Restart unter Corona-Bedingungen
BAUNATAL. Im Baunataler Repair Café gibt es coronabedingt zwar derzeit keinen Kaffee und Kuchen, doch es wird wieder repariert. Insgesamt 22 ehrenamtlich tätige Fachleute nehmen sich an jedem letzten Dienstag im Monat der defekten Gegenstände an, die die Leute vorbeibringen.
Lange Schlange
Die Schlange der wartenden Menschen vor dem Baunataler Jugendzentrum ist lang. Pünktlich um zehn Uhr öffnet Dieter Schmidt eine Seitentür, hinter der er gemeinsam mit Nicola Capozzola, Kurt Nedell und Jürgen Appell die Dinge entgegennimmt und sortiert, die an diesem Dienstag repariert werden sollen. Staubsauger, Kaffeemaschinen und alte Nähmaschinen; Fahrräder, Kopfhörer und Fernseher, diverse Schmuckstücke oder die Weihnachtsdeko, bei der die Lichterkette nicht mehr funktioniert – die Hoffnung der Besitzer all dieser defekten Gegenstände ruhen auf dem Team vom Repair Café Baunatal. Seit der Eröffnung der Einrichtung vor sechs Jahren reparieren die ehrenamtliche Fachleute einmal im Monat in den Räumen des Jugendzentrums, die die Stadt zur Verfügung stellt, die unterschiedlichsten Gegenstände. Dafür nutzen sie auch die verschiedenen Werkstätten im JuZ.
Fachleute für fast alles
„Wir haben das Riesenglück, dass wir so tolle Spezialisten haben“, sagt Kurt Nedell. Vom Computerfachmann und Ingenieur über Elektriker, Schreiner und Techniker bis hin zur Expertin an der Nähmaschine oder den Fachmann für Fahrräder, es gibt nur wenige Dinge, die die Ehrenamtlichen nicht wieder hinbekommen. „Wir versuchen möglichst schon bei der Annahme festzustellen, ob wir eine Sache wieder reparieren können oder ob es keinen Sinn macht, da muss man ehrlich sein“, bemerkt Dieter Schmidt, der den Besitzer mit der defekten Lichterkette am Weihnachtsbaum wieder wegschicken muss. „Da kann man nichts mehr machen“, lautet sein fachmännisches Urteil.
Hilfe zur Selbsthilfe
Repariert wird alles, „was getragen werden kann“, das schließt die sogenannte „Weiße Ware“ wie Kühlschränke, aber auch Elektroherde etc. aus. Die Reparaturen erfolgen kostenlos, ein kleiner Obolus ist willkommen, der in den kleinen Sparschweinchen, die an den jeweiligen Arbeitsplätzen stehen, hinterlassen werden kann. Oft ist es auch hilfreich, wenn die Leute Ersatzteile, so vorhanden, mitbringen. Anliegen der rund 500 Repair Cafés in Deutschland ist zum einen, Alltags– und Gebrauchsgegenstände, die durchaus noch funktionstüchtig sind, davor zu bewahren, weggeworfen zu werfen, womit ein aktiver Beitrag zum Umweltschutz geleistet wird. Zum anderen geht es vor allem um die Hilfe zur Selbsthilfe, so kann den Experten beim Reparieren über die Schulter geschaut werden.
Beliebter Treffpunkt in „normalen“ Zeiten
Darüber hinaus ist das Baunataler Repair Café – wie der Name es sagt – auch ein beliebter Treffpunkt. Bei Kaffee und selbstgebackenen Kuchen warten die Leute auf ihre Reparaturen, tauschen sich aus oder Bekannte treffen sich für einen Plausch. Nach getaner Arbeit setzen sich auch die ehrenamtlichen Fachleute abends noch gerne im JuZ zusammen und lassen den Tag beim gemeinsamen Abendessen ausklingen.
Corona verändert den Ablauf
So zumindest war es bisher. Seit Beginn der Corona-Pandemie hat sich auch der Ablauf im Repair Café stark verändert und musste den gegebenen Bedingungen angepasst werden. Nach einer längeren coronabedingten Ruhepause läuft die Annahme der Reparaturen wieder. „Wir freuen uns, dass wir wieder an jedem letzten Dienstag im Monat für die Leute da sein können“, sagt Kurt Nedell. Leider fehle jetzt der gesellige Aspekt. Die Leute geben ihre Gegenstände am Vormittag zwischen 10 und 12 Uhr an der Tür bei Dieter Schmidt, Nicola Capozzola, Jürgen Appell und Kurt Nedell ab und werden später angerufen, um sie noch am selben Tag wieder abzuholen. Weitere ehrenamtliche Fachfrauen und Fachmänner kommen anschließend und setzen sich unter Einhaltung der geltenden Abstandsregeln an ihre Plätze, wo sie mit den Reparaturen beginnen. „Die meisten von uns zählen aufgrund des Alters ja auch zur Risikogruppe, da passen wir natürlich sehr auf“, berichtet Kurt Nedell. „Das alles wird wohl noch eine lange Zeit so weitergehen“, fürchtet er. Doch das Angebot bleibe bestehen, denn der Bedarf sei sehr groß und „wir sind alle mit viel Spaß bei der Sache und wir freuen uns, dass wir weiter gebraucht werden“, fügt er hinzu.
Dank an Ehrenamtliche
„Wir freuen uns, dass es seit vielen Jahren dieses tolle Angebot in Baunatal gibt, das so gut angenommen wird. Dank Ihres Engagements geht es auch in diesen Zeiten hier weiter. Das ist ein weiteres schönes Zeichen dafür, dass schrittweise wieder mehr Normalität einkehrt“, stellt Bürgermeisterin Silke Engler fest. Ihr Dank gilt allen ehrenamtlich Tätigen in der Stadt, die dazu beitragen, das soziale und gesellschaftliche Leben aufrechtzuerhalten.
Nächster Termin am 29. September
Der nächste Termin für das Repair Café ist der 29.09.2020. Ab 10 Uhr stehen die Männer auf dem Innenhof des Jugendzentrums wieder zur Annahme bereit, „und zwar auch bei schlechtem Wetter“, versichern sie. (bn | rs)
Foto:
Jürgen Appell, Nicola Capozzola, Dieter Schmidt und Kurt Nedell nehmen die defekten Gegenstände entgegen, die die Leute in Corona-Zeiten vor der Tür abgeben müssen. © Foto: BN