Stadtverordnetenvorsteher Henry Richter zu offenem Brief
BAUNATAL. „Gern möchte ich zu dem Schreiben von Mitgliedern der SPD-Fraktion Baunatal Stellung nehmen“, so beginnt ein Schreiben von Stadtverordnetenvorsteher Henry Richter auf den offenen Brief von elf Stadtverordneten und dem Seniorenbeiratsvorsitzenden in Baunatal mit dem Ziel, die Stadtverordnetenversammlung am Montag wegen Corona abzusagen.
In seinem Schreiben bringt Richter sein Erstaunen und seine Enttäuschung bezüglich des unkollegialen Umgangs mit ihm, als demokratisch gewählten Stadtverordnetenvorsteher der Stadt Baunatal, zum Ausdruck. Bereits nach der jüngsten Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am Montag, die unterbrochen wurde, habe er mit allen Fraktionsvorsitzenden, der Bürgermeisterin sowie mit dem Ersten Stadtrat über die Erforderlichkeit einer zusätzlichen Sitzung am 23.11. beraten: „Hier herrschte Konsens zwischen allen Vertretern der Politik und der Verwaltungsspitze“, so Richter, der im Vertrauen auf getroffene Absprachen bereits am folgenden Tag, Dienstag, den 17.11., die Veröffentlichung der zusätzlichen Sitzung veranlasst hatte.
Von dem Schreiben habe er zuerst über nh24 erfahren, erst danach habe er es per E-Mail zur Kenntnis nehmen können, ein Umgang miteinander, der ihn angesichts der Absprache sehr enttäuscht habe: „Die Verfasser hätten mir bereits ab dem 17.11.2020 ihre Bedenken mitteilen können, und so hätte auch die Chance bestanden, mit allen Fraktionen in einen Diskurs zu gehen. Diese hätten intern für sich beraten können, was jetzt leider auf Grund der geringen Zeit nicht mehr möglich ist.
Unterzeichner haben gleichzeitig Parteitage besucht und dort auch geredet
Henry Richter könnte die Bedenken und die Ängste der Unterzeichner insoweit nachvollziehen und verstehen, wenn diese auch ehrlich gemeint und berechtigt sein. Soweit ihm bekannt ist, habe die SPD-Fraktion während der Pandemie mit allen ihren Mandatsträgern zusätzlich vor den letzten Sitzungen der Stadtverordnetenversammlungen getagt, die Verfasser beziehungsweise Absender des Schreibens hätten nachweislich – trotz Corona – gleichzeitig an SPD-Parteitagen und SPD-Delegiertenkonferenzen außerhalb von Baunatal, teilgenommen und dort zum Teil auch das Wort ergriffen.
Warum eine Stadtverordnetenversammlung zum Schutz von Stadtverordneten abgesagt werden soll, die gleichzeitig auf Parteiveranstaltungen auftreten können, ist ihm nicht klar. Als Mandatsträger würden Sie die wichtigste Rolle und Verantwortung für das Wohlergehen „unserer Stadt haben“. Dieses Verantwortungsbewusstsein könne er aus der vorliegenden Argumentation nicht entnehmen.
Bundes- und Landesregierung schränken politische Gremien nicht ein
Bewusst habe die Bundes- und Landesregierung die politischen Gremien bei den Beschränkungen außenvorgelassen, betont Richter. Insbesondere habe die Politik eine Vorbildfunktion, indem sie in der Krise weiterhin handlungsfähig bleibt: „Im Übrigen habe ich den Fraktionsvorsitzenden die aktuelle Erlasslage und die Ausführungsbestimmungen vom 17.11.2020 unmittelbar nach Erhalt durch das HMdI übermittelt.“
Auch von Seiten der stellvertretenden Stadtverordnetenvorsteher, von denen jede Partei einen stellt, wurden keine Bedenken geäußert. Im Gegenteil, 1. Stellvertretender Vorsteher Reiner Heine (SPD), welcher ebenfalls zur Risikogruppe gehört, habe in seiner E-Mail vom 17.11. die Sitzung bestätigt. Auch in der letzten Sitzung des Ältestenrates, als der Teillockdown schon bestand, wurde von keiner Seite Benken über die Durchführung von Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung angesprochen. Es wurde sehr wohl über die in der letzten Sitzung getroffenen Vorkehrungen beraten.
Sicherheitsvorkehrungen und Hygienevorschriften nach Erlass
„Warum SPD-Fraktionsspitzen und die Bürgermeisterin mir gegenüber keine Bedenken äußerten und innerhalb der eigenen (SPD)Fraktion Bedenken über das Durchführen Sitzungen bestehen, sollten nach meiner Einschätzung zuerst intern in der SPD-Fraktion geklärt werden, bevor versucht wird, jemand anderen dafür verantwortlich zu machen“ bittet Richter und stellt fest, dass die Sitzung auf jeden Fall stattfinden wird.
Er könne versichern, dass alle Sicherheitsvorkehrungen und Hygienevorschriften den geltenden Bestimmungen und der geforderter Erlasslage entsprechen, und wer nach wie vor auf die Einhaltung der Vorschriften genau achten werde.
Warum die Sitzung stattfinden muss
Gern möchte Richter auch seine Gründe für die zusätzliche Sitzung am 23.11. darlegen. Sie liegen im Zeitplan. Insgesamt sind 7 Tagesordnungspunkte von der letzten Stadtverordnetenversammlung auf die kommende Sitzung zu vertagen. „Würde ich dem Vorschlag der Verfasser folgen, müssten diese Tagesordnungspunkte nach § 19 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung vorrangig verhandelt werden. Das würde bedeuten, dass in der Sitzung am 07.12.2020 über 20 Tagesordnungspunkte zu beraten wären. Gerade wegen seiner Verantwortung als Stadtverordnetenvorsteher, seiner Fürsorgepflicht gegenüber den Mandatsträgern und unter Beachtung der geltenden Auflagen habe er sich dazu entschlossen am 23.11. zusätzlich zu tagen.
Da sich alle Fraktionen auf ein Sitzungsende um 21.00 Uhr während der Pandemielage verständigt hätten, müssten dann wiederum Tagesordnungspunkte vom 07.12.2020 auf die Februarsitzung (08.02.) vertagt werden. In dieser Sitzung solle aber auch der städtische Haushalt eingebracht werden. Eine „Marathonsitzung“ könne man jetzt bereits voraussehen. Außerdem stünden am 07.12. Ehrungen für 2 verdiente ehemalige Mandatsträger als Ehrenbürger der Stadt Baunatal an. Eine Stadtverordnetenversammlung mit 20 TOP ließe keine feierliche Ehrung zu und entspräche daher nicht den politischen Gepflogenheiten und der Ehrenordnung der Stadt Baunatal.
Bürgerinteresse wahren
Auch das abermalige Absetzten von Tagesordnungspunkten mit hoher Erwartungshaltung von Bürgerinnen und Bürgern der Stadt stünde im Widerspruch zur politischen Verantwortung. Gerade in der kommenden Sitzung, würden grundlegende Bürgeranliegen behandelt. Insbesondere gehe es um die Rengershäuser Straße in Guntershausen, um die Straßenreinigung in der Stadt Baunatal sowie um die Verkehrssicherungsmaßnahmen im Bereich der Bahnhofstraße in Großenritte. Diese Punkte wurden bereits vertagt. Er ist sich sicher, dass viele Baunataler hier ein positives Signal und eine Entscheidung der Politik erwarten und nicht einige weitere Monate vertröstet werden wollen. (rs)
1 Kommentar
Na nun aber. Bestand die hohe Erwartungshaltung der anwesenden Baunataler BürgerInnen bezüglich der abzuhandelnden Tagesordnungspunkte nicht bereits während der vorhergehenden StaVo-Sitzung? Tolle Begründung ausgerechnet von demjenigen, der ja wohl dafür gesorgt hat, die Redezeit der Abgeordneten nicht zu begrenzen und der nicht einmal regulierend eingegriffen hat. Der Widerspruch ist sowas von offensichtlich. Das zeitliche Ausufern der Sitzung war vorprogrammiert.
Kommentare wurden geschlossen.