FRIELENDORF. „Die machen sich doch nur die Taschen voll!“ Wie oft haben wir diesen Satz schon gehört oder selbst gesagt? Gemeint sind meistens „Volksvertreter“. Frauen und Männer also, die sich in Parlamenten „rumtreiben“. Im März 2021, also in einem halben Jahr, ist Kommunalwahl. Da geht es um die Gemeindevertretungen in den Dörfern von Liebenau bis Frielendorf und die Stadtverordnetenversammlungen in Städten von Schwarzenborn bis Baunatal.
Dann bestimmen wir gemeinsam, wenn wir wählen gehen, wer über neue Baugebiete, die Kanalisation, Wassergebühren, Kindergartenplanung und die erlaubte Farbe von Dachziegeln entscheiden darf. Sogar darüber, wer das Recht hat, Kopien im Dorf zu beglaubigen, weil er zum ehrenamtlichen Ortsrichter bestimmt wurde, liegt in der Hand von Gemeindevertretern und Stadtverordneten. Auch Delegierte für Kreisgremien, wie den Müllzweckverband werden dort „ausgekungelt“. Wer solch einen Posten zugeschachert bekommt, darf sogar darüber mitentscheiden, wie oft Müllautos fahren und wie hoch die Müllgebühren dafür sind. Und in Krisenzeiten geht es jetzt um Nothaushalte. Durch coronabedingte Steuerausfälle fängt die Finanzierung von Gemeinschaftsausgaben erst an, so richtig Spaß zu machen, garantiert!
Ich persönlich zehre heute noch von den 25 €, die ich bis vor fünf Jahren jeden Monat (300 € im Jahr!) als Frielendorfer Gemeindevertreter bekommen und artig in die entsprechende Spalte bei der Steuererklärung eingetragen habe. Das mit der Steuererklärung war auch kein Problem, denn in der Regel – natürlich gibt es Ausnahmen – „verdient“ man als Kommunalpolitiker sogar steuerfrei! Ein Haufen Asche für rund acht bis zehn Stunden Aufwand insgesamt an Sitzungen der Gemeindevertretung, vorbereitende Fraktionssitzungen, die eine oder andere Ausschusssitzung, zunehmend interkommunale Gremien – zusammen mit den Nachbarorten – und die Teilnahme an öffentlichen Terminen, wie die Übergabe von Feuerwehrautos, Ehrungen und natürlich die großzügige Entschädigung für die paar Kilometer Fahrkosten von A nach B, die damit pauschal abgegolten sind.
Wer als Gemeindevertreter einen lauen Lenz schiebt, kommt locker auf 1,50 € die Stunde, wer sich richtig reinkniet, hat bestimmt immer noch 50 Cent jede (!) Stunde „auf die Kralle“. Leistung lohnt sich also gerade als Gemeindevertreter oder Stadtverordneter!
Zusammen unverschämte 5.400 € insgesamt in 14 Jahren kommunalpolitischer „Arbeit“. Ich habe davon mein Haus bezahlt, den Rolls Royce in der Garage und mehrere Weltreisen! Und natürlich bleibt immer ein bisschen übrig, um noch ein paar Beamte zu bestechen, es sollen schließlich auch andere etwas haben, von dem Haufen Knete.
Wie gesagt, im März ist wieder Kommunalwahl aber in vielen kleinen Städten und Gemeinden rächt sich offensichtlich jahrzehntelange Raffgier-Mentalität? Mehr als 99,9 Prozent aller Deutschen lehnt nämlich „angewidert“ (?) diese Selbstbedienungsmentalität ab und möchte lieber nicht für eine Gemeindevertretung oder Stadtverordnetenversammlung kandidieren? Ich vermute, auch des guten Rufes wegen! Wer will sich schon jeden Tag als Volksverräter, korruptes Schwein, Betrüger, linke Bazille oder rechte Sau beschimpfen oder inzwischen sogar mit dem Tode bedrohen lassen?
So kämpfen inzwischen selbst die Parteien der großen Koalition, vor allem aber die vielen, vielen kleinen Parteien darum, überhaupt genügend Kandidaten für ihre Kommunalwahl-Listen zu finden. Schlimm ist, dass vor allem die Partei von „Messias“ Björn Höcke, die diesen Saustall endlich gründlich ausmisten will, nicht genügend „Apostel“ findet, die für so viel Geld beim Ausmisten helfen wollen und kann deshalb in vielen Städten und Gemeinden gar nicht antreten. Wer also soll diesen Zustand beenden?
Auch all die Kommentatoren, die in wenigen Minuten – wie ich vermute – ihre Meinung frei unter dieser Kolumne äußern werden, wollen geschlossen und solidarisch – trotz unterschiedlicher Meinung – nicht für ein kommunalpolitisches Amt kandidieren. Sie möchten schon, dass sich etwas ändert, hoffen aber, dass es andere tun, die mehr Zeit und dafür weniger Geld haben. Und ganz sicher: egal, wer sich traut, er wird genau an dieser Stelle mit Schimpf und Schande überzogen!
Vielleicht sind Sie– ja, ich meine Sie (!) – schamlos genug, ein solch unmoralisches Angebot anzunehmen und sich einer Partei oder Wählervereinigung anzuschließen? Noch ist genügend Zeit, sich für ein Bündel von Scheinen, zumindest um einen Listenplatz zu bewerben. Das geht auf den meisten Listen inzwischen auch ohne Parteizugehörigkeit und dank Kumulieren und Panaschieren haben dann alle Wähler miteinander sogar die Gelegenheit, diejenigen unter Ihnen ins Parlament zu wählen, die alle gemeinsam für die Besten halten. Im Ort kennt man sich ja…
Und ich weiß, Sie werden heldenhaft für die Abschaffung der Aufwandsentschädigungen stimmen, weil sie für echtes Ehrenamt stehen und der Gemeinschaft gerne von dem etwas abgeben, was sie in ihrem eigentlichen Beruf als Schreiner, Sachbearbeiter, Krankenschwester, Erzieherin oder Kraftfahrer bereits (zu viel?) verdienen… Auf geht’s, bevor wir – wie zum Spargelstechen, Hühnchen rupfen und Oma pflegen – billige Kräfte aus Osteuropa dafür holen müssen…
Und wer (zurecht?) nicht recht glauben kann, dass es so ist, hat vielleicht trotzdem Lust, sich lieber selbst für die Gemeinschaft zu engagieren, anstatt nur zu fordern, dass etwas besser wird. Es bleibt dabei: Auf geht’s!
Ihr
Rainer Sander
2 Kommentare
Und wenn man sich dann noch vorstellt, gewisse Oppositionspolitiker hätten so ne Art Standleitung – sagen wir mal – zu der evtl. namhaften Tageszeitung einer größeren Stadt mit Papier- und Online-Ausgabe – dann wird es gerade in Krisenzeiten für ParlamentarierInnen einer Mehrheits-Fraktion „ganz besonders lustvoll“, ihr Amt auszuüben. In Zeiten, in denen die Geldzuflüsse aus Gewerbesteuern etc. nur so sprudeln und Wunschkonzerte für die Bevölkerung veranstaltet werden können, ist das nun wahrlich keine Kunst. Ist natürlich rein spekulativ, diese Vorstellung mit der Standleitung. So etwas kann es ja nicht geben Zumindest dann nicht, wenn Medien ihrem Auftrag „neutrale Berichterstattung“ gerecht werden „wollen“. Den Parlamentariern, die für uns alle 24 Stdn. am Tag ihren Kopf hinhalten, dabei fair und im demokratischen Sinne reden und handeln und den gegenseitigen Respekt nicht vermissen lassen, gilt meine ganze Achtung. Haltet zusammen. Nur Einigkeit macht stark. Und – lasst Euch auch bei Anfeindungen nicht entmutigen. Wie war das doch gleich? Ach ja, aufstehen, Krone richten – und weitermachen. Jetzt erst recht.
Man sieht es gerade in Baunatal, verantwortungsvolle Politik wird von einzelnen Gruppen angeprangert.
Die Prediger, Wahrsager und Schamanen der Opposition werden für ihre Versprechen, die sie nicht einhalten können, noch mit Beifall bedacht. Diejenigen, die seit vielen Jahren den Baunataler Sport in hervorragender Weise gefördert haben, werden in schlechten Zeiten, als Buhmänner hingestellt.
Das geschieht in vielen Fällen so. Selber keine Freizeit für die Allgemeinheit investieren, die Menschen denen das Gemeinwohl wichtig ist, werden dann noch angegriffen und diffamiert.
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