Romantische Orte, Bergbau-Vergangenheit und Tourismus
FRIELENDORF. Heute unternimmt nh24 mit Ihnen keinen Rundgang über den Himmelfahrtsmarkt, dafür aber einen „Dorfspaziergang“. Frielendorf ist die größte Gemeinde im Schwalm-Eder-Kreis und darf sich seit dem vergangenen Jahr Marktflecken Frielendorf nennen. Das ist begründet durch eine 326-jährige Markt-Tradition.
Schon damals waren die Märkte eine wichtige Einnahmequelle. An der Handelsstraße „Lange Hessen“ zwischen Leipzig und Frankfurt oder im engeren Gebiet zwischen Schwalm und Niederhessen gelegen, musste die Brücke über die Ohe und die Dorfstraße instandgehalten werden. Auch das Braurecht und das Recht Wein auszuschenken besaßen die Frielendorfer. Der Markt 2020 ist leider den Corona-Schutzmaßnahmen zum Opfer gefallen.
Bergbautradition und touristische Highlights am Silbersee
Wir beginnen den Spaziergang am Silbersee und erkunden damit eine weitere lange Tradition der über 800 Jahre alten Gemeinde. Bereits im 19. Jahrhundert wurde in Frielendorf Kohle abgebaut. Im Jahr 1821 begann die Arbeit der Zeche in Frielendorf. Der Silbersee war ein Tagebau-Areal. Mit Schließung der Zeche im Jahr 1968 endete die Bergbautradition. Heute befindet sich hier der abwechslungsreichsten Quadratkilometer Hessens, wie Frielendorf die Silbersee-Erlebniswelt gerne bewirbt. Ein Hallenbad mit Saunalandschaft (WellnessParadies), die Sommerrodelbahn, der Hochseilgarten, die SilberseeAlm oder das Indoor-Spielparadies sind zusammen mit dem Ferienwohnpark und dem Hotel am Silbersee Garant für eine neue Einnahmequelle durch den Tages- und Ferien-Tourismus.
Kilometerweise Geschichte erkunden
Vorbei am Hotel geht es durch das alte Zechengelände. Das hat die Natur längst zurückerobert, nur wer genau hinschaut, erkennt noch die Spuren industrieller Vergangenheit. Die Hassia-Kohle wurde in ganz Deutschland verkauft. Angebunden war die Zeche an die alte Kanonenbahn, eine ebenfalls inzwischen stillgelegte Bahnstrecke. Unter dem Gleisbett hindurch gelangt man durch das alte Zechentor in den Ort. Dort findet man im Museumsladen viele Zeugnisse der Heimatsgeschichte und ein maßstabsgerechtes Modell der alten Zeche.
Der Ortskern ist geprägt durch Fachwerkhäuser und den Bachlauf der Ohe. Dort findet sich manch Kleinod, wie ein Ensemble mit alten Milchkannen auf der Titelseite. Wer die Hauptstraße entlang schreitet, entdeckt auch historische Gebäude, wie die alte Türmchenschule gegenüber dem Rathaus.
Marktgeschichte
Die Hauptstraße ist auch die Marktstraße für den Himmelfahrtsmarkt, der die beschriebene Markttradition bis heute fortsetzt. Leider kann dieser erste große Markt in der Region in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden. Trotzdem ist es schön, hier entlang zu gehen und Richtung Süden den Fußweg Richtung Spieskappel zu laufen. Hier geht man auf Pilgerpfaden. Der Elisabethpfad und der Lulluspfad durchqueren hier das Gemeindegebiet von Frielendorf und locken viele Pilger an Silbersee und Ohe. Einst ist die Heilige Elisabeth hier auf ihrer Migration von der Wartburg nach Marburg vorbeigekommen und auch Martin Luther auf seinem Weg zum Marburger Religionsgespräch. Ein Spaziergang durch Frielendorf ist also immer auch ein Weg durch die Geschichte.
Kloster und Grenze
In Spieskappel stand einst ein Kloster, von dem einige wenige Mauerreste und vor allem die mächtige Klosterkirche übrig sind. 1143 gründeten Prämonstratenser das Chorherrenstift Kappel, das Zollfreiheit, Münzrecht und ein eigenes Sendgericht besaß. Wer mag, kann von hier einen Abstecher zum Spiesturm machen, dem Wappen-Wahrzeichen von Frielendorf. Einst verlief hier die Grenze zwischen Oberhessen und Niederhessen, zwischen den Grafschaften Hessen und Ziegenhain.
Wer den alten Gerichtsort der Mönche besuchen will, kann den Fußweg nach Totenhausen beschreiten und dort den Sendberg erklimmen. Einer der wenigen vor vielen Tausend Jahren aktiven Vulkane in der Region, bietet eine weitere Attraktion, nämlich ein Hochmoor. Das dürfte schon den Schamanen und Druiden als Opferstätte gedient haben. Die Chronik des Dorfes spekuliert sogar darüber, dass hier einst Druiden ausgebildet wurden. War hier der Karnutenwald von Asterix? (rs)