Autokino Homberg: Reiner Irrsinn Neon-Show mit Phil Schaller
HOMBERG/EFZE. Ein in sich ruhender aber dennoch gespannter Joachim Walther (Cine-Royal), eine freudestrahlende Verena Wimmel (Stadtmarketing Homberg), eine neue Herausforderung für das Technik-Team, ein erwartungsfrohes Publikum irgendwo zwischen 300 und 600 Besuchern und ein sichtlich nervöser Dirk Schaller (Reiner Irrsinn). Der erste Live-Act im Autokino Homberg.
Zwei Monate lang keine Kultur und dann ohne direkten Kontakt zum Publikum, das ist nicht nur anders, sondern scheinbar ganz schön schwer vorzustellen. Friseurmeister Dirk Schaller, alias „Reiner Irrsinn“, verdankt seinen Erfolg nicht einer Besonderheit in der Stimme. Er versteht es vielmehr – wie kaum ein anderer – das Publikum anzusprechen und mitzureißen. Er ist authentisch und in dem was er tut immer eindeutig. Schaller macht Party, ohne dass jemals etwas aus dem Ruder läuft, er ist einfach der „Gute Laune-Sänger“ in Nordhessen. Was er dazu braucht, ist vor allem der unmittelbare Kontakt zum Publikum, das Strahlen in den Augen seiner Zuhörer, dass Mitsingen, den Applaus und kaum jemand ist während eines Konzertes so angetan von einem Publikum in Party Stimmung, wie er selbst.
Andere Show, anderer Sound, anderer Kontakt
Man vermag zu ahnen, wie schwer allein der Gedanke sein muss, vor Autos zu singen, ohne seinen Fans in die Augen sehen zu können. Die Regeln waren klar, Aussteigen nur zum Toilettengang, 1,5 Meter Abstand, nur zwei Familien im Auto, höchstens fünf Personen. 150 Autos waren da, stets waren zwei, manchmal mehr Sitzplätze besetzt. Der Sound kam nicht von der Bühne, sondern aus dem Autoradio, auf der Bühne standen nur die Monitor-Boxen, die zumindest so laut waren, dass die vier Künstler sich auch dann noch hören konnten, wenn sie den Weg ins Publikum suchten.
Auch das war perfekt vorbereitet, das Team von „Rock am Stück“, das demnächst mit Heavy Metal die Arena rocken wird, hatte schon mal zwei alte Fahrzeug-Wracks aufgebaut, die als „Bühnen-Laufsteg“ dienten. Immer wieder waren die Sänger zwischen den Autos zu finden, schauten in die Fenster und am Ende war die Kommunikation fast genauso, wie sonst auch. Wenn die Technik den Sound ausstellte, war auch das Mitsingen in den Autos zu hören, das dann für eine besondere Gänsehaut-Stimmung sorgte.
„Freiheit“ zum Auftakt
Mit „Freiheit“ von Marius Müller-Westernhagen begann das Konzert und schon nach wenigen Sekunden war klar, dass sich Publikum und Sänger auch durch die Frontscheiben verstehen, am Ende halfen Lichthupe, Hupe und Neonsticks, um die Kommunikation herzustellen. Es gab so etwas wie den sechsten Sinn zwischen Publikum und Reiner Irrsinn. Zwischendurch mal auf das Autodach klatschen und wer ein Schiebedach hatte, wagte es auch, sich dort hinaus zu zwängen. Der eine oder andere saß auf dem Autofenster. Getreu dem Motto der Neon-Show, hatten viele bunte Lichter in ihren Fahrzeugen.
Ein besonderer Höhepunkt war Phil Schaller, Dirk Schallers Namensvetter und The Voice-Kids-Finalist. Er feierte nach der Fernsehshow seinen ersten Liveauftritt in der Arena in Homberg. Schon die letzten Fernsehshows hatten unter Corona-Bedingungen ohne Publikum stattgefunden und gleich danach ging nichts mehr. Phil begeisterte mit Performance und sorgte mit dem Udo Lindenberg-Klassiker „wozu sind Kriege da“ auch für Gänsehaut.
Feurig bis zum Schluss
Das Team von „Rock am Stück“ hatte noch die Bühnen-Pyrotechnik mitgebracht und so wurde es im wahrsten Sinne des Wortes feurig vor der Bühne. Ein kleines Stück Realität kehrte zurück und zwei Dinge wurden deutlich: Kultur funktioniert immer, wenn auch anders, aber auch die Normalität wird wohl für längere Zeit eine andere sein. Die Menschen sind flexibel geworden und wir dürfen gespannt sein, was die nächsten Monate noch Neues bereithalten. Die Regeln jedenfalls wurden eingehalten bis zum Schluss und wenn ein paar Leute aus den Autofenstern krochen: im Auto selbst hätten sie viel enger gesessen. Die Künstler kamen sich nur zweimal kurz näher, als es um Fotos für die Presse ging. (rs)