Haushalt: 2021 wird schwieriges Jahr für die Stadt Homberg
HOMBERG/EFZE. „Ich glaube nicht, dass die Welt morgen untergeht“, vermutete Dr. Nico Ritz mit Blick auf den Haushalt 2021, den er in die Stadtverordnetenversammlung einbrachte. Nach dem Martin Luther-Zitat wäre es aber ok, einen Apfelbaum zu pflanzen. Also Business as usual?
In diesen Zeiten eher nicht. Corona, so Ritz, sei aber sicher irgendwann vorbei. Der Virus sollte nicht zur zentralen Leitschnur des Haushaltes werden. In der letzten Sitzung vor Corona sei die Stadt aus dem Schutzschirm ausgestiegen. Sie könne aber nicht von Schutzschirm zu Schutzschirm springen. Deshalb müssten Bund und Länder jetzt unterstützen.
Minimaler Überschuss viele Ungewissheiten im Haushalt 2021
188.902 Euro Überschuss sind zumindest eingeplant, im Finanzhaushalt sollten 18.551 Euro am 31.12.2021 übrig sein. Das Kreditvolumen der Stadt dürfte dann 5.738.000 Euro betragen. An Steuern und steuerähnlichen Erträgen erwartet der Magistrat 14.299.000 Euro, das sind nur 68.000 Euro mehr als 2020. Die Steigerung war zuletzt stets höher. Die Einkommensteueranteile steigen nicht, sondern sinken vermutlich sogar. 4.420.000 Euro Gewerbesteuer werden geplant, was dem Wert des Jahres 2020 entspricht. 6 Millionen Euro waren es zuletzt. Die „Ordentlichen Aufwendungen werden mit 32 Millionen Euro etwa identisch mit dem Vorjahr geschätzt.
Die höchsten Defizite entstehen im Bereich der Kinderbetreuung, wo sie jetzt bei mehr als 3,9 Millionen Euro liegen werden. Der Bürgermeister stellte die Frage, ob man zukünftig anders finanzieren müsse. Im Jahr 2015 betrug der Zuschuss lediglich die Hälfte. Trotzdem wird die Stadt Homberg investieren, allein in den Straßenbau fließen etwa 3 Millionen Euro (Holzhausen, Hersfelder Straße und Ortsdurchfahrten). In den Abwasserbereich muss ausnahmsweise nicht investiert werden, dafür gibt es Hauhaltreste. Fast 5,4 Millionen Euro werden in verschiedene weitere Projekte, wie beispielsweise die Dorfentwicklung investiert.
„Es bringt nichts, während Corona nicht zu investieren“, so Dr. Nico Ritz. Der Schuldenstand wird am Ende bei 72 Millionen Euro liegen. 2021 werde ein ausgesprochen schwieriges Jahr, 2022 vermutlich auch! Am 19.11.2020 soll der Haushalt verabschiedet werden.
Lebhafte Diskussion um Einkaufszentrum Drehscheibe – Verkauf eines Grundstücks
Die Stadtverordnetenversammlung hatte am 6. September 2018 den Aufstellungsbeschluss für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. 66, Sondergebiet „Einkaufszentrum Drehscheibe“, gefasst. Die Bürgerinnen und Bürger hatten in der Zeit vom 20.07.2020 bis einschließlich 24.07.2020 Gelegenheit, sich über die allgemeinen Ziele und Zwecke sowie die wesentlichen Auswirkungen der Planung zu informieren. Zwei Bürgerinnen haben in der dieser Zeit davon Gebrauch gemacht, es wurden aber keine Anregungen und Bedenken vorgebracht. Unter den Trägern öffentlicher Belange haben lediglich die Straßenverkehrsbehörde des Schwalm-Eder-Kreises, das Polizeipräsidium Nordhessen im Hinblick auf den Radverkehr sowie das Staatliche Schulamt in Verbindung mit der T-H-S wegen Anlieferung im Bindeweg, Anregungen und Bedenken vorgetragen. Weiterhin haben zwei Bürger Anregungen und Bedenken während der öffentlichen Auslegung geäußert. Daraufhin wurde ein Passus in die Satzung aufgenommen: „Im Durchführungsvertrag wird geregelt, dass der Vorhabenträger auf die Mieter dahingehend einzuwirken hat, dass der Anlieferungsverkehr über den Bindeweg auf Zeiten außerhalb des Schülerverkehrs beschränkt werden soll.“
BLH: „Hallo zusammen!“
Mit einem unkonventionellen „Hallo zusammen“, statt der parlamentarischen üblichen Begrüßung von Stadtverordnetenvorsteher und Stadtverordneten, meldete sich Joachim Grohmann (BLH) zu Wort. Man solle wieder irgendwas beschließen, das schon beschlossen wurde. Grohmann kritisierte im Besonderen, dass in der ursprünglichen Planung festgelegt gewesen sei, dass keine Gastronomie mit Sitzplätzen vorgesehen ist. Jetzt käme genau diese doch. Ein dreistöckiger Anbau sei geplant gewesen, der werde jetzt nicht gebaut. Das Schulamt kritisiere die Anlieferung im Bindeweg, die ursprünglich nicht möglich sein sollte, jetzt würden sogar Paketdienste über den Bindeweg fahren. Außerdem wüsste er gerne, wo das Regenwasser vom Parkplatz hinfließen wird und ob auch eine Regelung hinsichtlich der „Gesplitteten Abwassergebühr“ existiert. Man müsse, so Grohmann, das Ziel haben, stets besser zu werden. Verträge seien ihm außerdem nicht bekannt. Der Bauherr habe einen Millionen-Verdienst. Das Resümee und die Forderung des Bürgerlisten-Vertreters: „Lasst uns dem Bürgermeister zeigen, dass man das Parlament nicht übergehen kann und dagegen stimmen!“
FWG: wenn Recht zu Unrecht wird, wird Widerstand zur Pflicht!
Herr Koch von der FWG möchte in der Zeitung zwar nicht lesen, dass er gegen das Einkaufszentrum ist, hat aber genau das am Ende – für eine Planung in dieser Form – formuliert. Ob das so auch trotzdem in der Zeitung stehen wird, wissen wir nicht, bei nh24 steht es jedenfalls: Man habe, so Koch, anfangs am Bauzaun gelesen, was gebaut werden sollte. Dann wurden die Büroflächen reduziert, weil sie sich nicht vermieten lassen. Alles solle aber zum Aufstocken geplant werden. Im Januar wäre indes bereits klar gewesen, dass man auf diese Grundmauern nicht bauen könne, mutmaßt die FWG: Die Statik könnte man lediglich „einrahmen“, mehr nicht. Koch vermutet, es gehe wohl nur um einen Leichtbau und von einem Rechtswissenschaftler, wie Bürgermeister Dr. Nico Ritz, „erwarte ich mehr Ehrlichkeit! Wenn Unrecht zu Recht wird, wird Widertand zur Pflicht!“ So die markigen Worte.
Der angesprochene Bürgermeister stellte dazu fest, dass das Gros der Äußerungen unvollständig oder unwahr sei. Schließlich wäre die Stadt nicht Bauherr aber es gebe sehr wohl eine belastbare – im doppelten Sinne – Statik. Die Kreissparkasse habe nicht mehr dreigeschossig bauen wollen, die Blockrandbebauung war immer als langfristige Planung gesehen worden.
CDU: Stadt spielt schwaches Blatt!
Christian Haß (CDU) erinnerte noch einmal an die ursprüngliche Richtungsentscheidung zwischen seniorengerechter Wohnbebauung und einem Einkaufszentrum, das auf jeden Fall zielführender für die Stadt sei, die allerdings weder Grundstückseigentümer noch Bauherr ist und deshalb die ganze Zeit mit einem sehr „schwachen Blatt“ spielt.
Die überwiegende Mehrheit der Stadtverordneten wollten es weder dem Bürgermeister zeigen noch zum Widerstand verpflichtet werden und stimmten bei nur 6 Gegenstimmen und 4 Enthaltungen für den Satzungsbeschluss.
Im Gewerbegebiet Homberg Süd wurde der Verkauf des Baufeldes T 11 a in der Ostpreußenkaserne für 107.900 Euro (7003 Quadratmeter), von den Stadtverordneten abgesegnet.
Mit dem Fahrrad durch Homberg – Radverkehrskonzept
Die Erarbeitung eines Radwegeentwicklungskonzepts haben die Stadtverordneten in Homberg schon im Jahr 2019 entschieden. Die Auftragsvergabe erfolgte im November 2019 an das IKS-Ingenieurbüro für Stadt- und Mobilitätsplanung in Kassel. Es hat sich dazu ein Arbeitskreis mit 27 Ehrenamtlichen gegründet. Jetzt liegt der Entwurf eines Radverkehrskonzepts vor. Mit 75 Prozent Förderung wird gerechnet.
Das Konzept beschäftigt sich auf 115 Seiten mit der bestehenden Radverkehrs-Struktur, analysiert geographisch, qualitativ und nach der Nutzung. Auf kurzen Strecken ist das Fahrrad im Vorteil, auf längeren Strecken das Auto. Das Konzept schlägt zum Beispiel Abstell-Anlagen und Ladestationen für E-Bikes vor, außerdem die optimalen Routen für Radwege und Fahrradstraßen. Zusätzlich werden Veranstaltungen und Maßnahmen angesprochen. Auch das Thema Dienst-Fahrräder in kommunalen Fuhrparks gehört zum Radverkehrskonzept des IKS.
Ziel ist es, einerseits die Alltagstauglichkeit des Fahrrades als gleichberechtigtes Verkehrsmittel zu ermöglichen, aber auch die touristische Nutzung des Fahrrades, beziehungsweise die Nutzung im Freizeitbereich zu erleichtern und Homberg damit attraktiv zu gestalten. Sehr detailliert geht das Konzept auch auf verschiedene Alters- und Benutzergruppen ein, die verschiedene Ansprüche und Erwartungen bei der Fahrradnutzung haben. Bei aller Planung ist erkennbar, dass ein Konzept zügige und einfache Verbindung dort ermöglicht muss, wo es sinnvoller ist das Rad einzusetzen als ein Kraftfahrzeug. Hier finden Sie das Radverkehrskonzept als Download:
Mobilitätsmanagement rund um Homberg/im Schwalm-Eder-Kreis
Auch in einem zweiten Konzept, das die Stadtverordneten jetzt und sich in Zukunft beschäftigen wird, geht es um den Verkehr. Michael Schramek hatte den Auftrag ein Pilotprojekt unter dem Thema „Betriebliches Mobilitätsmanagement im Schwalm-Eder-Kreis“ zu erarbeiten. Das Konzept, gefördert durch die LEADER-Regionen Knüll, Kellerwald-Edersee und Schwalm-Aue, geht davon aus, dass mehr als 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus der Kreisverwaltung, der Kreissparkasse, dem Amt für Bodenmanagement, der kbg und der Stadt Homberg einen gemeinsamen Dienstwagen-Pool nutzen und dies nicht nur dienstlich, sondern auch privat. Das Ziel: weniger Autos, weniger Kosten und zwar bei Mehrauslastung sowie sinnvoller Verteilung. Ein Abschlussbericht der wissenschaftlichen Arbeit wurde den Stadtverordneten am Donnerstagabend vorgestellt. Mit viel Akribie hat die Firma von Herrn Schramek den bestehenden Fuhrpark und alle Fahrten nach unterschiedlichen Zielen und Uhrzeiten erfasst, ausgewertet und Schlussfolgerungen gezogen.
Das Projekt, das im Jahr 2018 begonnen wurde, geht davon aus, dass alle Fahrzeuge im Carsharing zur Verfügung stehen, dass private Fahrzeuge eingebracht werden können und der ganze Fuhrpark auch Dritten zur Verfügung gestellt wird. Dadurch entstehen Car-Sharing-Stationen an verschiedenen Punkten im Kreisgebiet. Vor allem dort, wo viele Mitarbeiter herkommen. Allein 300 Mitarbeiter fahren beispielsweise jeden Tag aus Frielendorf nach Homberg. Auf diese Weise hätten sehr viele Nutzer auch die Wahl zwischen vom 2-Sitzer bis zum 9-Sitzer, vom Transporter bis zum Coupé.
Weniger Autos heißt am Ende auch mehr Platz. Nur im Bestand wird – kommt das System zustande – mit Verbrennern gearbeitet, alle neuen Fahrzeuge sollen elektrisch angetrieben sein. Auch E-Fahrräder und Elektrolastenfahrräder müssten, so Schramek, in den Pool eingeschlossen werden. Selbst der ÖPNV könnte davon profitieren, weil er mehr genutzt und eingebunden wird. Auch diesen Bericht gibt es im Ratsinformationssystem der Stadt Homberg zum Download in zwei Teilen:
(Rainer Sander)