NEUSTADT. Im Oktober 2015 überreichte die seinerzeit für den Städtebau zuständige hessische Umweltministerin Priska Hinz im Neustädter Rathaus Bürgermeister Thomas Groll den Aufnahmebescheid in das Programm „Soziale Stadt“. Mittlerweile wurde dies in „Sozialer Zusammenhalt“ umbenannt.
Dies war der „Startschuss“ für eine bis 2025 währende Förderperiode. Am Auftakt fanden zahlreiche Gesprächsrunden und Workshops statt, um das Integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept (ISEK) unter Einzug interessierter Bürgerinnen und Bürger zu erstellen. Dieses wurde dann 2017 durch die Stadtverordnetenversammlung beschlossen und ist damit die entscheidende Grundlage für das weitere Vorgehen.
Das kleine Jubiläum „Fünf Jahre Soziale Stadt Neustadt“ sollte am 30. Oktober 2020 mit einer Veranstaltung im Neubau des Kultur- und Bürgerzentrums gewürdigt werden. Leider muss dieser Termin aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie ebenso entfallen wie der „Tag der Städtebauförderung“ Mitte Mai dieses Jahres. Seinerzeit war ein Tag der „offenen Tür“ in der Querallee angesetzt.
Bürgermeister Thomas Groll bedauert diese Entscheidung sehr und hatte sich bereits auf den Besuch von Staatssekretär Jens Deutschendorf aus dem mittlerweile zuständigen Hessischen Wirtschaftsministerium gefreut und gemeinsam mit Kooperationspartnern bereits Vorbereitungen für einen informativen Vormittag getroffen. „Aufgrund der aktuellen Entwicklung und der steigenden Zahl von Infizierten erscheint es angebracht, auf diese Veranstaltung zu verzichten. Die Kommune muss hier auch als Vorbild gegenüber allen anderen fungieren. Es ist wirklich schade, dass wir die vielen positiven Dinge, die gegenwärtig in unserer Kommune geschehen, nicht entsprechend vorstellen und im direkten Kontakt mit den Menschen erläutern können. Aber – dessen bin ich mir sicher – es werden auch wieder bessere Zeiten kommen und wir werden beispielsweise dann das Kultur- und Bürgerzentrum mit Leben erfüllen“, erläutert Groll den Grund der Absage.
Bewusst war vom Bürgermeister der Neubau des Kultur- und Bürgerzentrums als Ort der Jubiläumsveranstaltung ausgewählt worden. Damit sollte versinnbildlicht werden, dass die Kommune gegenwärtig eine Baustelle sei, die sich auf die vielfältigen Herausforderungen der Zukunft vorbereite. Seit Beginn des Förderprogrammes wurden über 7 Mio. Euro für abgeschlossene bzw. noch laufende Maßnahmen auf den Weg gebracht. Die Förderquote beläuft sich hierbei auf fast 80%. „Dies sind herausragende Zahlen und machen deutlich, wie wichtig ein aktives Fördermanagement der Kommune ist“, hob Groll hervor. In diesem Zusammenhang ist dem Land Hessen Dank dafür zu sagen, dass es die Belange der Stadt Neustadt (Hessen) stets tatkräftig unterstützt hat. In den Jahren 2019/20 werden in der „Baustelle Neustadt“ alleine 12,5 Mio. Euro investiert und weitere werden in den kommenden Jahren folgen. Nach den Worten des Bürgermeisters investiert man allerdings nicht nur in Steine, sondern auch in Menschen. Hierfür hat er ein Zitat des berühmtes Trickfilmers Walt Disney, eine der prägendsten Persönlichkeiten der Filmbranche des 20. Jahrhunderts, ausgewählt:
„Du kannst den allerschönsten Platz der Welt planen, erstellen und bauen – aber man benötigt Menschen, um den Traum wahr werden zu lassen“.
Aus diesem Grunde hat die Kommune in den letzten Jahren ein vielfältiges soziales Netz gespannt und wird dies auch in Zeiten wie diesen aufrechterhalten, denn gerade heute ist es wichtig, dass es Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für Menschen gibt, die Unterstützung brauchen und Hilfe bei Umsetzung ihrer eigenen Ideen.
Was wurde in den vergangenen fünf Jahren geschaffen?
Es entstand ein Quartiersmanagement, welches im „Begegnungstreff“ in der Marktstraße gemeinsam mit der Gemeinwesenarbeit angesiedelt ist.
Es wurden Machbarkeitsstudien für den Bürgerpark, Kunst und Kultur im öffentlichen Raum und die mögliche Nutzung der Marktgasse 3 erstellt. Hierbei ist es aus Sicht des Bürgermeisters wichtig, dass diese Ausarbeitungen nicht nur für die Schreibtischschublade produziert wurden, sondern auch Schritt für Schritt im Rahmen des Möglichen umgesetzt werden. So hat die Umgestaltung des Bürgerparks bereits begonnen und auch im Hinblick auf Kunst und Kultur wurden erste Akzente gesetzt. Bezüglich der Nutzung leerstehender Gebäude und einer Gesamtkonzeption wird gegenwärtig eine Studie vom Kolpingverband Fulda erstellt, der in der osthessischen Kommune eine Wohnanlage für Auszubildende und Studierende betreibt. Hier gilt es zu schauen, inwieweit ein solches Konzept im ländlichen Raum umgesetzt werden kann.
Auch wurde ein Verfügungsfond auf den Weg gebracht, über den „kleinere“ Maßnahmen bis 5.000 Euro finanziert werden können. Zahlreiche Projekte konnten hier bereits gefördert werden.
Neben dem „Leuchtturm-Vorhaben“, dem Neubau des Kultur- und Bürgerzentrums, wurden die Eingangsbereiche der Marktstraße umgestellt und Spielplätze für das Wohnquartier Leipziger Straße, In der Aue und in der Emil-Rössler-Straße jeweils im partizipatorischen Verfahren geschaffen. Auch der Schulhof am Standort Querallee wurde durch Spielgeräte und ähnliche Maßnahmen aufgewertet.
Als flankierende soziale Maßnahmen sieht der Bürgermeister die Gründung von WIR für UNS! – Bürgerverein Neustadt, der beispielsweise den Bürgerbus betreibt und die Bürgerhilfe organisiert.
Hervorgehoben werden muss auch die von der Quartiersmanagerin Svetlana Nerenberg betriebene Mieteraktivierung in der Leipziger Straße, die in den letzten Tagen erste Erfolge zeigte. Auch die Gründung eines Waldkindergartens geht auf das Miteinander engagierter Eltern mit der Quartiersmanagerin zurück.
In den Jahren 2017 und 2018 konnte die Kommune im Rahmen ihres Engagements Landessieger beim Wettbewerb „Ab in die Mitte“ werden.
Zu seiner Ansprache wollte der Bürgermeister auf ein Zitat des US-amerikanischen Erfinders und Unternehmen Thomas Alva Edison eingehen, dass seinerzeit auch im ISEK abgedruckt worden ist:
„Erfolg hat nur, wer etwas dafür tut!“
Nach Einschätzung von Groll ist die Zwischenbilanz „Fünf Jahre Soziale Stadt Neustadt“ sehr erfolgreich. Vor Ort habe man viel getan und daher gelte es all denen zu danken, die sich aktiv eingebracht hätten. Hier sind die Quartiersmanagerinnen Svetlana Nerenberg und Heike Brandt ebenso zu nennen, wie Julia Lindemann von der Wohnstadt Kassel, die für Abrechnungen zuständig ist. Aber auch die Mitarbeiter der Stadtverwaltung Thomas Dickhaut und Guendalina Balzer, die sich schwerpunktmäßig mit dem Förderprogramm befassen, verdienen diesbezüglich Erwähnung. Ein Dank gilt allerdings auch der Presse, die immer wieder im Vor- und Nachgang ausführlich über das Städtebauförderungsprogramm und die damit verbundenen Maßnahmen berichtet. Der Bürgermeister vergaß aber auch nicht, den engagierten Mitarbeiterinnen des Hessischen Wirtschaftsministeriums für ihre stete Unterstützung und Hilfsbereitschaft zu danken.
„2015 hat uns das Land Hessen mit der Aufnahme in das Städtebauförderungsprogramm Soziale Stadt eine große Chance eröffnet. Diese müssen wir auch bis 2025 weiterhin nutzen. Ich habe Verständnis dafür, wenn manchmal darüber gestöhnt wird, was denn noch alles kommt, allerdings gilt das bekannte Wort: „Wenn es Brei regnet müssen die Löffel heraus“. Wir befinden uns in einem 110 m Hürdenlauf. Wir sind gut gestartet. Erste Hürden sind übersprungen. Aber noch ist eine gute Strecke zurückzulegen. Wir haben Ideen für die Zukunft, brauchen aber auch Unterstützung.“
An das Land Hessen gewandt ist der Bürgermeister der Auffassung, dass man die, bei denen es gut läuft und die Ideen für die Zukunft entwickelt haben, auch weiterhin tatkräftig unterstützen solle.
Ihm schweben hier insbesondere der Bereich Bahnhof – Erstellung eines Gesamtkonzeptes für Gebäude und Umfeld – und die Belebung der Innenstadt und die dortigen Leerstände vor. Im Nachhinein sieht es der Bürgermeister als „unglücklich“ ank, dass die Kommune den Bahnhof nicht selbst erwarb. Leider bewege sich hier beim Investor gar nichts. Im Hinblick auf die Innenstadt geht es ihm nicht unbedingt um die Neuansiedlung von Geschäften, sondern um sinnvolle (Nach-) Nutzungen für Gebäude.
Ein wichtiges Thema ist für Groll die Frage, ob und wie man ein Stadtmarketing aufbauen kann, welches sich auch in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und Tagestourismus engagiert. „Wir haben viel Gutes bei uns vor Ort geschaffen. Wir müssen dies ordnen und bewerben. Wir müssen kommunizieren was sich tut und die Bürgerschaft mitnehmen. Hierbei gilt es soziale Medien verstärkt zu nutzen. Beispielsweise kann man über einen Podcast nachdenken. Das kostet Geld, dies ist aber sicherlich gut angelegt.“
Die Erkenntnis, dass sich in Neustadt etwas tut, ist sicherlich inzwischen weit verbreitet. Allerdings muss es in den kommenden Jahren gelingen, interessierte Bürgerinnen und Bürger noch stärker in die Prozesse zu involvieren. Hierfür soll die „Zukunftswerkstatt Neustadt 2030“ dienen. Diese wurde in der zweiten Jahreshälfte 2020 aufgrund der Corona-Pandemie verschoben. Nun zeichnet sich ab, dass es auch im Frühjahr 2021 wohl nur schwerlich möglich sein wird, in größeren Gruppen zusammen zu kommen. Daher werden Quartiersmanagerin Svetlana Nerenberg, die vorgesehene Moderation Ute Dithmar und Bürgermeister Thomas Groll in den kommenden Wochen über andere Konzepte nachdenken, um zumindest den Start für die Zukunftswerkstatt zu geben und das Projekt nach außen vorzustellen und die Bürgerinnen und Bürger um erste Rückmeldungen zu bitten.
„Wir wollen schon heute über 2025 hinausschauen. Wir haben Ideen. Zugleich verfügen wir auch über die Kraft, diese umzusetzen. Allerdings benötigen wir hierfür erhebliche Fördermittel, denn nur die Co-Finanzierung kann sich eine strukturell finanzschwache Stadt wie Neustadt leisten.“
Bürgermeister Thomas Groll setzt daher auch zukünftig auf Förderprogramme und hat sich bereits erste Informationen über weitere Möglichkeiten der Städtebauförderung gesucht. Für ihn gilt: Frühzeitig planen und Weichen stellen, um Erfolg zu erzielen. (pm)
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