250 Besucher beim Grüne Mitte Funk & Folk Open Air in Lohfelden
LOHFELDEN | SCHWALMSTADT | KASSEL | ROTENBURG. Über den Abend verteilt fanden rund 250 Besucher den Weg in die „Grüne Mitte“. Damit scheint die Gemeinde Lohfelden ein neues Veranstaltung- und Festivalgelände gefunden zu haben. Die beiden Bands Shiregreen (Rotenburg/Fulda) und Rocktail (Kassel) lieferten ein anspruchsvolles, abwechslungsreiches Programm.
Schon um 18:00 Uhr, eine Stunde vor Beginn, hatten sich die ersten Lohfeldener – perfekt ausgestattet mit Decke, Klappstuhl, Picknickkorb und manche sogar mit Wägelchen – eingefunden, um die besten Plätze zu sichern. Nach Shiregreen verließen einige eingefleischte Folkfans das Gelände, dafür kamen zu Rocktail einige nicht minder eingefleischte Funkfans hinzu. So lauschten etwa jeweils etwa 200 Besucher den einzelnen Acts.
Die Umstände nerven – ein Stück Normalität kommt zurück
„Die Umstände nerven“, stellte Bürgermeister Uwe Jäger zu Beginn fest und machte deutlich, warum die Gemeinde Lohfelden ein solches Konzert veranstaltete. Endlich wieder ein bisschen Normalität sei jetzt wichtig. Die Gemeinde möchte einerseits den Bürgern zeigen, dass wieder etwas geht und Musikern, die wie Klaus Adamaschek von Shiregreen als Berufsmusiker seit fast zwei Jahren tatsächlich eine „brotlose Kunst“ erleben, unterstützen. Die Musiker bedankten sich mit sich ausgesprochen emotionaler Musik und das Publikum mit Applaus, der von Herzen kam.
Dabei hatte die Gemeinde ein Zeitfenster für Wetter und Pandemiegeschehen erwischt. Der einzige warme Sonnentag seit mehr als einer Woche und vermutlich auch für die nächste Zeit und vielleicht einer der letzten Tage, bevor die Inzidenz wieder Einschränkungen beschert.
Entspannung und Time-Out mit Shiregreen
Shiregreen waren in Trio-Besetzung gekommen, also standen neben Klaus Adamaschek (Gitarre, Gesang, Mundharmonika) Paul Adamaschek (Bass, Cajon, Gesang) und Sascha Schmitt (Akkordeon) auf der Bühne und zeigten die ganze Bandbreite ihres Repertoires, das in 15 Jahren Bühnenpräsenz entstanden ist. Shiregreen ist in erster Linie eine Liveband, was sie mit dem ersten Live-Album, das jüngst erschienen ist, auch bewiesen hat. Die Musik schwebt dem Publikum entgegen, fängt es ein und lässt unweigerlich ein wohliges Gefühl von Entspannung und Time-Out entstehen. Die Texte nehmen mit auf eine gefühlvolle Reise durch Emotionen, Stationen und Ereignisse. Sie erzeugen Zustimmung, weil sie den Menschen aus der Seele sprechen und wenn sie kritisieren, dann stets auf eine friedliche und nachdenkliche Weise. Im Raum Kassel ist die Band noch nicht häufig aufgetreten und dürfte auch in Lohfelden jetzt einen neuen Fankreis gefunden haben. Viele Kenner der Musik waren auch aus dem Fuldatal angereist.
Groove und Drive mit Rocktail
Rocktail haben nicht den zweiten Platz beim Deutschen Rock Preis 2019 – unmittelbar vor Beginn der Pandemie – in Siegen nicht geschenkt bekommen, sondern sind es wert. Auch Sänger Jörn Birkenstock hatte dort die „Silbermedaillen“ erhalten. Gemeinsam mit Sängerin Beatrice Przybilla – und den Instrumentalisten im Background – entsteht als eines von vielen Markenzeichen der Band: ein mehrstimmiger gefühlvoller Gesang, der im Kontrast zum stets präsenten Groove und Drive von Drums (Albert Esipovich) und Basslinien (Markus Lebensieg) immer wieder neue Spannungsbögen knüpft. Die Saxophon-Untermalung und Soloeinlagen von Peter Zingrebe fügen sich stets als Höhepunkte in den band-typischen Sound ein. Die Gitarre von Toby Hartmann hält die Spannung mit schnörkellosen Akkorden und ist doch mit eingestreuten Soli immer wieder für Überraschungen und Aha- und Wah-Wah-Effekte gut. Die Texte sind teilweise Spiegel für bekannte Situation und manchmal poetische Bilder, die zusammen mit der Musik Fantasiewelten entstehen lassen. Auf jeden Fall bekommt man bei dieser seltenen Mischung aus Soul, Funk und Rock bei deutschen Texten Lust, sich zu bewegen. Das taten dann auch viele Besucher in Lohfeldens Grüner Mitte.
Wenn Gemeinde mit Eigenkompositionen vergrößert
Was beide Bands auszeichnet ist, dass sie sich überhaupt nicht auf bekannte Titel verlassen, sondern ausschließlich eigene Kompositionen spielen, und trotzdem haben sie sich damit inzwischen einen Fankreis „erarbeitet“, der seit gestern Abend etwas größer geworden ist.
Abstand, Hygiene und Einchecken ohne Probleme
Die Gemeinde Lohfelden hat die Technik bereitgestellt. nh24 hat die Veranstaltung mit organisiert und nach Kräften beworben und am Ende haben die zahlreichen Besucherinnen und Besucher mit ihren Spenden an die Musiker dafür gesorgt, dass sie nach mehr als eineinhalb Jahren Corona-Pause wieder einen bezahlten Auftritt erleben durften. Denn online, wie nh24- und Regioblick-Redakteur Rainer Sander in der Moderation sagte, ist nur für die Präsenz, sorgt aber nicht für Einnahmen. Das Einchecken über Luca App (und Liste für solche, die Apps ablehnen) bereitete keine Schwierigkeiten und das weitläufige Gelände sorgt für ausreichend Abstand. Heike Klein von der Gemeinde Lohfelden freute sich darüber, an dieser Stelle eine neue Location für Veranstaltungen entdeckt zu haben. Das abschüssige Terrain erinnert ein wenig an Amphitheater und war für die Konzertveranstaltung perfekt geeignet. Der Aussichtsturm diente zudem als wunderbare „Loge“. (Rainer Sander)