Stadtverordnete fassen Beschlüsse für die Zukunft
GUDENSBERG. Zum – sehr sicher – letzten Mal tagten die Gudensberger Stadtverordneten „zweistimmig“. Das war auch nicht Wille der Wähler. Es war nicht vorhersehbar, dass die GRÜNEN alle wegziehen aus Gudensberg und sich die Fraktion auflöst. Die „neuen“ GRÜNEN treten erneut und mit längerer Liste an, außerdem zwei Wählergruppen.
Jetzt aber sorgen SPD und CDU für das Gelingen der Stadtpolitik und Zu Beginn der letzten – für die aktuelle Legislaturperiode – anberaumten Sitzung gab es – wir immer zunächst die Mitteilungen des Bürgermeisters:
Wichtiges in aller Kürze
Mehr als 3.100 Haushalte erhalten statistisch betrachtet in Gudensberg Strom aus Fotovoltaik, außerdem sorgen Windenergie und geplante weitere Photovoltaik-Anlagen für eine gute CO2-Bilanz. 16.000 Einwohner werden inzwischen rein rechnerisch mit regenerativer Energie versorgt. Der Kindergarten hätte, wäre nicht Corona, in Kürze Richtfest. Zur vollständigen Freude fehlen noch die beantragten 1,5 Millionen Euro vom Lande Hessen. Die Grundschule in Obervorschütz wird nach den Plänen des Kreises umfassend saniert. Auch in die Dr.-Georg-August-Zinn-Schule fließen noch einmal 2,3 Millionen Euro für Baumaßnahmen.
Die Bürgersprechstunden des Ordnungsbehördenbezirks finden zurzeit Corona bedingt nicht statt. Der neue Jugendpfleger kommt und soll mit Schwerpunkt Streetwork arbeiten. Herr Nöding soll in den Räumen der ehemaligen Buchhandlung Holetz aber zusätzlich ein Jugend-Café anbieten. Durch den „Schutzmann vor Ort“, der inzwischen genehmigt ist, soll das Kompass-Projekt zu nachhaltigem Erfolg führen.
Gudensberg ist liquide
Der Jahresabschluss für 2019 liegt inzwischen vor und weist 822.000 Euro Überschuss aus. Mit 97% Eigenkapitalquote gehört Gudensberg auch tatsächlich den Gudensberger nicht den Banken.
Ein jährlicher Liquiditätsnachweis ist inzwischen gesetzlich vorgeschrieben. Zum 31.12.2020 hatte die Stadt Gudensberg fast 10 Millionen Euro flüssig. Die Zeiten hoher Zinserträge, so Bürgermeister Frank Börner, sind vorbei. Die Stadt rechnet im laufenden Jahr mit 36.000 Euro Strafzinsen.
„Gudensberg 2030“ – „Lebendige Zentren“ in der Startphase der Umsetzung
Einen Zwischenbericht zur Startphase von Gudensberg 2030/lebendige Zentren gab Dr. Eberhardt Kettlitz: Das Büro AKP hatte noch nie eine solch hohe Beteiligung der Bürger, wie in Gudensberg. Das erste Projekt war der Altstadt-Kindergarten an der Alten Pfarre. Im März soll nun ein Konzept für den Weg auf den Berg zur Obernburg und das „Entree“ zur Burg mit dem Gefangenenturm vorgelegt werden. Danach folgen der „Alte Markt“ und weitere Projekte, wie das Kommunikationszentrum im alten Teeladen. Auch private Investitionen werden gefördert. In diesem Bereich können noch Mittel beantragt werden. Im April 2021 sollen die Ergebnisse eines Verkehrsgutachtens dann in eine neue Verkehrsplanung einmünden.
Bericht über die Jahresabschlüsse 2017 und 2018
Die Prüfung der Jahresabschlüsse 2017 und 2019 hat zu keinen Einwendungen geführt. Sie entsprechen also den gesetzlichen Vorschriften. Das Ergebnis 2017 konnte sogar im Rahmen der Prüfung leicht verbessert werden, während die Sonderabschreibung auf den Buchwert des sanierungsbedürftigen Terrano-Hallenbades, das 2018er Ergebnis etwas drückt. 63 Millionen Euro Buchwert hat das Städtische Eigentum insgesamt, so viel ist Gudensberg also „wert“.
- Michael Höhmann (SPD) empfindet die Finanzpolitik der Stadt über so viele Jahre hinweg als sehr nachhaltig, weil sie – generationengerecht – keine Lasten mit in Zukunft nimmt. Gudensberg sei eine Erfolgsstory.
- Dieter Heer (CDU) meinte symbolisch, „heute ist Zeugnisvergabe! Viel Geplantes wird noch beweisen müssen, dass es funktioniert, aber es ist nicht der Tag, um etwas schlecht zu reden.“
- Auch der inzwischen parteilose Dr. Bernd Meisterfeld findet, die Haushaltslage der Stadt sei nicht schlecht. Aber einen Punkt, den Herr Grüttner (CDU) im Haupt- und Finanzausschuss bereits angesprochen habe, nämlich dass fast 300.000 in 2017 und 200.000 Euro 2018 an Personalkosten eingespart worden wundere ihn. Saniert sich die Stadt auf dem Rücken der Beschäftigten? 7 Beamtenstellen sind ausgewiesen, nur 5,5 aber besetzt. 99 Stellen seien im Stellenplan ausgewiesen, aber nur etwa 84 besetzt. „Die Stärke der Sozialdemokratie war doch mal die Arbeitnehmerschaft.“
- Bürgermeister Frank Börner (SPD) antwortete Dr. Meisterfeld direkt und stellte dabei fest, dass die Arbeitsbelastung in Verwaltung, Bauhof und Kindergarten tatsächlich hoch ist. „Ich freue mich über jedes Votum, mehr Mitarbeiter einzustellen, aber wir sparen nicht auf dem Rücken der Mitarbeiter!“ Sie werden in aller Regel besser bezahlt als in anderen Verwaltungen. In Kindergarten und Pflege sind die Mitarbeiterzahlen – je nach Aufwand – flexibel zu besetzen und deshalb Reserven im Stellenplan vorgesehen. Übrigens gäbe es nur noch 2 Beamte, nämlich den Bürgermeister und Büroleiter Lengemann.
Die Personalkosten sind dennoch der mit Abstand größte Kostenfaktor in einer Kommune.
Gudensberg lebt Nachhaltigkeit – Agenda 2030 wird unterzeichnet
Mit 35 Nachhaltigkeitsmaßnahmen seit 2018 ist Gudensberg bestens aufgestellt und wird nach einem einstimmigen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung die Agenda 2030 der Vereinten Nationen auf kommunaler Ebene unterzeichnen. Im Jahr 2018 wurde die Stadt Gudensberg in die Top3 des Deutschen Nachhaltigkeitspreises nominiert.
- Bürgermeister Frank Börner (SPD) gab die Begründung: Nachhaltigkeit ist eine Herzensangelegt und Gudensberg lebt Nachhaltigkeit.
- Alexander Höhmann (SPD) steht für Nachhaltigkeit und möchte anderen nichts aufbürden. Gudensberg soll Co2-neutral werden.
- Simone Damm (CDU) sieht für jeden einzelnen eine Aufgabe. Weil jeder in Zukunft gut in Gudensberg leben soll, stimme die CDU der Unterzeichnung zu.
Fotovoltaik in Dorla jetzt auf dem Weg – kein Straßenname im Lerchsfeld
Dazu passt die endgültige Absegnung des Bebauungsplans Nr. 89 „Wiesenäcker“ in der Gemarkung Dorla, mit dem Satzungsbeschluss, bei dem es um die Errichtung bei der Fotovoltaikanlage geht.
- Julian Brand (SPD) stellte für die Sozialdemokraten fest, dass nur regenerative Energien dem Energieverbrauch Grenzen aufzeigen. Auch für Biodiversität werde auf den Flächen etwas geleistet.
Einstimmig wurden der Satzungsbeschluss über den Bebauungsplan gefasst und die gleichzeitige Änderung des Flächennutzungsplans beschlossen.
Die Vergabe von Straßennamen für das Neubaugebiet „Auf dem Lerchsfeld“ (Gudensberg Süd) wurde noch einmal in den Haupt- und Finanzausschuss zurückverwiesen.
Die Geschäftsordnung der Stadtverordnetenversammlung wurde so geändert, der Veröffentlichung von Ausschussprotokollen nicht mehr im Wege steht.
Aufwandsentschädigung auch online
Bisher haben die Stadtverordneten die Aufwandsentschädigungen nur bei Präsenz-Sitzungen bekommen. Während der Corona-Schutzmaßnahmen finden allerdings viele Sitzungen und Abstimmungen online statt. Eine Änderung der Entschädigungssatzung für ehrenamtliche Tätigkeit wurde aufgrund der entsprechenden Änderung des Landesverordnung erlaubt jetzt auch „Online Sitzungsgeld“.
Kindergartengebühren nur bei tatsächlichem Besuch
Die Stadtverordneten beschlossen einstimmig einen Anteiligen Verzicht auf die Forderung von Kostenbeiträgen für den Besuch einer Kindertageseinrichtung für die Monate Januar und Februar 2021. Nur die tatsächlichen Besuchstage werden berechnet.
- Tim Herbst (SPD) erklärte, dass viele Eltern den Aufruf gefolgt sind, die Kinder teilweise zu Hause zu lassen, um Erziehrinnen und andere Kinder zu schützen. Da die Familien ohnehin belastet sind, wird die SPD zustimmen.
- Jürgen Fischer (CDU) erklärte, es sei eine Selbstverständlichkeit, denen entgegenzukommen, die Lasten getragen haben und nur ein geringer Beitrag.
KfW 55-Vorgabe zur Energie-Effizienz in Neubaugebieten
Lebhaft wurde die Diskussion um die letztlich mit den Stimmen der SPD beschlossene Vorgabe zur Energie-Effizienz in Neubaugebieten. Der Standard KfW 55 ist dort künftig einzuhalten.
- Julian Brand (SPD) erklärte für den Bauausschuss, es gehe um das Erreichen der Klimaziele.
- Dirk Schütz (SPD) stellte fest, dass die Energiewende nicht zu Lasten der Bauwilligen gehen darf. Wer einen höheren Standard erfüllt, kann Kredite und Zuschüsse bekommen. Um hier zu helfen, soll der höhere Standard nach KfW 55 Effizienzhaus verbindlich in Neubaugebieten der Stadt Gudensberg vorgeschrieben werden. Dafür kann Beratung in Anspruch genommen werden. In diesem Fall auch durch zusätzliche Experten neben dem Architekten. Bauherren, Architekten und Planer müssen sich auf diese Weise austauschen.
- Dieter Heer (CDU) hat wieder etwas gelernt, nämlich dass Architekten offensichtlich nicht ordentlich beraten können? Ohne Not werden Vorgaben für Gudensberg verschärft. Es gehe für viele Menschen um die Erfüllung ihres Lebenstraums. Es gebe sogar schon Vorschriften, wie der Vorgarten aussehen darf. Die Menschen sind erwachsen, so Heer. Um dem menschengemachten Klimawandel zu begegnen bedürfe es keiner Bevormundung. Mit dem Geld anderer Menschen kann man leicht glänzen. Mit der CDU ist das nicht zu machen.
- Dr. Bernd Meisterfeld war der Spielverderber in seiner letzten Sitzung. Bis 30.000 Euro Tilgungszuschuss und Förderzinsen sei schön, ihn beschäftigen allerdings andere Fragen. Gibt es Radwege? Wohin mit den Autos? Gibt es verkehrsfreie Zonen und Spielstraßen? Wird Versickerung vorgeschrieben? Welche Dämmstoffe werden vorgeschrieben und sind gemeinsame Blockheizkraftwerke sinnvoll? „Es liegt noch einiges an Neuland vor uns.“
- Dirk Schütz (SPD) stelle noch einmal klar, dass Architekten tatsächlich keine Energieexperten seien. Das zeige ein Blick in die Berateradressen der KfW. Mit dem Geld der Bauherren werde achtsam umgegangen, denn gefordert werde ein Standard mit hoher öffentlicher Förderung.
Neues Leben in der alten Molkerei
In der „Alten Molkerei“ möchte ein Investor 30 Eigentumswohnungen errichten werden. Siehe separater Artikel. Der Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplanes wurde einstimmig und ohne Diskussion gefasst.
Abschied für einige Stadtverordnete und ihren Vorsteher
Für Walter Pippert (SPD) war es die letzte ordentliche Sitzung der Wahlperiode und gleichzeitig seine letzte. 1989 begann seine „Karriere“ als Stadtverordneter, die damit 32 Jahre anhielt. Auch damals gab es unterschiedliche Blickwinkel und auch damals oft einstimmige Beschlüsse. Man traf sich auch damals außerhalb der Parlamentsarbeit, erinnert sich Pippert an das Gudensberger Modell. Ob das beibehalten werden kann entscheiden die Wähler und die Parlamentarier, die zukünftig wohl aus 3 Parteien und 2 Wählergruppen kommen werden. Vorab richtete er Kritik an die FWG: Sie wolle das Vertrauen der Bürger ins Parlament zurückgewinnen. „Mir hat bisher niemand Misstrauen bekundet.“ Mehr Bürgernähe? Bei so viel ehrenamtlicher Arbeit der bisherigen Parlamentarier in vielen Vereinen, müssten Wählerlisten noch viel nachholen.
Nach dem Hessischen Wahlrecht mit Kumulieren und Panaschieren aber ohne Sperrklausel, gilt es als fast sicher, dass in Gudensberg im April 5 Fraktionen miteinander klarkommen müssen. Ob dann kurzen Sitzungen mit vielen einstimmigen Beschlüssen noch bestand haben? (Rainer Sander)