder ein polizeiliches Führungszeugnis die Wartezeit 2 Monate. Das wäre für viele Menschen ein kritischer Zeitraum. Samstagsöffnung und ein dritter Arbeitsplatz wären zur Entlastung möglich. Irgendwann müsse, wie in anderen Bereichen, auch Präsenzbetrieb möglich sein.
- Erster Stadtrat Daniel Jung (SPD) dankte für das Aufgreifen des Themas, denn es gäbe einen erheblichen Nachholeffekt, Derzeit liegen die Anfragen dreimal höher als vor der Pandemie. Er sieht Potential in der Feinabstimmung der Terminvergabe, um mehr Durchlauf zu ermöglichen. Um den Stau abzubauen, solle Personal umgesetzt werden. Man müsse dann aber mit Defiziten an anderen Stellen leben.
- Dr. Reiner Oswald (FDP) hat mit dem Bürgerbüro eine gute Erfahrung gemacht, auch mit der Samstagsöffnung. Die Rückmeldung findet er aber wichtig. Es sei auch ein Signal an die Bürger, dass man sich kümmert.
- Christian Strube (SPD) hat die Erfahrung gemacht, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich wirklich Mühe geben. Jetzt häufen sich die Nachfragen.
- Edmund Borschel (B90/GRÜNE) fragt, ob es originäres Handeln des Stadtparlaments ist. Hätte das der Magistrat nicht auch von sich aus handeln können? Ihn interessiert, ob es eine personaltechnische Frage ist, oder eine räumliche, weil die Abstandsvorschriften nicht mehr Mitarbeiter zulassen. Bis November müsse es tatsächlich eine tragfähige Lösung geben.
Eine Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung fand der Antrag ohne Probleme.
Pokal geworden
Zum Ende der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung konnte Rainer Heine noch verkünden, dass eine Mannschaft der STAVO, verstärkt durch Ersten Stadtrat Daniel Jung beim (Eis-) Stockschießen einen Pokal errungen hat. Am 15. November, also erst nach der Bürgermeisterwahl, findet die nächste Sitzung der Stadtverordnetenversammlung statt, dann wieder mit Fragestunde. (Rainer Sander)