MELSUNGEN. Die Entscheidung darüber, wann genau die LIQUI MOLY Handball-Bundesliga in die Saison 2020/21 startet, soll in Kürze vom Präsidium der HBL unter Einbeziehung der Clubvertreter getroffen werden. Sie ist nicht zuletzt davon abhängig, welche Rahmenbedingungen die Behörden angesichts der Corona-Pandemie vorgeben.
Fraglich ist deshalb auch noch, ob und wenn ja, wieviele Zuschauer zu den Spielen zugelassen werden können. Ungeachtet dieser “offenen Posten” bereiten sich die Clubs derzeit sportlich und organisatorisch darauf vor, im Herbst wieder Spiele austragen zu können. Die MT Melsungen hat jetzt ihren Trainingsplan für ihr Bundesligateam festgezurrt.
Gudmundur Gudmundsson, Trainer der MT Melsungen, weilt derzeit zwar noch in seiner Heimat Island, hat aber für Anfang Juli einen Flug nach Deutschland gebucht. Der Coach hofft, dass sich bis dahin weitere Lockerungen in der Corona-Krise ergeben werden und er rechtzeitig zum Start der Saisonvorbereitung seines Teams am 10. Juli in Melsungen ist. Seitdem Mitte März der Ligaspielbetrieb aufgrund der Pandemie eingestellt wurde, haben sich die MT Profis größtenteils individuell fit gehalten.
Letzte Woche ergab sich kurzfristig die Möglichkeit, unter Einhaltung der gängigen Abstands- und Hygienevorgaben zum ersten Mal einige Einheiten in der Halle mit dem Ball zu trainieren. Athletikcoach Florian Sölter, der in Absprache mit Trainer Gudmundsson und Co-Trainer Arjan Haenen die Trainingsinhalte festlegt und vor Ort überwacht, ließ dabei jedoch maximal leichte Bewegungen mit dem angestammten Sportgerät zu. “Die Spieler haben jetzt monatelang kein Balltraining absolviert. Deshalb kämen zum Beispiel Wurfserien aufs Tor viel zu früh, auch wenn es den Spielern mächtig in den Fingern juckt”, erklärt der promovierte Sportwissenschaftler (s.u. “Dr. Florian Sölter: Mündige Athleten”).
Die laufende Woche ist komplett der Regeneration vorbehalten, bevor sich ab 22. Juni ein zweiwöchiger Block mit eigenverantwortlichem Training nach Vorgaben der Trainer anschließt. Danach dürfen die Spieler nochmals fünf Tage lang durchschnaufen, um dann am 10. Juli in die eigentliche Vorbereitung auf die Saison 2020/21 zu starten. Traditionell werden in den ersten zwei, drei Tagen die obligatorischen Fotoshootings für die zu erstellenden Saisonmedien abgearbeitet. Am 13. Juli steht eine umfangreiche Leistungsdiagnostik auf dem Plan, bei der nach neuesten wissenschaftlichen Methoden von jedem Spieler der individuelle Fitnesszustand ermittelt wird.
“Auch wenn derzeit noch nicht feststeht, wann der Spielbetrieb wieder aufgenommen werden kann, müssen wir ja entsprechende Pläne aufstellen, um für den Tag X gerüstet zu sein. Dazu zählt neben dem sportlichen Bereich auch der organisatorische. So wollen wir zum Beispiel möglichst schnell mit dem Ticketvorverkauf starten. Sobald feststeht, wann die Saison beginnen wird, werden wir unsere Fans und Dauerkarteninteressenten über die Vorverkaufsmodalitäten informieren. Ich gehe davon aus, dass dies nächste Woche der Fall sein wird”, erklärt Vorstand Axel Geerken.
Auch in der Wettkampfpause wurde beim nordhessischen Erstligisten hinter den Kulissen fleißig weitergearbeitet. So konnten inzwischen allen drei MT-Neuzugängen Wohnungen vermittelt werden. Silvio Heinevetter, Timo Kastening und Arnar Freyr Arnarsson sind dabei, sich Zug um Zug in Melsungen und Kassel einzurichten.
Dr. Florian Sölter: Mündige Athleten
Die Steuerung und Überwachung der Trainingsarbeit vor Ort obliegt derzeit größtenteils MT-Athletikcoach Dr. Florian Sölter. Der Sportwissenschaftler hat ein spezielles Instrumentarium entwickelt, das die subjektiv wahrgenommene Belastung der Spieler berücksichtigt und bedarfsorientierte Trainingsempfehlungen ermöglicht. Dabei werden die Spieler unter anderem mithilfe eines täglichen Monitorings und einem systematischen Austausch mit den Trainern dazu angeleitet, ihr persönliches Leistungsvermögen zu reflektieren und eigenverantwortlich die Belastung zu regulieren. Stichwort: “Der mündige Athlet. “Gesunde, einsatzfähige Spieler sind ein entscheidender Erfolgsfaktor. Deshalb legen wir bei der MT höchsten Wert auf eine systematische Diagnostik und Belastungssteuerung”, erklärt Sölter. Die Statistik gibt diesem Bemühen Recht. So ist die Zahl der Non-Kontakt-Verletzungen deutlich zurückgegangen und knapp 95 % der Verletzungen waren bereits nach sieben Tage ausgeheilt.
Sölters Konzept und das von ihm entwickelte Tool ist von der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) als “Best Practice”-Beispiel gewürdigt worden (www.vbgnext.de/profitieren, Stichwort Melsungen) und hat damit auch gute Chancen, bei der Vergabe des VBG-Präventionspreises 2020 im September berücksichtigt zu werden. (pm)