TREYSA. Gudrun Sommer-Werner, Einrichtungsleiterin der Hephata-Sozialpsychiatrie Treysa, ist zum 31. Juli in Rente gegangen. In den vergangenen 31 Jahren hat sie sich um – wie sie sagt – „Menschen mit ver-rückter Realität“ gekümmert. „Aber was ist eigentlich ver-rückt?“, fragt sie lächelnd.
Die Antwort kommt prompt: „Hängt ein Bild an der Wand, wirkt es anders, als wenn es auf dem Boden steht. Es ändert sich die Perspektive, wir haben nicht alle die gleiche. So ist es auch mit der Seele. Sie kann durch etwas ver-rückt werden, was man nur schwer verstehen kann, wenn man es nicht selbst erlebt.“
Nur eine Perspektive, eine Sicht auf Menschen und Dinge zu haben, das habe sie immer abgelehnt. Offenheit, Respekt und Neugierde seien ihr dabei gute Helfer gewesen – auch bei ihrem eigenen Berufsweg. Zunächst arbeitete sie als Krankenschwester, später Fachkrankenschwester für Anästhesie und Intensivpflege, in Melsungen, Homberg, der Uniklinik Marburg und in Ziegenhain. Nach der Geburt ihres Sohnes Julian gestaltet sich der Wiedereinstieg in den Beruf nicht wie gewünscht, durch Zufall erfuhr sie, dass die Sozialpsychiatrie Hephatas Krankenschwestern suchte. „Ich hatte null Ahnung, was Sozialpsychiatrie bedeutet, war aber offen und habe es einfach versucht“, erinnert sich die 63-Jährige.
Damals, im März 1989, war die Sozialpsychiatrie ein eigenständiger Bereich mit sechs Mitarbeitern und elf Klienten in Schwalmstadt. Ein Betreutes Wohnen gab es nicht. Heute gehört die Sozialpsychiatrie zum Hephata-Geschäftsbereich Soziale Rehabilitation, hat Standorte in Fritzlar und Schwalmstadt. Gudrun Sommer-Werner war zuletzt verantwortlich für 23 Mitarbeitende, zehn Klienten in Wohngruppen, 50 Klienten im Betreuten Wohnen und sechs im Trägerübergreifenden Persönlichen Budget. Es lässt sich erahnen, was die Entwicklung des Bereiches an Bewegung und Veränderung bedeutete.
„Mir war klar, dass ich als Krankenschwester nicht weit komme“, sagt Sommer-Werner. Weiterbildungen folgten, eine sozialpsychiatrische Zusatzausbildung, schließlich auch das Studium der Diplom-Sozialpädagogik. 1999 wurde Gudrun Sommer-Werner zur Teamleiterin der Hephata-Sozialpsychiatrie in der Rommershäuser Hohle, 2007 zur Einrichtungsleiterin der Hephata-Sozialpsychiatrie Schwalmstadt. Zahlreiche Projekte brachte sie mit auf den Weg. „Die Grundlage meiner Arbeit war immer der lebensweltorientierte Ansatz nach Hans Thiersch: Prävention, Regionalisierung, Dezentralisierung, Alltagsorientierung, Integration und Partizipation.“
Dankbar und besonders stolz ist sie auf ihre Kolleginnen und Kollegen in den Teams: „Ohne sie wäre die bereichernde Zeit in der Sozialpsychiatrie nicht möglich gewesen. Weitere Höhepunkte waren die Psychose-Seminare, die von 2002 bis 2017 stattfanden: „Das bedeutete: Die Klienten sind die Experten, die Angehörigen die Kenner und wir die Profis, die sich einen Zugang zu dem psychiotischen Erleben erarbeiten müssen.“ Sowie die Umsetzung des Trägerübergreifenden persönlichen Budgets seit 2008 und das Konzept des betreuten Wohnens seit 2014.
Ab August wird Sommer-Werner nun selbst ver-rückt im Leben. Weitermachen will sie stundenweise als Dozentin in der Erzieher- und Heilerzieherausbildung an der Hephata-Akademie für soziale Berufe. Genauso wie das ehrenamtliche Engagement im Treysaer Altstadtladen. „Ich möchte auch ein Praktikum im Krankenhaus absolvieren, um mein Wissen als Fachkrankenschwester aufzufrischen. Danach werde ich mich beim ,Senior Experten Service (SES)‘ bewerben. Das ist eine Ehrenamts- und Entsendeorganisation für Fach- und Führungskräfte im Ruhestand. Ich würde gerne in der Mongolei für ein paar Wochen ehrenamtlich arbeiten.“ (pm)
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1 Kommentar
Beste 😀
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