SCHWALM-EDER. jetzt gehts los! Das steht seit zwei Jahren an der Baustelle, die keine mehr ist und gleich daneben erklärt ein Stellenangebot für Bauarbeiter: „Du weißt, wo der Hammer hängt!“ Ob das die Verantwortlichen im Kreis jetzt dem Klinikkonzern erklären, der an dieser Stelle in Melsungen einen Neubau versprochen hat?
Man schrieb das Jahr 2006, als ungedeckte Betriebskosten der damaligen Kreiskrankenhäuser den Schwalm-Eder-Kreis-Haushalt zu erdrücken drohten. Die Finanzen desolat und selbst Millionenerlöse aus dem fünf Jahre zurückliegenden EAM-Verkauf waren schnell „verdunstet“. Für die Kliniken gab der Kreis noch was „dabei“, damit der Krankenhauskonzern Asklepios die Dinger auch wirklich nimmt. Das geschah also nicht aus Liebe, sondern aus Angst und Verzweiflung und schon damals gab es neben den Ängstlichen, die verkaufen wollten, die anderen Ängstlichen, die das kritisierten aber Gott sei Dank den Kopf nicht hinhalten mussten.
Sind Kliniken tatsächlich Wirtschaftsbetriebe?
Gerade erst hatte damals ein anderer möglicher Betreiber einen vergeblichen Sanierungsversuch unternommen. Aber bei aller Liebe Skalpell und Röntgengerät, scheinen in solchen Momenten zwei Wahrheiten aufeinander zu treffen:
- der Staat ist nicht der bessere Unternehmer!
- das Gesundheitssystem wird gehört nicht in private Hände!
Das hat auf den ersten Blick unmittelbar nichts miteinander zu tun, auf den zweiten Blick aber schon eine ganze Menge. Vielleicht muss der Staat, wenn er die Versorgung und das Wohl seiner Bürger im Blick hat erkennen, dass beides zählt eine Klinik womöglich gar kein Unternehmen ist? Nur weil man das so hätte betrachten können und seit den 90ger Jahren unbedingt so betrachten wollte, muss das nicht stimmen! Vielleicht war es einfacher, Kliniken zu Wirtschaftsbetrieben zu erklären, als ganzheitliche und bezahlbare Modelle zu erarbeiten?
Tatsächlich lässt sich alles nachlesen, was vor 14 Jahren geäußert wurde. Auch wenn man heute mehr weiß, als 2006 bekannt gewesen ist, hat ein jeder so seine Erinnerung, oder wie es Arthur Schopenhauer sagte: „… bei gleicher Umgebung lebt doch jeder in einer anderen Welt.
Schafft Quantität auch Qualität?
In der realen Welt fordern viele Fachleute mal mehr oder (deutlich) weniger als jede zweite Klinik zu schließen. Es gibt Experten, die – vielleicht sogar nachvollziehbar – sagen, dass Leistungen nur qualitativ gut in Häusern erbracht werden können, die möglichst viel Erfahrung damit haben. Das spräche gegen alle kleinen Kliniken, auch gegen Fritzlar und Schwalmstadt. All das wird in den nächsten Jahren intensiv diskutiert werden und wer sich umschaut, sieht, dass im Vogelsbergkreis mächtig gestritten wird, in Marburg-Biedenkopf gab es noch nie ein flächendeckendes Konzept, dort konzentriert sich alles auf Marburger Kliniken, ihrerseits in der Kritik stehen. In Waldeck-Frankenberg gibt es Probleme und mächtig knallen tut es immer wieder im Landkreis Kassel, wo man gerade Wolfhagen dicht machen wollte. In Werra-Meißner-Kreis ist es auch nicht friedlich gerade aktuell tobt der Streit in Hersfeld-Rotenburg bezüglich der Standorte in der Kreisstadt und Rotenburg.
Es ist also ein strukturelles Problem, das ganz offensichtlich den wirtschaftlichen Betrieb einer Klinik nahezu unmöglich macht. Sonst würden nicht alle Landkreise in Nordhessen ganz ähnliche Probleme diskutieren und zu lösen haben. Das macht es nicht besser und erklärt noch lange nicht, warum möglicherweise ein Konzern Wahrheiten verschweigt, mutmaßlich Tatsachen verschleiert und ein Ministerium an der verantwortlichen Gebietskörperschaft vorbei Gespräche führt.
Es bleibt ein sachliches Problem
Es ist aber eher ein sachliches Problem und das könnte es ja auch bleiben, wenn im März nicht auch noch Kommunalwahlen anstehen würden. So ein wenig gibt die SPD jetzt die enttäuschte Geliebte, die betrogen und hintergangen wurde und die CDU den weisen Papa, der es eigentlich immer schon vorher gewusst hat – es aber so nicht gemeint hat – und DIE LINKE die emotionale Mama, die es im speziellen Fall wirklich gewusst hat, aber nur weil sie immer das gleiche sagt und irgendwann muss es ja dann mal stimmen…
Ich würde noch Wetten annehmen, dass im Zuge der gigantischen finanziellen Belastungen aus der Bewältigung der Corona-Krise auch eine Neuordnung des Gesundheitswesens auf uns zukommt. Danach dürften eine Menge Kliniken zur Disposition stehen und vielleicht werden dann ganz andere Wege zu gehen sein. Asklepios wird es – wie wohl in Goslar auch – schaffen, bis dahin neue Realitäten zu vermeiden, um das – nach zukünftigen Gesundheitskonzepten – unbelastet erledigen zu können. Bis dahin wird die Zeit möglicherweise nicht schön sein und wahrscheinlich auch nicht befriedigend. Wer sagt eigentlich, dass Wahrheiten immer schön sind?
Den Taschenrechner noch mal in die Hand nehmen!
Zum Wahlkampfthema eignet sich jedenfalls auch ein möglicher Rechtsstreit kaum und vor einer Rekommunalisierung werden alle noch einmal den Taschenrechner in die Hand nehmen, Wetten, dass? Bis dahin werden alle wissen, wo der Hammer hängt!
Ihr
Rainer Sander
Zum Artikel über die Kreistagsdebatte über die Klink Melsungen