Vom Herzen der Schwalm hinaus ins große Universum
ALSFELD/GILSERBERG/MONTREAL. Astronaut Marcel Kaufmann (31) beantwortete schon mit sieben Jahren in einem seiner ersten Grundschulaufsätze die Frage „Was willst du einmal werden?“ eindeutig mit:
„Astronaut“. Inzwischen setzt der junge Mann aus Gilserberg-Sachsenhausen Schritt für Schritt seinen Wunsch in die Wirklichkeit um. In einem Interview gibt er Einblicke in seine tägliche Arbeit.
Marcel Kaufmann verfolgte kontinuierlich sein Berufsziel. Momentan ist Kaufmann, der schon im Jahr 2007 am Schwalm-Gymnasium in Treysa den NASA Wettbewerb gewann und die Space School in Houston besuchte, Doktorand in Kanada. Nach dem Abitur im Jahr 2009 studierte er an der Hochschule in Darmstadt und belegte ein Programm zum Thema Raumfahrtstudien an der International Space University. Einen Teil seines Masterstudiums verbrachte hat er in den Niederlanden bei der Firma Science & Technology und betrieb dort Satellitenbildverarbeitung, nun ist er an der Technischen Universität Polytechnique Montreal (aktuell im vierten Jahr) und gleichzeitig als Gastwissenschaftler des NASA Jet Propulsion Laboratory/Caltech (Kalifornien, USA) tätig.
Seit September 2017 forscht Marcel Kaufmann im Bereich Computer Engineering mit Schwerpunkt Raumfahrt Robotik in Montreal. Sein Auftrag befasst sich mit Robotern auf Mond und Mars – genauer: kollaborierende Mensch und Multi-Roboter Systeme zur Erforschung von anderen Planeten wie Mond und Mars, aber auch mit Hinblick auf terrestrische Anwendungen im Bereich Katastrophenschutz, Rettung und Bergung. „Das ist mehr als nur eine Herausforderung“, sagt der findige Wissenschaftler.
NASA hatte „Wind“ bekommen
Das Jet Propulsion Laboratory der NASA, welches von der Universität Caltech gemanagt wird und u.a. aus der TV-Serie Big Bang Theory bekannt ist, hatte von seiner Forschung „Wind“ bekommen und bat Kaufmann Ende 2019 darum, eine Bewerbung als Gastwissenschaftler einzureichen. Kurz vor der Pandemie hat er die Stelle angetreten. „Und so konnte ich“, so Kaufmann weiter, „das sogenannte “Center of the Universe”, das Zentrum des Universums, betreten.“ Hier ist er in der Robotik-Abteilung, der Nummer 347, zu finden. „347 ist die Abteilung, in der viele Personen an der Mars-Mission 2020 arbeiten, die nach siebenmonatiger Reise zum Mars in den letzten Wochen die ersten großen Erfolge verzeichnen konnte. Das Ziel und die Aufgabe der Untergruppe 347T, Team CoSTAR, besteht darin, autonome Multi-Roboter Systeme zu entwickeln, die bereits in künftigen Generationen zum Einsatz kommen könnten und in der DARPA Subterannean Challenge antreten“, klärt der begeisterte Weltraumforscher auf.
Konkret arbeiten Marcel Kaufmann und das Team für diese Herausforderung, um Untergrundumgebungen, wie z.B. aus Lava geformte Höhlen autonom zu erforschen, zu kartografieren und Stellen von besonderem Interesse zu identifizieren. Das alles geschieht, während ein einziger Mensch zwischen fünf und elf Robotern gleichzeitig managt, aber nicht fernsteuert. „In dem Team, das ich seit Anfang 2020 sozusagen mit meiner Forschungs-Idee ‚verstärke‘, arbeiten wir mit sogenannten ‚Mars-Hunden‘, die das Erkunden von unwegsamem und unbekanntem Gelände vornehmen“, erläutert der Doktorand.
Berufsziel Astronaut bleibt
Ende März 2021 öffnet die Ausschreibung für Astronauten bei der ESA, Kaufmanns Bewerbung ist bereits in Vorbereitung. Die medizinische Voruntersuchung vom Fliegerarzt hat bereits in Kanada begonnen und alles wird im Laufe der Bewerbungsphase eingereicht. Kaufmann rechnet allerdings mit 10.000 – 12.000 BewerberInnen auf sechs Astronautenplätze und weitere zwanzig Reserveplätze. Sollte es bei dieser großen Konkurrenz nicht klappen, ist er mit dem Thema „Robotik und Mensch- und Maschine-Interaktion“ breit gefächert aufgestellt und kann sich in diesem Kontext spannende Aufgaben – auch auf der Erde – vorstellen. „Mein persönliches Ziel ist es, die Raumfahrt von morgen aktiv mitzugestalten. Es wäre hervorragend zu sehen, wenn ein kleiner Teil dessen, an dem ich gearbeitet habe, es auch auf einen anderen Planeten schafft“, blickt der Gastwissenschaftler der NASA in die Zukunft. Trotzdem: Raumfahrt als Astronaut zu betreiben wäre das „i-Tüpfelchen seiner Karriere“.
Deutlich sagt Kaufmann zum Abschluss des Gesprächs: „Ich vermisse Familie und Freunde, das Leben in der grünen ‚Schwalm‘ und – wie könnte es anders sein – die „gürre Ahle Worscht” aus der Heimat!“ Und deshalb lautet der kurzfristige Wunsch aus Montreal, „bald wieder normal reisen zu können“, denn der letzte Besuch in der Schwalm war im September 2020. Schon damals gab es Einreisesperren in Kanada und so entstand kurzzeitig ein NASA-Außenposten in der Quarantäneunterkunft in Wasenberg und im Elternhaus in Sachsenhausen.
Digitale Mitgliederveranstaltung am 30.03.21
Um noch mehr von der spannenden Arbeit Marcel Kaufmanns zu erfahren, präsentiert die VR Bank HessenLand den jungen Wissenschaftler exklusiv ihren Mitgliedern sowie Gästen im Rahmen einer digitalen Mitgliederveranstaltung. Live zugeschaltet aus Kanada nimmt er die Teilnehmer mit auf die Reise in die Raumfahrt, wird seine Erfahrungen und Pläne vorstellen sowie spannende Erlebnisse teilen. Unter dem Titel „Alles ist möglich: auf dem Weg zum Mars!“ können sich alle Interessierte unter vrbank-hessenland.de/mitgliederveranstaltung für den Vortrag am 30.03.2021 um 19 Uhr anmelden. (wal)