Renovierte Wilhelmsorgel bald in Stadtkirche zu hören
NIEDENSTEIN | FRITZLAR. Als am Montagnachmittag der Laster vor der Stadtkirche in Fritzlar vorgefahren kam, staunten die Nachbarn nicht schlecht, welcher große Umzug hier vonstattenging. Die frisch renovierte Niedensteiner Wilhelmsorgel aus dem Jahr 1844 kam in vielen, vielen einzelnen Puzzleteilen an.
Die beiden größte Teile mussten am gestrigen Dienstagmorgen mit einem Gabelstapler über die 4 Meter hohe Kirchenmauer gehoben werden. Dazu wurden auf der Mauer eine Rampe gebaut, um das Gehäuse oben abstellen. Von dort aus ging es dann per Hand weiter in Kirchenraum. Ohne die Fachkenntnisse der Firma Wekal aus Fritzlar wäre dies nicht möglich gewesen. Die Mitarbeiter der Firma halfen mit großer Ruhe den Ehrenamtlichen der Kirchengemeinde und dem Team des Orgelbauer Mebolds, die Orgel über die Mauer zu heben. In den kommenden zwei Wochen werden die vier Männer zu tun haben, die Metall- und Holzpfeifen aus 18 Registern aufzustellen und für den Kirchenraum zu stimmen.
6 Jahre Gastspiel bis Niedensteiner Kirche renoviert ist
Mathias Mebold freut sich über die Lösung: „Eine so engagierte Zusammenarbeit von zwei Kirchengemeinde ist sehr gut. Es ist besser für das Instrument, wenn es gespielt wird, als dass es in einer Kiste liegt!“ Auch Reiner Volgmann, begleitender Sachverständiger für Orgeln und Kantor in Fritzlar ist gespannt: „Als ich vor zwei Jahren das Gutachten schrieb, hätte ich nie gedacht schon so schnell mit Orgelschülern an dem Instrument üben zu können.“
Am 24. Januar wird die Orgel zum ersten Mal im Gottesdienst erklingen. Die Kirchenvorstände in Fritzlar und Niedenstein-Wichdorf hatten sich kurz vor Weihnachten darauf verständigt, dass die Orgel für bis zu sechs Jahre in der Fritzlarer Stadtkirche unterkommen kann, bis die Kirche in Niedenstein fertig saniert ist. Pfarrer Köhler und Pfarrer Böttner sind gespannt auf die Zusammenarbeit in der Zeit: „Wir planen gemeinsame Konzerte und können uns auch gut vorstellen, gemeinsam Gottesdienst zu feiern, wenn es die Zeiten wieder erlauben!
Orgel ist als Denkmal gelistet
Beide Kirchengemeinden haben noch große Bauvorhaben vor sich. In Fritzlar erfolgt zunächst die Sanierung der Außenfassade und des Daches, dann ist die Innensanierung geplant. In Niedenstein ist der Plan ähnlich, deshalb musste die Orgel auch aus der Kirche hinaus. Die Wilhelmsorgel ist eines der wenigen erhaltenen zweimanualigen Instrumente mit 18 Registern und eine der größten Orgeln, die von Hofbaumeisterschule in Kassel gefertigt wurden. Innerhalb der kurhessischen Orgellandschaft ist das Instrument als besonders wertvoll einzustufen und als Denkmal gelistet.
Die Orgelbaufirma Mebold aus Siegen-Breitenbach hat ihre Renovierung in der Zeit von Herbst 2019 bis Dezember 2020 durchgeführt. Die Finanzierung war nur mithilfe des Denkmalschutzsonderprogramms der Bundesregierung (50% von 260.000 Euro bewilligten Mitteln), sowie der Unterstützung durch die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen und der Denkmalpflege Hessen (20.000 Euro) möglich. Neben der großen Unterstützung durch die Landeskirche und den Kirchenkreis Schwalm-Eder hat die Ev. Kirchengemeinde Niedenstein-Wichdorf über 21.000 Euro durch die Vergabe von Pfeifenpatenschaften gesammelt. Sie sind auf einer Spendentafel festgehalten, die zur Orgel gehört und mit ihr aufgestellt wird. (pm | rs)