TREYSA. „Ich bringe Zeit zum Reden mit, gehe offen auf die Menschen zu, schaue und höre, was bei diesem einen Menschen jetzt gerade dran ist.“ Diakonin Anita Zimmermann ist die neue Seelsorgerin der Hephata-Klinik in Schwalmstadt-Treysa. Die 53-Jährige trat im August 2019 die Nachfolge von Pfarrer Lutz Richter an.
„Ich wollte immer mit Menschen arbeiten und sie begleiten. Und mein Glauben war mir so wichtig, dass ich damit auch arbeiten wollte“, sagt Zimmermann. Sie selbst fand in einer Krise ihre Berufung: Auslöser war die Erkrankung eines ihrer Familienmitglieder. Die Diagnose und Therapie standen jedoch erst nach jahrelangem Kampf und Arztwechseln fest. „Es war ein kräftezehrender Prozess, in dem ich an meine Grenzen gekommen bin.“
In dieser Not flatterte ein Gemeindebrief in ihren Briekasten. „Sonst habe ich den immer in die blaue Tonne geworfen. Diesen einen habe ich angesehen, ich weiß nicht, warum. Da stand: Es wird nicht dunkel bleiben über denen, die sind in Angst.“ Kurz entschlossen griff sie zum Telefonhörer und rief den Pfarrer an. „Ich habe gesagt, dass ich dazu eine Frage habe“, erinnert sie sich heute lachend. „Das war der Wendepunkt in meinem Leben.“ Denn der Pfarrer und auch die ehrenamtliche Mitarbeit in der Gemeinde gaben ihr Stärke und Zuversicht.
„Ich habe in der Zeit gemerkt, dass ich eine Begabung habe, Menschen zu begleiten. Das wollte ich auf professionelle Beine stellen.“ Anita Zimmermann studierte Soziale Arbeit mit gemeindepädagogisch/diakonischer Qualifikation am Studienstandort der Evangelischen Hochschule Darmstadt (EHD) in Treysa. Bereits im Studium wählte sie immer wieder Schwerpunkte zum Thema Seelsorge. Danach arbeitete sie in der Jugendhilfe für den St. Elisabeth-Verein in Marburg und absolvierte am Pastoralpsychologischen Institut die Ausbildung zur Seelsorgerin.
Ihr Wunsch, selbst in der Seelsorge tätig zu werden, wuchs immer mehr. Deswegen bewarb sie sich auch in der Hephata-Klinik bewarb sie sich, weil sie dort die sozialpädagogische Arbeit mit dem Glauben verbinden kann. Die Stelle in der Klinik ist eine halbe, die andere Hälfte arbeitet Zimmermann seit Januar 2020 als Gruppenleiterin in der Tagesgruppe Treysa der Hephata-Jugendhilfe. „In der Klinik bin ich oft mit Leid und Krankheit konfrontiert, da ist die Arbeit mit lebhaften Kindern ein guter Gegenpart. Es sind aber beides dankbare und erfüllende Aufgaben, die ich nicht missen möchte.“
Aufgrund der Pandemie sind ihre Aufgaben als Klinik-Seelsorgerin eingeschränkt. „Seit Corona bin ich nur noch in der Seelsorge und als Dozentin in der Krankenpflegehilfe-Ausbildung (KPH) tätig. Das bedauere ich sehr, geht aber leider nichts anders.“ Im Regelfall hält sie in der Klinik auch Andachten, führt Gruppen- und Gesprächskreise auf den Stationen und in der Tagesklinik, leistet Seelsorge für Patienten, Angehörige und Mitarbeitende und unterrichtet die KPH-Schüler in Kommunikation, Ethik und dem Umgang mit Krankheit, Sterben und Tod.
Mit Tod und Leid wird sie in der Seelsorge oft konfrontiert. „In der Neurologie befinden sich häufig Patienten, die plötzlich aus ihrem gewohnten Alltag gerissen werden und lernen müssen, mit einer Krankheit zu leben. Sie bleiben nicht so lange stationär in der Klinik. Die meisten sehe ich nur einmal.“ Bei den Patienten der Psychiatrie sieht das anders aus: „Sie sehe ich länger und wiederkehrend. Ängste und Depressionen stehen hier oft im Vordergrund. Patienten beschreiben, dass sie in einem schwarzen Loch sitzen. Ich versuche, die Menschen zum Reden zu motivieren, dem „Schwarzen“ Raum zu geben. Denn erst, wenn das Schwarze sein konnte, sind auch wieder Grautöne möglich. Reden hilft, aus den kreisenden Gedanken auszusteigen.“
Manchmal ist aber auch genau das Gegenteil angezeigt. „Dann steht Schweigen im Raum und das gilt es auszuhalten.“ Manchmal fehlten dem Patienten und ihr einfach die Worte, weil das Thema, nicht wieder gesund zu werden, zu groß sei. „Das kann ich den Menschen nicht abnehmen, aber sie sind nicht alleine. Und aus eigener Erfahrung weiß ich: Auch wenn man Ohnmacht aushalten muss und es wenig Licht am Horizont gibt, können Dinge passieren, die wir nicht beeinflussen können, die ich als Fügung bezeichne.“
Ihre Arbeit für Hephata sieht sie ebenfalls als Fügung. Als Diakonin freut sie sich darüber, dass „in der Klinik wird der diakonische Gedanke gelebt wird und die Seelsorge einen hohen Stellenwert hat. Das ist nicht selbstverständlich.“ Und wie betreibt sie ihre eigene Seelsorge?
„Ich habe Supervision, das ist sehr wichtig. In meiner Freizeit lese ich gerne Biografien oder Fachliteratur. Ich stricke auch und bin eine leidenschaftliche Doppelkopfspielerin. Und ich gehe gerne Bogenschießen. Dann bin ich in einer anderen Welt.“ (pm)
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