Hartmut und Claudia Eifert aus Lautertal-Hörgenau haben ihren Betrieb umgestellt – und sind überzeugt
LAUTERTAL. Es riecht nach frischem Heu. Und ein wenig nach Kuhstall auf dem Hof von Hartmut und Claudia Eifert aus Lautertal-Hörgenau.
Gerade kommt der Biolandwirt mit dem Traktor ums Eck, der Wender ist seit Wochen im Dauer-Ernteeinsatz. Dass Hartmut Eifert Zeit für einen Pressetermin hat, ist besonders, denn die Heuernte steht aktuell ganz oben auf der Prioritätenliste des Landwirts. Die Familie ist Teil der Initiative „Bio-Heumilch Rhön Vogelsberg“, einem Zusammenschluss der Ökomodellregionen Vogelsbergkreis, Rhön-Grabfeld und Fulda, sieben Bio-Höfen und weiteren Partnern. „Seit etwa drei Wochen sind wir mittendrin“, sagt er. Die Heuernte ist für den zertifizierten Bio- und Heumilch-Betrieb essenziell – und ist zeitintensiver. „Bei vielen Betrieben ist unter anderem der erste Silageschnitt in zwei Tagen erledigt“, sagt Eifert. Dann liegt das Gras gemäht, manchmal gehäckselt und verdichtet in Rundballen oder im Fahrsilo. So schnell gehe das beim Heu nicht, führt der gelernte Landwirt aus. Sie seien über Wochen hinweg mit der Heuernte beschäftigt, könnten dadurch aber qualitativ sehr hochwertiges Futter von den Wiesen holen. Dabei geben natürlich das Wetter und seine Heutrocknungsanlage den Rhythmus vor. Doch dazu später mehr.
Auf Heumilch haben die beiden vergangenes Jahr gesetzt – und ihren Betrieb umstrukturiert. Für Eiferts ist es eine Mischung aus Einstellung und Betriebswirtschaft, die sie zu diesem Schritt bewogen haben. Nun ist der Betrieb nicht nur nach Bioland-Richtlinien, sondern auch mit dem EU-Gütesiegel „Heumilch – garantiert traditionelle Spezialität“ zertifiziert. „Unsere Kühe sind nicht so anfällig, geben zwar weniger Milch, sind aber viel gesünder“, sagt der Biolandwirt. Die geringere Milchleistung werde durch den Ertrag ausgeglichen, die Milch eigne sich besser zur Herstellung von Käse, da insbesondere Clostridien-Bakterien, die die Käseherstellung beeinträchtigen können, und unter anderem über Silagefutter aufgenommen werden, bei Heumilchproduktion eine Nebensache seien. „Und außerdem ist es Teil unserer Philosophie. Wir wollen nachhaltiger wirtschaften, unseren eigenen Rhythmus finden und hochwertige Nahrungsmittel produzieren“, sagt Eifert. Ihnen selbst gehe es damit besser, „man steht weniger unter Druck, das Landwirt-sein ist etwas entspannter. Klasse statt Masse!“, unterstreicht Eifert seine Einschätzung. Die Kühe gehen in der Weidesaison von etwa April bis Oktober raus auf die Weide. Im Laufstall bekommen sie zusätzlich zum Heu noch Schrot aus eigenem Getreide und Erbsen sowie etwas Mineralfutter. Um dafür genügend hochwertiges Heu parat zu haben, haben sie sich eine Heutrocknung gebaut. „So kann ich den Zeitpunkt zum Mähen etwas flexibler bestimmen und die Ernte dann beginnen, wenn die Grasqualität am besten ist“, sagt Eifert. Allerdings müssen sie die Kapazität der Anlage, auf der 20 Rundballen gleichzeitig getrocknet werden können, im Auge behalten. Sie haben sich umgehört, in Internet-Foren gelesen, sich Informationen von Beratern geholt – und sich schließlich dazu entschieden, sich eine Anlage selbst zu bauen.
Das Dach eines alten Fahrsilos wurde mit einer Unterkonstruktion versehen, die nur zu einer Seite hin offen ist. Mit einem Ventilator wird Luft durch einen 2,50 Meter breiten und gut 15 Meter langen Kanal gedrückt. Auf den 20 Öffnungen sitzen die Heuballen und werden von der Luft durchströmt. „Die Luft wird unter dem Dach angesaugt und erwärmt sich dort. Am Ende ist die Luft dann gut zehn, zwölf Grad wärmer als die Umgebungstemperatur“, sagt Eifert. Das Heu trocknet so schneller – und sie sparen Bearbeitungsschritte auf der Wiese und reduzieren Qualitäts- und Mengenverluste. Die Anlage haben sie weitgehend selbst konzipiert und für sich mit einem überschaubaren finanziellen Risiko eine individuelle Lösung gefunden. Hin und wieder werde das belächelt – auch die Umstellung auf die Heumilch-Produktion. Doch das macht den beiden nichts aus. „Natürlich gab es auch Zweifel, ob das auch alles so funktioniert. Heumilch-Produktion ist anders – dazu gehört viel Überzeugung“, sagt Eifert. Ob sie sich wieder dazu entscheiden würden? „Es fallen keine gebratenen Tauben vom Himmel – aber es ist schön.“ Sie haben gelernt, mehr mit der Natur zu arbeiten. Das vergleichsweise späte Mähen für die Heuernte helfe der Natur: „Rehe, Kitze, Insekten, Gräser – all‘ das hat im Frühjahr mehr Zeit“, sagt Eifert, der etwa 95 Hektar bewirtschaftet.
Ihre Milch liefern sie aktuell nach Oberfranken. Doch perspektivisch möchten sie, als Teil der Initiative Bio-Heumilch Rhön-Vogelsberg, ihre Heumilch regional vermarkten. Die Kooperation der drei Ökomodellregionen Vogelsbergkreis, Rhön-Grabfeld und Fulda sowie sieben Bio-Höfen und weiteren Partnern hat sich zum Ziel gesetzt, regionale Verarbeitungs- und Vertriebsstrukturen aufzubauen, um Produktion, Konsum und Wertschöpfung einen regionalen Rahmen zu geben. Die Heumilch-Produktion und –Vermarktung könne für viele Betriebe eine Chance sein, um unabhängiger zu werden, sagt Mario Hanisch, Projektkoordinator Ökomodell-Region Vogelsberg. Zwar sei die Nachfrage da, aber regionale Produktions- und Vermarktungsstrukturen seien noch ausbaufähig. „Es geht darum, Vermarktungswege zu suchen, und zu finden, um so die Heumilch mehr in den Fokus zu rücken“, führt Hanisch aus. Die Initiative solle das ändern – weitere Betriebe könnten gerne Kontakt aufnehmen, um Informationen zu erhalten.
Die Sonne scheint aufs Hallendach. Die Trocknung läuft und Hartmut Eifert muss weiter. Der zweite Schnitt – das Grummet – muss nach der Mittagspause gewendet werden. (pm)
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