Die Machbarkeitsstudie als Motor für die weitere Frankenberger Stadtentwicklung
FRANKENBERG. Die hessische Landesgartenschau wird wie berichtet nicht in Frankenberg (Eder) stattfinden – zumindest nicht 2027. Für Frankenberg war die ganze Bewerbung dennoch ein Gewinn, wie Bürgermeister Rüdiger Heß schon direkt nach der Absage verlauten ließ.
„Die Erkenntnisse der Machbarkeitsstudie packen wir jetzt nicht in die Schublade, sondern verwenden sie ganz konkret für die weitere Entwicklung der Stadt.“, so Heß. „Vieles von dem, was wir in den kommenden Jahren für die Stadt planen, sind Ideen aus der intensiven Bürgerbeteiligung für die Bewerbung. Es geht um Verbesserungen in den Bereichen Vernetzung, Ökologie, grüne Infrastruktur und Klimaanpassung. Wir wollen den Weg trotz der Absage wie geplant weitergehen.“
Die mit zwei Planungsbüros extra für die Landesgartenschaubewerbung angefertigte Machbarkeitsstudie zeigt vorhandene Qualitäten der Stadt genauso auf wie entwicklungshemmende Barrieren. „Die Qualitäten gilt es in Zukunft weiter zu stärken, die Barrieren zu überwinden“, gibt der Bürgermeister die Richtung vor. Oft gehe beides Hand in Hand, bei der weiteren Entwicklung werde Wert darauf gelegt, Bestehendes aufzuwerten und gleichzeitig Neues zu schaffen.
„Eine der Qualitäten ist das ehemalige Kloster Sankt Georgenberg. Die Bürgerbeteiligung hat entscheidende Impulse für die Bewertung und Entwicklung des Klosterumfelds gebracht – mit dem Ergebnis, dass sich Stadt und Landkreis auf einen kurzfristigen Abriss des Ostflügels mit anschließender Neugestaltung des Geländes geeinigt haben“, erklärte Bürgermeister Heß weiter. Voraussichtlich noch 2021 solle mit den Arbeiten begonnen werden. Der jetzige Parkplatz werde zum Teil entsiegelt, die Garagen würden abgerissen und die gesamte Fläche neu strukturiert. „Die Parkplätze bleiben erhalten, aber das ehemalige Kloster wird mit dem Abriss wieder besser zur Geltung kommen.“ Zusammen mit dem bereits realisierten Ederuferpark sei dort dann „alles aus einem Guss“.
Ganz konkret ist indes auch die Renaturierung des Ederzuflusses Nemphe, der vor allem im Bereich des Klosters derzeit noch ein unterirdisches Dasein fristet. Die Nemphe wurde ins Programm „100 wilde Bäche für Hessen“ aufgenommen, dem Renaturierungs-Modellprogramm des Landes Hessen. „Die Renaturierung bringt einen großen ökologische Mehrwert – mitten in der Stadt“, kündigt Heß an. Die Förderung des Landes beträgt bis zu 95 % der Kosten. Darüber hinaus werden die Anrainer-Kommunen Frankenberg und Burgwald bei der Projektsteuerung und -planung, dem Flächenmanagement sowie der organisatorischen Abwicklung unterstützt.
Eine besondere Stellung in der Stadt nimmt die Eder ein. Denn der Fluss steht für beides, ist einerseits zunehmend Lebensader und Wohlfühlort mitten in der Stadt, andererseits auch ein Hindernis, das die Stadt zerteilt. Der komplette Verkehr läuft im Stadtkern über zwei Autobrücken. Bereits im städtischen Radverkehrskonzept wurde – im Sinne einer barrierefreien und sicheren Infrastruktur – die Notwendigkeit von zusätzlichen Ederbrücken für Fußgänger und Fahrradfahrer erkannt. Diesen Bedarf hat die Machbarkeitsstudie für zwei Brücken klar bestätigt: Die eine etwa auf Höhe des Wildparks, um sowohl den Wildpark als auch die Stadtteile Viermünden und Schreufa besser und nahmobil an die Stadt anzubinden; die andere, um auch für die Bewohner des Ederdorfs eine direktere und sichere Anbindung an die Innenstadt zu schaffen. Dort wohnen aktuell immerhin rund 40 Prozent der Kernstadtbevölkerung. Der Verkehr stadteinwärts ballt sich darum jeden Tag auf der Röddenauer Straße, was sie zu einer der vielbefahrensten Straßen der Stadt macht. Sie soll durch die zusätzliche Brücke entlastet werden. Die Planungen für beide Brücken sind bereits konkret angelaufen.
„Stadtplanung ist ein dynamischer Prozess“, verdeutlicht Karsten Dittmar, Leiter des städtischen Fachdienstes Stadtentwicklung und Umwelt, der auch die Machbarkeitsstudie betreut hatte. „Man muss dabei immer schon ein paar Jahre vorausdenken, Planungen anpassen und erweitern.“ Auch wenn Frankenberg derzeit das große Wohngebiet an der Marburger Straße entwickle, müsse man weiter in die Zukunft blicken. „Eine mögliche Erweiterungsfläche im Südosten ist aktuell durch die ehemalige Kreisstraße K117 von der Stadt getrennt. Die Machbarkeitsstudie hat aufgezeigt, dass ein Rückbau eines Teils der Straße viele positive Effekte hätte“, erklärt Dittmar. So behindere der Straßendamm unter anderem die Frischluftzufuhr für die Stadt. Das Teichgelände könnte zudem als Stadtpark nach Süden erweitert werden, neue Fuß- und Radwegeverbindungen auch zum Bockental wären möglich. „Das ist ein spannender Ansatz, den wir in Zukunft weiterdenken wollen“, so Dittmar.
An konkreten Vorhaben kommt für die nächsten Jahre hinzu, was in der Machbarkeitsstudie als „flankierende Maßnahmen“ angeführt wird. „Das größte Projekt davon ist sicherlich die Neugestaltung von Ober- und Untermarkt, die innerhalb der nächsten drei Jahre umgesetzt werden soll“, berichtet Bürgermeister Heß. „Auch hier sind die Planungen bereits angelaufen.“
Eine erneute Bewerbung für die Landesgartenschau schließt Heß nicht aus: „Frankenberg hat das Zeug dazu und geht gestärkt aus der Bewerbungsphase hervor. Ich hoffe darauf, dass das Land Hessen die Gartenschau in Zukunft häufiger durchführt. Für den Moment verfolgen wir erst mal weiter den eingeschlagenen Weg.“ (wal)
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