Ein Arbeitsleben für Hephata und die Diakonie
TREYSA. Als Klaus Dieter Horchem am 1. März 2000 neuer kaufmännischer Direktor der Hephata Diakonie geworden ist, hatte das traditionsreiche Sozialunternehmen rund 1.800 Mitarbeitende und wies eine Bilanzsumme von knapp 237 Millionen D-Mark aus.
Zum 31. März 2021 geht der Diplom-Volkswirt in den Ruhestand – und Hephata beschäftigt rund 3.200 Mitarbeitende, die Bilanzsumme liegt bei knapp 200 Millionen Euro.
Mit zwei Aufkleberbögen in der Hand steht Horchem vor den geöffneten Türen des deckenhohen Büroschranks hinter seinem Schreibtisch. Nach und nach drückt er die unterschiedlich farbigen und centstückgroßen Klebepunkte von den Bögen auf die Rücken der gefüllten Aktenordner. „Roter Punkt heißt: kann weg“, erklärt Horchem. Manche Ordner erhalten keine Markierung – sie sollen auf der Vorstandsetage bleiben. „Die Ordner mit dem gelben Punkt kommen zur Bauabteilung“, sagt der 65-Jährige. Gebaut hat Hephata in Horchems Zeit als Vorstand so viel, dass eines der immer wieder beauftragten Architekturbüros zwischenzeitlich eine Zweigstelle in der Treysaer Altstadt eröffnet hatte, um von dort aus – sozusagen exklusiv – die Inklusions-Projekte Hephatas zu begleiten.
Die „Investitions-Offensive“ Hephatas unter Horchems Ägide begann in den 2000er-Jahren mit Projekten wie dem Gesundheitszentrum neben der Hephata-Klinik und weiteren städtebaulichen Highlights wie etwa den Seniorenzentren in der Treysaer Wagnergasse und in Edermünde-Besse. Es folgten die Tagesklinik in Treysa sowie ab 2009 eine ganze Reihe an neuen Wohnangeboten für Menschen mit Behinderungen – in Jesberg, Schrecksbach, Ziegenhain, Borken, Neustadt (Marburg-Biedenkopf), Büdingen und Rotenburg an der Fulda. Die 2013 in Betrieb genommene Metallwerkstatt in Ziegenhain und das 2015 eröffnete Wohnpflegeheim in Breitenbach am Herzberg sind weitere architektonische Hingucker. Aktuell laufendes Großprojekt ist der Neubau einer Epilepsiestation für Patientinnen und Patienten mit Mehrfachbehinderung. „Das Investitionsvolumen ist mit im Schnitt zehn bis zwölf Millionen Euro pro Jahr auch in den letzten Jahren weiterhin hoch geblieben, aktuell aber eher durch die Summe vieler kleinerer Einzelmaßnahmen“, sagt Horchem.
Neben den baulichen Investitionen hat Horchem gleich zu Beginn seiner Vorstandstätigkeit bei Hephata auch die Strukturen und Geschäftsprozesse bei Hephata weiterentwickelt. Mit der Einführung des Zentralbereichs Controlling ging die Aufstellung von Jahresbudgets einher. „Die zweite Leitungsebene hat dadurch erheblich mehr Verantwortung und auch Freiheiten übertragen bekommen“, blickt Horchem zurück. Weitreichende unternehmerische Weichenstellungen sind indes Vorstands-Entscheidungen geblieben. „Entscheidungen treffen, das habe ich immer gerne gemacht und das wird mir sicher fehlen“, sagt Horchem. Vermissen werde er auch viele soziale Kontakte aus dem Berufsleben, vor allem zu seinem Vorstandskollegen Maik Dietrich-Gibhardt. Gespannt ist er darauf, was aus seiner Gewohnheit zum ständigen Griff in die linke Innentasche seines Jacketts wird. Dort bewahrt er sein dienstliches Smartphone auf. „Der ständige Blick auf das E-Mail-Postfach und die damit einhergehende permanente Verfügbarkeit werden wegfallen, der bevorstehende Offline-Modus ist für mich völlig neu.“
Richtig viel Zeit, über den bevorstehenden Ruhestand nachzudenken, blieb Horchem bislang nicht. Was er als Rentner aber auf jeden Fall vorhat, ist die ausgiebige Lektüre bislang weitgehend ungelesener Bücher aus seiner Sammlung in seiner kleinen Privat-Bibliothek, die er sich gerade einrichtet. Neben Heinrich Bölls Kölner Werkausgabe in 27 Bänden steht auf Horchems Ruhestandsüberlegungen das Wandern im Teutoburger Wald weit oben. „Ich freue mich auf die neue Qualität des Familienlebens“, sagt Horchem. In Schwalmstadt packt er seine Sachen und zieht in den nächsten Wochen zu seiner Ehefrau nach Petershagen im Kreis Minden-Lübbecke. Bislang hat er dort nur am Wochenende gelebt. „Der Umzug wird auch den Trennungsprozess von Hephata erleichtern“, ist Horchem überzeugt.
Dass die Hephata Diakonie in seiner Zeit als kaufmännischer Direktor stetig gewachsen ist, habe sich „eher so ergeben“, als dass es dafür einen großen Masterplan gegeben hätte. „Ich habe nie gesagt, dass wir um des Wachsens willen wachsen müssen“, sagt Horchem. Stattdessen sind einerseits durch Anfragen von Kommunen neue Angebote beispielsweise im Bereich der Altenhilfe dazu gekommen. Und andererseits sind vormals eigenständige, kleinere und mittlere Träger im Laufe der Jahre unter das Dach Hephatas gekommen. Erst vor wenigen Wochen ist so die Fachklinik Fürstenwald Teil der Hephata Diakonie geworden. „Die Integration hätte ich gerne noch ein Stück weiter mit begleitet“, sagt Horchem. Doch diese Aufgabe gibt er nun genau wie alle anderen Aktenordner, die keinen Klebepunkt bekommen, an seinen Nachfolger Dr. Michael Gerhard ab, der bereits zum 1. Januar als neuer kaufmännischer Direktor angefangen hat. Was Horchem ihm und der Hephata Diakonie für die Zukunft wünscht? „Dass die organische Entwicklung positiv weitergeht.“
Ohne einen Klebepunkt bleibt indes auch für das Bild an der Wand neben der Bürotür. Horchem wird es mit nach Hause nehmen, es ist einer von wenigen privaten Gegenständen in seinem Büro. Was auf dem Bild geschrieben steht, darf getrost als Lebensmotto des gebürtigen Kölners bezeichnet werden: „Et hätt noch immer jot jejange.“
Auszeichnung mit dem Goldenen Kronenkreuz der Diakonie
Klaus Dieter Horchem ist mit der Diakonie seit seiner Kindheit verbunden. Als Jugendlicher hat er sich in einer evangelischen Kirchengemeinde in Köln ehrenamtlich engagiert – mit einer Gemeindeschwester hat er beispielsweise bei alten Menschen Fenster geputzt und Kohlen geholt. Die Wahl seines Studienfachs Volkswirtschaft und Soziologie begründete Horchem bei seinem Einstieg in die Hephata Diakonie im März 2000 mit seinem speziellen Interesse an Sozialpolitik und an Fragen der Entwicklungshilfe. Horchems erste berufliche Station war das Diakonische Werk von Hessen-Nassau (heute: Diakonie Hessen). Dort hat er als Referent neun Jahre lang das Rechnungswesen und die wirtschaftliche Beratung der Mitgliedseinrichtungen übernommen. Im Alter von 39 Jahren wurde Horchem 1995 kaufmännischer Vorstand und Verwaltungsleiter des Vereins für Innere Mission in Hessen-Nassau (EVIM), in Wiesbaden, bevor er ab März 2000 als kaufmännischer Direktor bei der Hephata Diakonie tätig geworden ist. Ehrenamtlich hat er sich seither unter anderem als Aufsichtsratsvorsitzender der Diako Thüringen engagiert. Für seine besonderen Verdienste um die Diakonie hat Dr. Harald Clausen als Vorstand der Diakonie Hessen den scheidenden Hephata-Vorstand mit dem Goldenen Kronenkreuz der Diakonie ausgezeichnet. „Ich habe Sie auf verschiedenen Ebenen kennengelernt als Garanten für pragmatische, kluge und unaufgeregte Entscheidungen“, sagte Clausen und dankte ganz herzlich für die jahrelange erfolgreiche Zusammenarbeit. Als Aufsichtsratsvorsitzender Hephatas betonte Eberhard Lindig zum Abschied von Horchem: „In der 120-jährigen Geschichte sind Sie das am Längsten tätige Vorstandsmitglied. Ihre Wahl zum kaufmännischen Vorstand war ein Glücksfall. Hephata verliert mit Ihnen eine wichtige Leitfigur.“ (wal/pm)
Das Bild: Zum Abschied in den Ruhestand mit dem Goldenen Kronenkreuz der Diakonie ausgezeichnet: Hephata-Vorstand Klaus Dieter Horchem mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Eberhard Lindig (links) und Dr. Harald Clausen, Vorstand der Diakonie Hessen
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