KASSEL. Sommer, Sonne … Süßkirschen? Dieses Jahr wohl kaum: Nicht nur der Sommer fiel ins Wasser, auch die Kirschenernte. Die Süßkirsche ist nach wie vor eine beliebte Sommerfrucht; das große heimische Sortenspektrum bietet geschmacklich für jede und jeden etwas.
Die letzten, spätreifen Süßkirschensorten sind „durch“. Michael Fischbach vom Pflanzenschutzdienst des RP Gießen und Eberhard Walther, Leiter des Süßkirschenversuchsbetriebes Wendershausen beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen, ziehen Bilanz.
Die Süßkirschensaison fasst der Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH) am Montag in einer Pressemitteilung so zusammen: Extrem schwierig und für das Gros der Obstbaubetriebe unwirtschaftlich und deprimierend. In Südhessen begann die Saison mit Spätfrösten, die regional zum Ausfall ganzer Sorten führten. Nahezu die ganze Blüte herrschte wechselhaftes, nasses, kühles Wetter vor. Dies zeigte sich später in Form von äußerst unterschiedlichen Reifeentwicklungen, aber auch variierenden Fruchtgrößen – oft schon innerhalb eines Baumes. Frühe regionale Hagelereignisse hinterließen ebenfalls Spuren, verbunden mit deutlichen Qualitätsverlusten. Die unterschiedliche Größensortierung und Reifeentwicklung machten mehrmalige Pflückdurchgänge notwendig. Sortiert wurde am Baum, in der Kiste und dann noch einmal in Betrieb auf dem Band, mit teils ernüchternden Ergebnissen.
Witterungsbedingt war eine stark verkürzte Erntezeit und der Ausfall ganzer Reifegruppen zu verzeichnen. So musste im Kirschenanbaugebiet Frauenstein die Pflücke aufgrund von Qualitätsmängeln und Vermadung bereits zwei Wochen vor dem eigentlichen Ernteende eingestellt werden. Zusätzlich zeigten sowohl Gelbfallenfänge wie auch Fruchtbeprobungen ein extrem starkes Auftreten der Kirschfruchtfliege (Kirschenmade) schon ab Beginn der Erntephase der frühen Sorten. In Ockstadt wurden ungewöhnlich früh (2. Erntewoche) bereits 125 Kirschfruchtfliegen in 100 unbehandelten Süßkirschen gefunden. Die Kirschessigfliege trat – entgegen den Erwartungen – in der Regel nur verhalten auf. Den Schädlingen mit Insektiziden beizukommen, war kaum möglich: Wechselhafte Witterung, Starkniederschläge und Wind machten es den Anbauern äußert schwer, Behandlungslücken zu finden. Oft wurden gerade ausgebrachte Beläge bereits nach wenigen Stunden wieder abgewaschen. Die Bekämpfung von Pilzkrankheiten war genauso fordernd; Fruchtfäulen waren kaum einzudämmen. Permanente Niederschläge mit vielen Starkniederschlagsereignissen führten zum Platzen ganzer Obstanlagen.
Auch in Nordhessen sah die Situation ähnlich aus. Winterfröste bis minus 22 °C hatten die Kirschbäume noch gut vertragen. Auf eine extrem lang gestreckte Blütezeit mit feuchtkühler Witterung folgte dennoch ein sehr hoher Fruchtansatz. Blütenfröste führten in Nordhessen nur in einigen Lagen zu Schäden an wenigen Sorten. Durch das Ausbleiben der sonst üblichen Fruchtfallperiode im Juni, das Röteln, verringerte sich der Fruchtansatz kaum. Die Folgen: sehr hohe Fruchtdichten an den Zweigen und ein uneinheitlicher, verzögerter Reifeverlauf. Die Bäume mussten mehrmals durchgepflückt werden. Dies erhöhte den Arbeitsaufwand und die Erntekosten enorm. Die Kirschenmade (Kirschfruchtfliege) trat dieses Jahr auch in nordhessischen Regionen zahlenmäßig sehr stark auf. Die gefürchtete Kirschessigfliege wurde bei den spätreifenden Sorten in großem Umfang festgestellt.
Und so verbleiben in ganz Hessen nach Abschluss der Süßkirschenernte viele Früchte an den Bäumen, da sie witterungsbedingt durch häufige Regenschauer aufplatzten und faulten – aus Sicht der Baumhygiene und mit Blick auf die nächste Saison jetzt schon eine belastende Situation für die hessischen Obstbauern. (pm)
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