PDF-Broschüre sorgt für „gnadenlose“ Transparenz
BAUNATAL. Sportplätze, Spielplätze, Busse, Bücher zum Ausleihen, Kindergärten, Wasser aus dem Hahn, Müllentsorgung, Brandschutz, öffentliche Ordnung oder Wasseraufbereitung, all das sind „Produkte“ und Leistungen, die Bürger sehr gerne – vor allem selbstverständlich – in Anspruch nehmen. Sie sind Teil der Grundversorgung, der Daseinsvorsorge oder lebenswerte Leistungen.
Manches ist lebenswichtig, vieles macht die Stadtgemeinschaft aus, nur Weniges gehört in die Kategorie „Nice to have…“ Aber wer – bitteschön – macht sich darüber Gedanken, was welche Leistung kostet? Die Stadt Baunatal macht es transparent:
6.188 Euro je Feuerwehreinsatz
Wenn in Baunatal die Feuerwehr ausdrückt, um einen Brand zu löschen, eine Ölspur zu beseitigen, einen Keller auszupumpen oder wegen eines Fehlalarmes, dann schlägt das jedes Mal umgerechnet mit 6.188 €uro zu Buche. 209 mal im Jahr passiert das, 37 mal ohne Anlass (Fehlalarm). Dabei beschäftigt die Stadt nicht einmal eine hauptamtliche Feuerwehrfrau oder Feuerwehrmann. So viel kosten die Gebäude und die 22 vorhandenen Fahrzeuge – 360.000 €uro beispielsweise ein LF10 – und Material. Pro Jahr 54 €uro pro Einwohner, 46 €uro davon muss die Stadt aufbringen.
Für die Bewohner der Stadt gibt es einen Anspruch, dass die Hilfe innerhalb von zehn Minuten vor Ort ist und mehr muss niemanden interessieren, es sei denn sie oder er ist in der Feuerwehr (freiwillig) oder in einem politischen Gremium der Stadt (ehrenamtlich). Das ist auch gut so, trotzdem ist es manchmal schön zu wissen, was so etwas kostet…
21,47 €uro die Schwimmbadbesuch – bei 4,20 €uro Eintritt
Wer hätte gedacht, dass ein Schwimmbadbesuch im AquaPark bei 3,5 Millionen €uro Gesamtkosten nicht nur die 4,20 €uro Eintritt kostet, sondern tatsächlich 21,47 €uro und die Stadt also pro Person und Besuch 17,27 €uro zuschießt? Wer jetzt meint, das sei nur in Baunatal so teuer, wird bei eigener – zugegeben aufwendiger – Recherche im Internet schnell feststellen, dass es anderswo nicht besser, sondern nur anders ist. Was Baunatal allerdings ausmacht, dass ist eine unglaubliche Vielfalt an Leistungen, Einrichtungen und Produkten, die die Stadt durchaus etwas teurer machen als andere Kommunen.
3,04 €uro pro Buch-Ausleihe und 2,45 €uro je Busfahrt aus dem Haushalt
Andere Städte und Gemeinden zahlen geringere Zuschüsse, beziehungsweise belasten die Bürger etwas mehr oder bieten manche Leistungen gar nicht erst an. Eine kommunale Bücherei gibt es nicht überall, sicherlich auch, weil jede Ausleihe eines Buches 3,04 €uro kostet. Das passt nicht in jeden städtischen Haushalt. In Baunatal ist das bislang selbstverständlich und soll es auch bleiben. Auch der Stadtbus ist eine kommunale Besonderheit außerhalb der Großstadt Kassel. Kaum eine Kleinstadt hat die Mittel, um mehr als 1,1 Millionen €uro dafür auszugeben und damit 2,45 €uro je Fahrgast beizusteuern.
610 €uro im Monat für jeden Kindergartenplatz
Die höchsten Kosten entstehen zu Beginn und am Ende des Lebens. Ein Kindergartenplatz kostet jeden Monat 610 €uro. Das ist eine selbstverständliche Leistung und in Baunatal wird sie nach einem guten pädagogischen Standard erbracht, der – gemessen am Personaleinsatz – etwas über dem Durchschnitt liegen mag. Ganz sicher will darauf aber auch niemand verzichten. Billiger ist nicht besser. Knapp 9,2 Millionen €uro wendet die Stadt Baunatal jedes Jahr für ihre 16 Kindertagesstätten auf.
Eine Beerdigung bezuschusst die Stadt mit 1.078 €uro, fast genauso viel müssen die Angehörigen selbst aufbringen. Für eine Familie mit geringem Einkommen ist das schon ein Batzen Geld. In manchen anderen Städten und Gemeinden müssen die Bürger das weitgehend alleine bezahlen.
Mehr Licht! 5.000 Laternen für je 22 €uro pro Einwohner und Jahr
Dass es die Bürgerinnen und Bürger in der Stadt auch interessiert, dass die Straßenbeleuchtung pro Einwohner 22 €uro kostet und 5000 Laternen insgesamt 614.945 €uro im Jahr „verschlingen“ oder die Sporteinrichtungen bei 2.750.110 €uro mit 86,73 € pro Einwohner und Jahr zu Buche schlagen, das hat sich auch die Baunataler Verwaltung gedacht. An deren Spitze stehen Bürgermeisterin Silke Engler und Erster Stadtrat Daniel Jung.
Neue Broschüre – kostengünstig – nur online – passend zur Haushaltslage
Entstanden ist eine neue Broschüre, die es – umweltfreundlich und vor allem kostengünstig – nur online als PDF gibt. DOWNLOAD HIER! Sie übersichtlich und gibt jetzt Aufschluss darüber, wie viel Geld in der Volkswagen-Stadt aufgewendet wird, um das Leben in der Stadt möglich zu machen oder angenehm und liebenswert zu gestalten. Die gestrige Vorstellung der Broschüre wurde überlagert von den Informationen über die ungewöhnlich angespannte Haushaltssituation in Baunatal. Das war so nicht geplant, hat sich aber so ergeben und jetzt ist die – sowieso vorgesehene – Broschüre quasi Auftakt zur absolut transparenten Information der Bürgerinnen und Bürger über die Finanzen der Stadt.
Die Broschüre erklärt zunächst den Haushalt, beispielsweise dass 2019 an Gewerbesteuer 30.500.000 €uro die größte Position im Haushalt waren, der Anteil am Einkommensteueraufkommen immerhin rund 17 Millionen €uro betrug, etwa 8 Millionen €uro aus der Umsatzsteuer in die Stadtkasse fließen und städtische Gebühren, Entgelte und Steuern mit insgesamt 12 Millionen €uro nur gut 15 Prozent des 80 Millionen €uro umfassenden Haushalt finanzieren. Dabei ist die Grundsteuer mit 6,5 Millionen €uro die größte Position. Auch die Ausgabepositionen werden gut erklärt. Interessant ist, dass die pro Kopf-Verschuldung der Stadt innerhalb der letzten zehn Jahre von 249 € auf 137 € geschrumpft ist. Mit 3,8 Millionen €uro Darlehensstand steht Baunatal immer noch fast perfekt da.
Vergleiche finden nicht statt – können aber hilfreich sein
Unserem Bericht von gestern folgend, ist zu ahnen, dass in Baunatal vieles so nicht bleiben kann. Wer die Zahlen aufmerksam studiert und sich die Mühe macht, über die Stadtgrenze von Baunatal hinauszuschauen, wird feststellen, dass „Normalität“ keine höhere Belastung als in Nachbarkommunen bedeuten würde. Das ist aber, so Silke Engler, gar nicht das Ziel der Stadt, denn die Bürgermeisterin ist davon überzeugt, dass sich Baunatal auch zukünftig mehr wird leisten können, als andere Städte und Gemeinden. So oder so ist es nützlich und sorgt für Bodenhaftung, wenn man sich die eine oder andere Zahl einfach mal in Ruhe betrachtet. Dazu besteht jetzt Gelegenheit. (rs)
Hier gibt es die Broschüre: https://www.baunatal.de/de-wAssets/docs/aktuelles/Was-kostet-Baunatal.pdf
hier gibt es den Bericht über die Haushaltslage: https://nh24.de/2020/08/27/schlimmste-situation-seit-stadtgruendung/