BAD ZWESTEN. „Das tut einfach weh“, erklärt der Vorsitzende des Hessischen Heilbäderverbandes, Bad Zwestens Bürgermeister Michael Köhler, mit Blick auf die Übernachtungszahlen in den Heilbädern und Kurorten in Hessen. Konnten 2019 noch rund 10 Millionen Übernachtungen gezählt werden, brachen die Zahlen 2020 dramatisch ein.
Insgesamt wurden im vergangenen Jahr rund 6,3 Millionen Übernachtungen in den prädikatisierten Orten gezählt und damit 36 Prozent weniger als im Vorjahr. „Das ist der stärkste Einbruch der Übernachtungszahlen, den wir in den vergangenen Jahrzehnten zu verzeichnen hatten. Ein tiefer Einschnitt, tiefer als der Einschnitt, der 1997 durch die Gesundheitsreformen ausgelöst wurde,“ macht Michael Köhler bewusst. Damals sanken die Übernachtungszahlen von 9,3 auf 7,1 Millionen. Mit einem entscheidenden Unterschied.
Unter den Auswirkungen der Corona-Pandemie und der damit verbundenen langen Schließungszeit der Hotellerie und zeitweisen Reduzierung der Klinikkapazitäten leiden gerade die Heilbäder und Kurorte in den ländlichen Räumen. Herbstein (-68%), Bad Sooden-Allendorf (-43%) oder auch Willingen im Hochsauerland (-44%) blieben weit hinter ihren Möglichkeiten zurück. Zutiefst getroffen, sind aber auch die größeren Städte wie Wiesbaden (-49%) oder Bad Homburg v.d. Höhe (-41%).
Im Vergleich zu den Übernachtungszahlen für Hessen insgesamt, die einen Verlust von 48 Prozent aufweisen, ist der Rückgang in den Heilbädern und Kurorten mit einem Minus von 36 Prozent nicht ganz so hoch. Dazu tragen die Übernachtungen in den Präventions- und Rehabilitationskliniken bei. Doch hier heißt es, einmal genauer hinzuschauen, denn diesmal stehen hinter den Übernachtungszahlen Umsätze, die eben nicht ausgelöst werden konnten. Thermen, Ausflugs- oder Kulturangebote konnten – wenn überhaupt – nur eingeschränkt genutzt werden. Allein im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 sind deshalb rund 200 Millionen Euro Umsatz in den 30 prädikatisierten Orten verloren gegangen.
„Wir wissen um die dramatische Situation der Heilbäder und Kurorte in Hessen“, betont Michael Köhler. „Deshalb fordern wir mit ‚Augenmaß und Hygienekonzept‘ schnelle Öffnungen von Hotellerie, Gastronomie, Einzelhandel und der mit Kur & Tourismus verbundenen Branchen. Nur mit ihnen können die Heilbäder und Kurorte überleben.“
Im Gegensatz zu den Auswirkungen der Gesundheitsreformen, die „über Nacht“ zu einem Verlust ganzer Gästegruppen geführt haben, gibt es aber heute Perspektiven. „Die Heilbäder und Kurorte in Hessen haben sich auf den Weg gemacht und mit der Marke DIE KUR ihre Tradition neu begründet“, erklärt dazu Almut Boller, die Geschäftsführerin des Hessischen Heilbäder-verbandes. „Im Nachhinein betrachtet, ist dieser Schritt von unschätzbarem Wert. Denn so haben die prädikatisierten Orte den inneren Wandel vollzogen und sich auf Höhen und Tiefen, die sie zweifellos immer wieder erwarten, eingestellt. Sie streben im September 2021 die KURvision an. Dann sind viele Aufgaben, die sie sich gestellt haben, erledigt, eine Internetplattform steht und auch erste, spezielle Angebote sind vorhanden.“
„Nie zuvor waren die Heilbäder und Kurorte in Hessen so wertvoll wie heute. Nie zuvor wurde so deutlich, wie wichtig die natürlichen Heilmittel und die kurspezifischen Einrichtungen sind … gerade für die Bürgerinnen und Bürger“, ist sich Almut Boller sicher. „Gerade deshalb müssen wir alles daransetzen, die Heilbäder und Kurorte in Hessen zukunftsfähig aufzustellen. (pm)
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