TREYSA. Seit den ersten Corona-Infektionen in den Seniorenzentren von Hephata sind in den vier betroffenen Einrichtungen insgesamt 31 Menschen im Zusammenhang mit Covid-19 verstorben – 20 von ihnen alleine seit dem vorigen Dienstag, 15. Dezember.
Das Regierungspräsidium Gießen hat in der vorigen Woche alarmierende Zahlen für das gesamte Bundesland gegenüber hessenschau.de genannt: 287 von 835 hessischen Pflegeheimen haben mit einem Infektionsgeschehen zu tun, insgesamt zwei Drittel der Verstorbenen in Hessen entfallen auf Alten- und Pflegeheime. Nicht nur im Schwalm-Eder-Kreis, wo die Hephata Diakonie als einer der größten Arbeitgeber im Landkreis insgesamt 96 Einrichtungen mit Schwerpunkten in Pflege, ambulanter Betreuung und Eingliederungshilfe unterhält, wenden sich vermehrt Träger von Pflegeheimen an die Öffentlichkeit, weil sie in Personalnot sind und kurzfristig Unterstützung brauchen. „In unseren Häusern hat sich die Personalsituation auch durch neu gewonnene Kräfte und durch Unterstützung aus der Hephata Diakonie zum Glück inzwischen stabilisiert“, sagt Hermann-Josef Nelles, Geschäftsführer der Hephata soziale Dienste und Einrichtungen gGmbH (hsde). Für das besonders stark betroffene Seniorenzentrum Edermünde hatte er einen öffentlichen Unterstützungsaufruf auch über Facebook verbreitet.
Genau wie die Hephata Diakonie insgesamt und die Tochtergesellschaft Diakoniezentrum Frielendorf mit ihrem Geschäftsführer Werner Wieland hat die hsde das Infektionsgeschehen in ihren Häusern vom ersten positiven Testergebnis an stets transparent auch gegenüber der Öffentlichkeit kommuniziert. Bei diesem Grundsatz bleiben die Einrichtungen der Hephata Diakonie auch weiterhin. Die aktuellen Zahlen aus den betroffenen Seniorenzentren (Stand: 21.12.2020, 8 Uhr) im Überblick:
Seniorenzentrum Edermünde: elf von 41 Mitarbeitenden und 16 von 31 Bewohnern gelten als infiziert, acht Bewohner sind im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 verstorben.
Seniorenzentrum Wagnergasse: zehn von 48 Mitarbeitenden und 16 von 41 Bewohner gelten als infiziert, sieben Bewohner sind im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 verstorben.
Seniorenwohnanlage Wiesenhof Neustadt: 14 von 57 Mitarbeitenden und 14 von 36 Bewohner gelten als infiziert, sieben Bewohner sind im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 verstorben.
Diakoniezentrum Frielendorf: 16 von 83 Mitarbeitenden gelten als infiziert, 41 von 53 Bewohner gelten als infiziert, neun Bewohner sind im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 verstorben.
„Allen Angehörigen der verstorbenen Bewohnerinnen und Bewohnern gilt unsere aufrichtige Anteilnahme“, betonen Nelles und Wieland. Neben das Gefühl der Trauer mischt sich weiterhin die Sorge, mit der die beiden Geschäftsführer die mitunter schweren Verläufe bei einigen der erkrankten Bewohnerinnen und Bewohner beobachten. „Auch bei manchen Mitarbeitenden ist die Krankheit nach zwei Wochen noch nicht durchgestanden und die Quarantäne-Zeit muss verlängert werden“, so Nelles. Umso wertvoller seien die Lichtblicke, für die in diesen Tagen die Rückkehr mancher Bewohnerinnen und Bewohner aus einer Covid-19-Behandlung im Krankenhaus sorgt. „Den weiterhin erkrankten Bewohnerinnen und Bewohnern sowie den Mitarbeitenden wünschen wir wirklich von ganzem Herzen, dass sie rasch und vor allem vollständig genesen“, so Nelles und Wieland.
Hephata-Behindertenhilfe
Im zahlenmäßig größten Bereich der Hephata Diakonie, der Behindertenhilfe, hat sich die Corona-Situation in den vergangenen Tagen stabilisiert, berichtet Geschäftsbereichsleiterin Anne Wippermann. „Zu den bislang von Infektionen betroffenen Einrichtungen sind zuletzt zum Glück keine weiteren dazugekommen und in den nächsten Tagen kann voraussichtlich in den meisten Wohnangeboten die Quarantäne beendet werden“, so Wippermann. Positive Testergebnisse hatte es in mehreren Einrichtungen in Schwalmstadt sowie in den Wohnangeboten in Schrecksbach und in Neukirchen gegeben. Während es in den meisten Einrichtungen bei vereinzelten Infektionen geblieben war, hatten sich in Schrecksbach und in Neukirchen insgesamt 32 Personen angesteckt – darunter Klientinnen und Klienten ebenso wie Mitarbeitende. „Nachdem für alle betroffenen Personen in unserem Haus in Schrecksbach zwischenzeitlich negative Schnelltest-Ergebnisse vorliegen, kann dort die Quarantäne zum 22. Dezember beendet werden“, sagt Wippermann. Für das Haus in Neukirchen rechnet sie mit dem Ende der Quarantäne in den nächsten Tagen, ebenso für die meisten der von Quarantäne-Regelungen betroffenen Einrichtungen in Schwalmstadt.
Der größte Teil der seit der zweiten Welle im Geschäftsbereich Behindertenhilfe erkrankten Personen habe zum Glück nur einen milden oder einen mittelschweren Verlauf gehabt. Bei aller Erleichterung über die insgesamt „stabilisierte Situation“ in der Hephata-Behindertenhilfe mahnt Wippermann: „Wir befinden uns mitten in der zweiten Corona-Welle und bei den aktuellen Infektionszahlen in unserer Region und landesweit müssen wir weiterhin damit rechnen, dass das Virus seinen Weg auch in unsere Einrichtungen finden kann.“ Dafür, dass die in ihrem Bereich gültigen und auf die jeweilige Einrichtung bezogenen Schutzkonzepte konsequent umgesetzt werden, ist sie ebenso dankbar wie für den „großartigen Einsatz“ der Mitarbeitenden: „Die Einsatzbereitschaft ist wirklich immens – dafür kann man gar nicht genug Dankeschön sagen.“
Solidarität und Hilfsbereitschaft
Die beinahe zeitgleichen „Corona-Ausbrüche“ in mehreren Seniorenzentren der Hephata-Tochtergesellschaften seit Ende November haben in der Öffentlichkeit neben Betroffenheit vor allem eine Welle der Solidarität und Hilfsbereitschaft ausgelöst. „Beispielhaft dafür steht das Engagement der Menschen in der Gemeinde Edermünde“, berichtet hsde-Geschäftsführer Hermann-Josef Nelles. Bürgermeister Thomas Petrich hatte dort einen Aufruf unterstützt, mit dem das Seniorenzentrum in Edermünde-Besse um Helfende in Pflege und Hauswirtschaft wirbt, weil sich viele Mitarbeitende angesteckt hatten und in Quarantäne mussten. Mehrere zusätzliche Pflegekräfte konnten seither gewonnen werden. „Die Gemeindeverwaltung selber hat uns zudem eine Mitarbeiterin zur Unterstützung geschickt, die ganz wesentlich in Verwaltung und Telefondienst in unserer Einrichtung aushilft“, berichtet Nelles.
Einen ganz besonderen Dank richtet Nelles zudem an die zwölf freiwilligen Helfer, die in der vergangenen Woche insgesamt 19 Umzüge innerhalb der Einrichtung möglich gemacht haben, wodurch erkrankte Bewohner von negativ getesteten Bewohnern isoliert worden sind. „Das war ein kräfte- und nervenzehrender Einsatz, der von 17 Uhr bis kurz vor Mitternacht angedauert hat und für den wir wirklich unendlich dankbar sind“, betont Nelles. Beteiligt waren zwölf Helfer aus den Einsatzabteilungen der Feuerwehren der Gemeinde Edermünde. Marc Schaumburg, Wehrführer in Besse, hatte den Einsatz koordiniert. „Wir haben über unsere WhatsApp-Gruppe gefragt, wer helfen würde. Das hat sofort zu vielen Zusagen geführt“, berichtet Schaumburg. In kompletter Schutzausrüstung mit Maske, Schutzbrille und Schutzkleidung haben die Ehrenamtlichen die Umzüge im Haus bewältigt. „Wenn wir durch diesen Einsatz auch nur eine einzige Person vor einer Ansteckung bewahrt haben, ist damit potenziell ein Menschenleben gerettet worden“, sagt Nelles, der sich zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Pandemie überstanden ist, noch einmal gesondert für diesen Einsatz bedanken will. Die Feuerwehrleute hätten nicht nur wertvolle Freizeit geopfert, sondern sich auch einem potenziellen Ansteckungsrisiko ausgesetzt, so Nelles. Froh ist er darüber, dass alle beteiligten Helfer wenige Tage nach dem Einsatz per Corona-Schnelltest negativ getestet worden sind.
Dietrich-Gibhardt: „Menschlichkeit kennt keinen Lockdown“
„Selbst noch so ausgeklügelte Schutzkonzepte, die stets mit den zuständigen Behörden abgestimmt und durch die Mitarbeitenden konsequent umgesetzt werden, konnten es bei einem Infektionsgeschehen, wie wir es seit dem Spätherbst bundes- und landesweit erleben, nicht verhindern, dass die Pandemie auch in den Pflegeheimen und den Einrichtungen der Eingliederungshilfe ankommt“, sagt Hephata-Vorstandssprecher Maik Dietrich-Gibhardt. Seit Anfang Dezember trifft die Pandemie vor allem die Seniorenzentren in ganz Hessen mit voller Wucht. „Unsere Mitarbeitenden arbeiten am Limit und darüber hinaus, um die uns anvertrauten Menschen zu schützen und zu versorgen“, betont Dietrich-Gibhardt. Mit viel Hingabe, Professionalität und dem stetig präsenten Risiko, sich selber anzustecken, sind die Pflegekräfte in den betroffenen Einrichtungen im Dauereinsatz. Dietrich-Gibhardt: „Für alle unsere Einrichtungen, in denen wir mit und für Menschen arbeiten, gilt auch und gerade an Weihnachten: Menschlichkeit kennt keinen Lockdown.“ (pm)
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