Pflegemedaille in Baunatal verliehen

Minister Kai Klose ehrt Hans-Jürgen Becker
BAUNATAL. Geteilte Freude ist doppelte Freude, konstatierte Silke Engler für die gestrige Zusammenkunft im Rathaus. Ein wunderbarer Anlass, so die Bürgermeisterin, als Bühne würdig, für einen Menschen, der außergewöhnliches leistet und das seit 23 Jahren. Der Hessische Minister für Soziales und Integration, Kai Klose, kam deshalb gestern im Zuge seiner Sommerreise nach Baunatal.

Dort wurde Hans-Jürgen Becker mit der Pflegemedaille des Landes Hessen ausgezeichnet. Der Minister erklärte, dass üblicherweise die Ehrungen im Schloss Biebrich stattfinden, was in der aktuellen Corona-Situation so nicht möglich ist.

Verbeugung vor 23 Jahren Pflege für Ehefrau und Angehörige

Der Hans-Jürgen Becker aus Baunatal kümmert sich um seine pflegebedürftige Ehefrau, die seit 23 Jahren an Multipler Sklerose (MS) leidet, aktuell in den Pflegegrad 5 eingestuft und zu 100 Prozent behindert ist. Ein Schlaganfall hat die Situation zusätzlich verschlimmert. Die Pflege, Arzttermine und der Haushalt sind zu organisieren. Auch die Bedürfnisse der Kinder waren von Herrn Becker weitgehend allein zu erfüllen, von 2007 bis 2012 kam die Betreuung der ebenfalls pflegebedürftigen Schwiegereltern – nach Reha und durch Diabetes – hinzu und auch die eigene Mutter war bis zu ihrem Tod im vergangenen Jahr auf Hilfe angewiesen. Minister Klose bezeichnete diese Leistung als außergewöhnliche und selbstlose Nächstenliebe, vor der „wir uns verbeugen“.

Familie Becker wollte so lange wie möglich zu Hause zusammenbleiben, und die dafür erbrachte Leistung verlange Respekt. Er wisse, so Klose, dass viele pflegende Angehörigen nicht über ihre freiwillig erbrachte Leistung sprechen. Für die meisten sei es selbstverständlich. Aber was sie für die Angehörigen tun, leisten sie damit auch für die Gesellschaft. „Die Hessische Landesregierung würdigt Sie deshalb mit der Pflegemedaille für herausragende Leistungen. Das macht Sie für die meisten Menschen zum Vorbild.“ Trotz aller Zweifel, die sicher gelegentlich kommen, und trotz aller Belastungen, war es für Herrn Becker immer eine Herzensangelegenheit. Bei allen Anstrengungen war die Tätigkeit immer eine sinnvolle und das aus vielen Gründen, wie Nächstenliebe, Dankbarkeit, Pflichtgefühl und dem Wunsch heraus, füreinander zu sorgen. Das eigene Leben habe in der ganzen Zeit oft zurücktreten müssen.

Silke Engler möchte, dass die Ehrung auch anderen Menschen Mut macht, denn bei aller Diskussion um Pflege und darüber, was sie der Gesellschaft wert sei, wäre es schön, wenn es viele Nachahmer gibt, die sich um ihre Angehörigen kümmern. Wo sonst, wenn nicht zu Hause, soll man Geborgenheit empfinden? Vorgeschlagen wurde Herr Becker durch den ehrenamtlichen Stadtrat Luigi Coppola.

Hans-Jürgen Becker erklärte die Situation selbst so: „Wenn Angehörige erkranken, ändert sich das Leben für beide Seiten radikal. Alle Wünsche und Erwartungen Rinnen zwischen den Fingern und statt schöner Ausflüge folgt ein jahrelanger Weg mit vielen Arztbesuchen.“ Aber sie haben sich einst versprochen, in guten und in schlechten Zeiten füreinander da zu sein.

Hintergrund: Pflegemedaille des Landes Hessen

Mit der vom Hessischen Ministerpräsidenten gestifteten Pflegemedaille wird der Einsatz pflegender Angehöriger gewürdigt. Sie wird seit 2004 an Bürgerinnen und Bürger verliehen, die einen pflegebedürftigen, kranken oder behinderten Menschen unentgeltlich zu Hause mindestens fünf Jahre gepflegt oder betreut haben. Auch Arbeitgeber sind gefragt, um pflegende Angehörige zu unterstützen, damit diese ihren Beruf nicht aufgeben müssten, so Klose: „Um die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege zu verbessern, haben wir vor einigen Jahren zusammen mit der Wirtschaft die hessische Initiative zur Vereinbarkeit von Beruf und Pflege ins Leben gerufen. Inzwischen sind 264 hessische Unternehmen und Betriebe Mitglieder unserer Initiative.“ (rs)

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