TRENDELBURG. Die Herrenhausruine im Wasserschloss Wülmersen ist vollständig überdacht. In den vergangenen Jahren war immer deutlicher geworden, dass die Mauerreste der Ruine nicht fachgerecht gesichert worden waren. Durch das ständige Eindringen von Niederschlägen und Frosteinwirkung im Winter entstanden schwere Schäden.
Diese zeigten sich an den Fugen des Sandsteinmauerwerks, dem Fußboden und vor allem in den historischen Gewölbekellern.Die Gewölbekeller mussten zuletzt sogar wegen Steinschlag für Besucher gesperrt werden. Es bestand dringender Handlungsbedarf, um die Standfestigkeit der Ruine langfristig zu sichern.
Das Landesamt für Denkmalschutz hatte als optimalen Schutz eine komplette Überdachung der Herrenhausruine empfohlen, um das weitere Eindringen von Niederschlagswasser und damit ein Fortschreiten der Verwitterung zu verhindern. Wichtig war bei den Überlegungen, einen Raum zu schaffen, der neben dem Witterungsschutz eine ansprechende Atmosphäre und genug Lichteinfall für die Durchführung von Veranstaltungen bietet. Gleichzeitig sollte die Außenwirkung des markant im Diemeltal liegenden Ensembles nicht beeinträchtigt werden.
Inspiriert durch das Solardach der Herwig-Blankertz-Schule in Wolfhagen, entstand die Idee einer Überdachung mit Glas-Solarmodulen auf Stahlträgern. Für das Wasserschloss Wülmersen ergeben sich durch die neue Überdachung gleich mehrere Vorteile. Die Herrenhausruine erhält einen dauerhaften Schutz vor Niederschlägen. Dabei entsteht ein wettergeschützter Raum mit besonderer Atmosphäre, der für Veranstaltungen, Trauungen, Feiern oder Firmenevents nutzbar ist. Gleichzeitig dient das Solardach der Gewinnung erneuerbarer Energie, die am Diemel-Radweg direkt zum Beispiel an einer Ladestation für E-Bikes genutzt werden kann.
Um für den Eigenbetrieb Jugend- und Freizeiteinrichtungen, zu dem das Wasserschloss Wülmersen gehört, die finanzielle Belastung so gering wie möglich zu halten, „haben wir uns dafür entschieden, den westlichen Teil der Ruine mit einem Holzdach zu überspannen, das in Eigenleistung kostengünstig erstellt werden konnte“, berichtet Siebert. Dieser Teil der Ruine dient als Backstage-Bereich für Veranstaltungen.
Die Gesamtinvestition für die Stahlunterkonstruktion des Photovoltaikdaches lag bei rund 160.000 Euro. Hierfür konnte der Eigenbetrieb eine Förderzusage für LEADER-Fördermittel in Höhe von rund 90.000 Euro erhalten. Mit dem Bau der Überdachung wurde im September 2019 begonnen. Die lichtdurchlässige Photovoltaik-Anlage wurde vom Verein Energie 2000 e.V. in enger Kooperation mit den Architekten geplant und im Auftrag der Planungs- und Betriebs GmbH des Landkreises Kassel errichtet. Durch die gute Kooperation aller Beteiligen gelang es, ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept für die Realisierung zu entwickeln.
Um einen möglichst großen Anteil des erzeugten Stroms direkt im Wasserschloss nutzen zu können, wurde in die Baumaßnahme ein neu entwickelter Stromspeicher eines regionalen Unternehmens installiert. Dieser verfügt neben seinem modularen Aufbau auch über ein ansprechendes Design und ist gemeinsam mit Wechselrichtern und Überwachungstechnik im Glockenturm untergebracht. Die Leistung der neuen Photovoltaikanlage beträgt 27 Kilowatt. Der Speicher hat eine Kapazität von 10 Kilowatt/Stunde. Insgesamt können damit im Durchschnitt 55.000 Kilowatt/Stunde Strom pro Jahr erzeugt.
Mit Inbetriebnahme dieser Anlage wird im Wasserschloss mehr Strom erzeugt als verbraucht. Da die Beheizung schon seit 2007 hauptsächlich über den Holzpelletkessel erfolgt und es bereits eine seit 2008 eine Photovoltaikanlage auf dem Dach der Museumsscheune gibt, „kann der Betrieb des Wasserschlosses nun als klimaneutral bezeichnet werden“, so Landrat Andreas Siebert. Die von der Planungs- und BetriebsGmbH getragenen Kosten für die Photovoltaikanlage und das Speichersystem betrugen rund 95.000 Euro.
Hintergrund:
Der Eigenbetrieb Jugend- und Freizeiteinrichtungen betreibt das Wasserschloss Wülmersen als Gruppenunterkunft mit LandMuseum und Café. Gleichzeitig sind hier Lernwerkstätten der landkreiseigenen Beschäftigungsgesellschaft AGIL gGmbH untergebracht. Der Eigenbetrieb hat es sich zum Ziel gesetzt, das historische Areal durch eine vielfältige touristische und kulturelle Nutzung zu beleben und damit gleichzeitig Impulse in einer strukturschwachen Region zu geben.
Als Ende der 1980er-Jahre der Wiederaufbau der fast verfallenen Hofanlage begann, wurde aus Kostengründen entschieden, die Herrenhausruine nicht komplett wiederaufzubauen. So wurden nur die Mauerreste vor weiterem Verfall gesichert. Seit 2013 findet in der besonderen Atmosphäre der alten Gemäuer in den Sommermonaten die SommerKultur Wülmersen statt, organisiert vom Förderverein für das Wasserschloss Wülmersen e.V. Zum Schutz der Besucher wurde dafür in den letzten Jahren jeweils für circa drei Monate ein Zeltdach über die Ruine gespannt. (pm)
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