ADFC empfiehlt: Kommunen sollen Investitionen gezielt verstärken
SCHWALMSTADT. Die Corona-Pandemie mit all ihren Beschränkungen im Alltag verändert offensichtlich die Gewohnheiten vieler Menschen. Dazu zählt auch die Wahl des Fahrrads oder Pedelecs („E-Bikes“) als Verkehrsmittel für die Wege in Alltag und Freizeit.
Der Kreisverband Hersfeld-Rotenburg/Schwalm-Eder im Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) sieht in der aktuell deutlich sichtbaren Zunahme des Radverkehrs eine der wenigen positiven Folgen der Corona-Krise. Die Fahrradhändler verkaufen spürbar mehr neue Räder; insbesondere Pedelecs, d. h. mit einem Elektromotor bis 25 km/h unterstützte Fahrräder sind sehr beliebt. Wer an seinem Rad eine Inspektion oder Reparaturen durchführen lassen möchte, muss derzeit meist mit längeren Wartezeiten rechnen.
Während in den ersten Wochen des „Lockdowns“ die Zahl der Autos auf den Straßen drastisch gesunken war und man mit dem Fahrrad weitgehend entspannt und unbehelligt auf der Fahrbahn fahren konnte, scheint sich diese „Schonzeit für Radler“ schon wieder ihrem Ende zu nähern. Und damit werden die vielen bestehenden Lücken in der Infrastruktur für Radfahrer wieder schmerzlich erlebbar.
„Wir sind in Sorge, dass Bund, Länder, Landkreise und Kommunen aufgrund der finanziellen Belastungen in Folge der Corona-Krise die bisher schon eher geringe Förderung des Radverkehrs weiter herunterfahren oder gar komplett einstellen könnten“, befürchtet der ADFC-Kreisvorsitzende Ulrich Wüstenhagen (Schwalmstadt). Dabei lieferten die aktuelle Zunahme des Radverkehrs und die unübersehbaren Folgen des beschleunigten Klimawandels doch viele Gründe dafür, gerade jetzt die Anstrengungen zu vergrößern, die eine echte Verkehrswende und damit u. a. eine bessere Radverkehrsinfrastruktur zum Ziel haben. Zumindest für das Land Hessen kam von Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) erfreulicherweise gerade ein klares Signal für eine verstärkte Förderung des Radverkehrs. Da zahlreiche Maßnahmen jedoch in den Kommunen geplant und umgesetzt werden müssen, bleibe abzuwarten, in welchem Umfang die Fördermittel dann auch tatsächlich abgerufen werden.
Eine im Rahmen der bundesweiten ADFC-Kampagne #MehrPlatzFürsRad in Arbeit befindliche, interne Untersuchung für ein Radwegenetz im Schwalm-Eder-Kreis legt offen, dass an vielen Bundes-, Landes- und Kreisstraßen etliche Kilometer Radwege fehlen. Ziel müsse es sein, ein dichtes Netz zwischen den Gemeinden, Städten und Stadtteilen zu knüpfen. Oft böten sich vorhandene Wirtschaftswege an, die vom Radverkehr mitgenutzt werden könnten. Allerdings müssten diese häufig noch asphaltiert werden, um ein sicheres und komfortables Radfahren – auch bei schlechter Witterung zu ermöglichen. Außerdem mangele es an vielen Orten nach wie vor an sicheren Abstellanlagen. Die vielerorts vorhandenen „Vorderradklemmbügel“ kritisiert der ADFC als ungeeignet zur Verhinderung von Diebstahl. „Die Infrastruktur muss – gerade auch bei uns im ländlichen Raum – schnell besser werden, wenn der jetzige Boom des Radverkehrs dauerhaft zu einem anderen Mobilitätsverhalten führen soll“, ist sich Ulrich Wüstenhagen sicher. (pm)