Stadtverordnete beschließen Klinik-Ankauf im Livestream
HOMBERG/EFZE. Am Donnerstagabend tagte die Stadtverordnetenversammlung Homberg Live und im Livestream. Um die Öffentlichkeit durch Corona nicht auszuschließen, beschlossen die Stadtverordneten, dass die gesamte Sitzung im Internet über die städtische Internetseite übertragen wird.
Investor darf Como-Wohnpflegeheim bauen
Zur „Errichtung eines zweigeschossigen Como-Wohnpflegeheims mit 36 Bewohnerplätzen und oberirdischen Stellplätzen, darf ein Münchner Projektträger, beziehungsweise die zur Unternehmensgruppe gehörende französische Projektgesellschaft, mit Sitz in Paris, einen Teilbereich in Größe von circa 4.700 Quadratmetern der städtischen Fläche zwischen Pommernweg und Rudolf-Harbig-Straße erwerben. Der Kaufpreis beträgt 80,00 €/qm, was einem Gesamtkaufpreis von 376.000,00 Euro entspricht. Das Grundstück liegt im rechtskräftigen Bebauungsplan Nr. 17/4 der Kreisstadt Homberg (Efze) und wird als Fläche für den Gemeinbedarf ausgewiesen. Der Projektträger wird vorab eine Bauvoranfrage bei der Unteren Bauaufsichtsbehörde des Schwalm-Eder-Kreises einreichen, um die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens im Vorfeld abzusichern.
Zur Sache äußerte sich nach Zustimmung aus den Ausschüssen lediglich Klaus Bölling (B90/GRÜNE). Das Grundstück läge an der Peripherie, nicht mittendrin. Er habe die Umsatzrendite des Trägers studiert 14,8 Prozent würden klarmachen, dass nicht in die soziale Infrastruktur Hombergs investiert werde, sondern in die Renditeerwartungen. Die Einnahmen sind von den Deutschen Sozialsystemen gesichert, der Personalstand werde an der untersten Grenze gefahren. Erkenne keine mit Gewerkschaften verhandelten Tarifverträge. Ein anderer privater Investor habe gerade bewiesen, wie sorgfältig er mit Investitionen umgehe. Der Abschluss eines Kaufvertrages wurde ohne die Stimmen von BÜNDNIS 90/GRÜNE genehmigt.
Ebenfalls einstimmig verabschiedet wurde der Verkauf der städtischen Immobilie „Freiheiter Straße 17“ zum gutachtlich festgestellten Verkehrswert von 75.000,00 Euro an die KBG Homberg eG und von zwei Baugrundstücken im Stadtteil Holzhausen (Wichtelhecke) für 68.000 Euro.
Klinikareal – Kaufvertragsangebot von Asklepios
Dass der Betrieb von Kliniken, wie der Schwalm-Eder-Kliniken, strikt nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen und Regeln erfolgt und dabei in den Augen vieler Menschen nicht immer mit den Erfordernissen der Gesundheitsversorgung und geltenden Verträgen oder Vereinbarungen korrespondiert, was zumindest der Schwalm-Eder Kreis durch die aktuelle Klage gegen den Asklepios-Konzern Ausdruck bringen möchte, haben vor allem die Homberger zu spüren bekommen. Ziemlich schnell, nachdem Asklepios die drei Kliniken in Schwalmstadt, Melsungen und Homberg vor ein paar Jahren für einen Euro gekauft und zusätzlich Darlehen erlassen und Zuschüsse bekommen hat, wurde die Klinik in Homberg geschlossen. Dass der Konzern jetzt die ziemlich heruntergekommene Homberger Immobilie für einen Euro verkauft (immerhin 200 Prozent Rendite auf den Kaufpreis) besiegelt das, was lange bekannt ist. Es wird in Homberg keine Klinik mehr geben. In der Kreisstadt hat der Pragmatismus inzwischen gesiegt, was man nicht ändern kann, lässt sich nur akzeptieren, durch Jammern und Klagen wird nichts anders.
Nach einem Moderationsprozess und Gutachten zu den Folgen einer Kaufentscheidung bleibt eine nüchterne Erkenntnis, die in dem einstimmig gefassten Beschluss zum Kauf der Immobilie klar formuliert ist: „Nach gegenwärtigem Erkenntnisstand ist damit zu rechnen, dass im Falle einer Entwicklung des ehemaligen Krankenhausgeländes durch die Stadt Homberg (Efze) die Kosten für Rückbau und Erschließung die Einnahmen durch Grundstücksverkäufe deutlich übersteigen werden. Es ist mit einem nicht refinanzierbaren Anteil an Entwicklungskosten von bis zu 2.000.000 EUR zu rechnen.
- Bernd Herbold (SPD) votierte für den Ankauf zu 1 Euro, um jetzt als Stadt entwickeln und gestalten zu können. 2007 sei Homberg unverschuldet in die Situation, als das Klinikpaket für 1 Euro verkauft wurde und Zuschüsse flossen. Damals hatte Stadt bereits Interesse zum Kauf angemeldet, „aber Asklepios wollte das Gebäude platt machen und Asklepios geht auch über Leichen“. Das Gebäude vergammelt immer weiter, so Herbold. Das Gelände sei aber Ideales Bauland, vielleicht mit einer Pflege-Einrichtung, vielleicht auch mit medizinischer Grundversorgung. Das entstehende Baugebiet werde Strahlkraft haben und Homberg werde gewinnen. Dafür muss die Stadt Geld in die Hand nehmen.
- Achim Jäger (FWG) erkennt eine Entscheidung mit Tragweite und Risiko. Keiner weiß, was möglich sein wird. Der Kauf löst Kosten für Abriss und Entsorgung aus. Selbst, wenn alles verkauft wird, dürfte ein Verlust stehen bleiben. Er begrüßte, dass dies transparent und offen behandelt und diskutiert wird. Der Schritt sei absolut notwendig, um den Verfall der Immobilie zu stoppen, die Planungshoheit zu behalten und nicht Glücksrittern das Feld zu überlassen. Vielleicht könne man Teile des Objekts weiter nutzen, vor allem aber unter aktuellen Klimaschutz-Bedingungen, ein neues Stadtviertel entwickeln.
- Christian Haß (CDU) sieht eine einfache Entscheidung: Entweder sind beschäftigt mit der Frage „was machen wir da“ oder mit der Erkenntnis „das steht ja immer noch da“. Heute ist das einst neun-geschossige Bettenhaus ein negatives Symbol für die Stadt. Er habe sich die Situation schlimm vorgestellt, aber nicht so schlimm. 7 Millionen Euro Kosten für 30.000 Quadratmeter Fläche. Vielleicht lasse sich hier bald mehr Energie erzeugen, als verbraucht wird, so seine Hoffnung. Dazu gehöre auch Aufenthaltsqualität zu entwickeln. Die Stadtverordneten sind gut vorbereitet wie noch nie in eine Entscheidung gegangen, dank hervorragender Gutachten.
- Marcel Smolka (B 90/GRÜNE) signalisiert ebenfalls Zustimmung, empfindet es aber als illusorisches Projekt. Mit der Kreisentscheidung habe der Untergang Fahrt aufgenommen und eine fiese Situation sei entstanden. Er ist nicht nur von Asklepios, sondern auch vom Schwalm-Eder-Kreis enttäuscht. „Die Zahlen sind erschreckend. Wir werden mindestens 2 Millionen drauflegen.“ Man lebe in einer Zeit von Klimawandel und Verlust von Biodiversität, was bei allen Planungen jetzt eine Rolle spielen müsse.
- Dr. Martin Herbold (SPD) glückte der Versuch, den Sack zuzumachen: „Es wird uns nicht nur Monate beschäftigen, sondern stadtprägend sein für Jahrzehnte.“ Natürlich habe man sich gewünscht, einen Konzern wie Asklepios in die Pflicht nehmen zu können, der moralische Verantwortung übernimmt. Die Geschlossenheit der Gremien sei jetzt wichtig. „Wir treffen heute die Entscheidung für einen wichtigen Prozess und haben ab morgen das Heft des Handelns in der Hand. Die Transparenz muss bleiben!“
Freizeitanlage an der Efze und Baugelände an der Hohlebachmühle
Um das Naherholungsgebiet an der Efze zu erweitern wurde der Kauf von Grundstücken der Kleingartenanlage an der Bahnhofstraße bei einer Enthaltung beschlossen. Einschließlich der dazugehörigen Teilbereiche des Mühlengrabens, so die Beschlussvorlage, würde der Stadt die Möglichkeit geboten, eine fast durchgängige städtebauliche Entwicklungsfläche, beispielsweise mit Erholungs- und Freizeitanlage zu schaffen.
Am Grüning erwirbt die Stadt Homberg zur Schaffung weiterer Bauflächen zwischen Möbelhaus, Hohlebachmühle und Efze, eine Fläche von 8.000 Quadratmetern. Der Beschluss erfolgte einstimmig ohne Diskussion.
Holzhäuserstraße wird städtisch
Der Erwerb der Häuser in der Holzhäuser Straße 23 bis 27, wie Stadtverordnetenvorsteher Jürgen Thurau es nannte, „keine schöne Eintrittskarte für Homberg“, wurde nach kurzer Diskussion beschlossen:
Christian Haß (CDU) stellte fest, es sei tatsächlich der Eintritt in die Stadt. Die CDU habe ein Problem mit Hausummer 27 wegen des Preises. Er möchte klären, ob man das weiterverkaufen oder ob die Stadt das behalten und sanieren muss. Daher enthielt sich die Union.
Klaus Bölling (B90/GRÜNE) fand indes, der Kauf mache nur dann Sinn, wenn man alle Gebäude übernimmt. Gerade die 27 sei das wertige, denkmalgeschützte Haus. Die Chance liegt in der Entwicklung des Areals insgesamt.
Bernd Herbold (SPD) möchte sogar am liebsten das Haus oben drüber auch noch einbeziehen. Die 27 kann ein Schmuckstück werden, findet er.
Achim Jäger (FWG) stellte klar fest: die Stadt ist kein Makler. Die FWG ist nicht dafür alle leerstehende Häuser zu kaufen. Hier sei die Stadt aber tatsächlich gefordert. Aufgrund des Zustandes werde es keine Wettbewerber geben. Er stimmt Herrn Herr Bolz zu, vielleicht könne man auch die 21 dazukaufen.
Einstimmigkeit bei Kanal, Gemeinschaftskasse und Wassergebühren
Einstimmig beschlossen die Stadtverordneten im Zuge des Ausbaus des „Abel-Becker-Weg“ die dringend notwendige Sanierung des Kastenkanals zur Ableitung von Regenwasser für 130.000 Euro.
Den Beitritt der Gemeinde Knüllwald zur Gemeinschaftskasse (bisher Homberg, Frielendorf und Schwarzenborn) befürworten die Homberger Stadtverordneten ebenfalls einstimmig. Genauso einstimmig fiel der Beschluss, die vom Wasserverband Gruppenwasserwerk Fritzlar-Homberg entschiedene Preiserhöhung von 1,80 Euro auf 2,00 Euro netto in die Wasserversorgungssatzung aufzunehmen.
Auf Antrag der CDU-Fraktion wird der Magistrat beauftragt, den Verbot von Schottergärten in zukünftigen Bebauungsplänen zu prüfen.
Bahn oder Radweg?
Einstimmig beauftragten die Stadtverordneten den Magistrat damit, im Zusammenwirken mit dem Landkreis und den Nachbarkommunen auf ein Gutachten hinzuwirken, das prüft, ob die Wiederaufnahme des Personennahverkehrs auf der Eisenbahnstrecke Treysa – Homberger – Malsfeld realisiert werden kann.
Die FWG hat den Antrag, der gemeinsam verändert wurde, eingebracht und
- Christian Utpatel (FWG) begründete ihn mit der Notwendigkeit, den Stillstand aufzubrechen in der Frage, ob nun die Kanonenbahn reaktiviert oder ein Radweg gebaut wird: „Die Situation ist, dass einige die Bahn wollen, andere den Radweg und wieder andere wollen die Biotope erhalten.“ Alle gemeinsam wollen aber die Natur schützen. Stattdessen werde blockiert und der Autoverkehr laufe weiter. Jetzt seit Zeit, die finale Bewertung mit einem Gutachten herbeiführen.
- Klaus Bölling (B90/GRÜNE) will erst wissen, was das Gutachten kostet und welche Kommunen sich beteiligen.
- Christian Haß (CDU) betonte, der Antrag gehe vom Zusammenwirken der Kommunen aus und ohne den Kreis gehe es nicht. Der Antrag der FWG kam zu einem guten Zeitpunkt, jetzt entscheide man zu einem sehr guten Zeitpunkt: „Heute hat das Land gerade mehr Mittel zur Reaktivierung alter Schienenverbindungen in Aussicht gestellt.“
- Dr. Martin Herbold (SPD) betonte, das Gesamtprojekt müsse gemeinschaftlich finanziert werden und es ginge nicht darum, Bahn gegen Rad ausspielen. Jetzt aber müsse eine Entscheidung herbeigeführt werden.
Homberg wird sicherer Hafen
Bei sechs Enthaltungen und zwei Gegenstimmen folgten die Stadtverordneten einem Antrag der GRÜNEN, der die Initiative „Seebrücke – Schafft sichere Häfen“ unterstützt. Klaus Bölling (B90/GRÜNE) betonte, er wolle keine Asyl-Grundsatzdiskussion, „denn wir werden die Welt nicht ändern von hier aus. Trotzdem müssen Menschen gerettet werden.“
Grüne Vielfalt in Homberg
Die Kreisstadt Homberg (Efze) braucht eine neue kommunale Feldwegesatzung, um den Erhalt der Feldraine und Feldwege als Naturflächen und ökologische Rückzugsorte zu fördern, so lautete ein Antrag der GRÜNEN. Die bestehende Feldwegesatzung aus dem Jahr 1975 soll daher grundlegend überarbeitet und ergänzt werden, um den heutigen Ansprüchen zu genügen. Das entschieden die Stadtverordneten nach abwechslungsreicher Diskussion bei einer Enthaltung.
- Marcel Smolka (B90/GRÜNE) beklagt das Verschwinden von Randstreifen, ganzen Wegen sowie Grenzsteine. Der eingebrachte Entwurf sei HGO-konform.
- Rainer Hartmann (SPD) stellte fest, Feldwege sind oft gar keine Feldwege mit einst blühenden Randstreifen mehr oder verschwinden.
- Alwin-Theo Köhler (FWG) findet, die Situation sei komplexer, daher müsse an die Ausschüsse verweisen werden, um Jäger und andere Gruppen zu beteiligen.
- Ulrich Krug (CDU) ist Landwirt, habe die Satzung gesehen und Schreck bekommen. Er wünscht sich einen Dialog mit den Betroffenen. Es handele sich um Wirtschaftswege. Die Stadt möge bitte darauf eingehen, welche Interessenskonflikte es gibt. Der Vorschlag bereite den Nahrungsmittelerzeugern Probleme.
- Parteifreund und Fraktionsvorsitzender Christian Haß (CDU) findet hingegen, die Nutzungsvielfalt steckt im Antrag drin. Natürlich müsse man mit allen Beteiligten sprechen.
- Gerhard Barton (CDU) möchte außerdem Obstbäume erhalten, die als Lebensräume dienten. Sie dürfen nicht durch Maschinen beschädigt werden.
Christian Utpatel hört auf
Zum Schluss der Sitzung erklärte Christian Utpatel, dass er alle Ämter niederlegen werde. Nach zehn Jahren Ruhestand wird er jetzt doch wieder Gemeindepfarrer in der Stadt. Ein Pfarrer müsse politisch neutral sein. Der Schritt sei ungewöhnlich unmittelbar nach einer Neuwahl, aber vor einem halben Jahr, als die Listen aufgestellt wurden, war das nicht absehbar.
Hinweis:
Die beiden FDP-Stadtverordneten waren erkrankt, daher wurden FDP-Anträge nicht behandelt. (Rainer Sander)
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2 Kommentare
Anscheinend macht sich ausser den Grünen keiner Gedanken um seine Angehörigen oder gar in Zukunft um sich selbst. Da wird ein Grundstück an eine Investor verkauft, der offensichtlich an seine Rendite denkt. Die Verantwortung darüber, das aus wirtschaftlichen Gründen anstatt auf pflegerische und Gesundheitsvorsorge geschaut wird, müssen die Stadtverordneten dann auch tragen. War der Verkauf der Klinik nicht Beispiel genug? Nur eins von vielen Beispielen
https://www.sueddeutsche.de/bayern/schliersee-seniorenresidenz-ermittlungen-todesfaelle-1.5245054
Danke Herr Sander. Endlich erfährt man mal wieder näheres aus der Stadtpolitik. Der städtische Nachrichtenüberbringer (HNA) ist wie allgemein bekannt zu vernachlässigen und der „Homberger Hingucker “ ist bedauerlicher Weise nicht mehr so aktiv wie ehemals.
Bleibt die Hoffnung, dass dieser, Ihr doch ausführlichere Bericht , keine Eintagsfliege bleibt.
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