TREYSA. Am Standort Friedrich-Trost-Schule der Hephata-Förderschulen läuft der Unterricht trotz Corona-Schutzmaßnahmen inhaltlich weiter nach Plan. Durch den Einsatz digitaler Medien können alle Jahrgangsstufen weiterhin am Unterricht teilnehmen – zum Teil mit physischer, zum Teil mit virtueller Präsenz.
„Ich bin davon überzeugt, dass unsere Schüler keinerlei Defizite in diesem Schuljahr durch das Coronavirus haben werden. Wir sind in der Lage den Unterricht weiterhin durchzuführen, weil wir schon vor Jahren ein entsprechendes Medienbildungskonzept erarbeitet haben. Auch die Vorbereitung für Prüfungen läuft bei uns weiter“, sagt Sascha Gömpel, stellvertretender Schulleiter der Friedrich-Trost-Schule (FTS).
Die FTS ist zuständig für alle Berufsschulpflichtigen, die von der Hephata Diakonie beruflich gefördert oder ausgebildet werden, oder die generell einen sonderpädagogischen Förderbedarf haben. Derzeit bildet die Förderschule unter anderem dreizehn Schüler in drei verschiedenen Lehrjahren für die Berufe Fachpraktiker Metall und Schweißwerker aus.
Auch hier läuft der Unterricht weiter. Die tägliche Morgenrunde beginnt weiterhin um 8 Uhr morgens. Sascha Gömpel und die Schüler wiederholen zunächst den Unterrichtsinhalt vom letzten Schultag und klären offene Fragen. Mit großzügigem Abstand zueinander sitzen drei Schüler mit dem Lehrer in einem der Klassenräume. Die Schüler sind im letzten Lehrjahr und dürfen deshalb nach einer ersten Lockerung seit der vorigen Woche wieder die Schule besuchen. Jene Schüler, die nicht kurz vor ihren Abschlussprüfungen stehen, nehmen unterdessen per Videochat von zuhause aus am Unterricht teil.
„Ein Teil der Schüler kann in der aktuellen Situation nicht die Schule besuchen. Mithilfe von Videochats und digitaler Unterstützung bei den Schulaufgaben verpassen sie aber dennoch nichts vom Unterrichtsstoff“, fasst Lehrer Gömpel die Situation zusammen. Für die Schüler der Friedrich-Trost-Schule ist die Arbeit mit dem Tablet sowie die Kommunikation über Chats und Videotelefonie nichts Ungewohntes. Schon vor Beginn der Corona-Krise gehörten die digitalen Endgeräte an den Hephata Förderschulen zum Unterrichtsalltag.
An der Friedrich-Trost-Schule und der Ludwig-Braun-Schule, der Förderschule Hephatas mit den Förderschwerpunkten Lernen, emotionale und soziale Entwicklung, erhält jeder Schüler für den Unterricht ein speziell von der Schule eingerichtetes Tablet. Für die dritte Hephata Förderschule in Schwalmstadt, die Hermann-Schuchard-Schule, sollen ebenfalls Tablets angeschafft werden. Die Schule plant im Laufe des nächsten Schuljahres auch dort alle Schüler mit einem Tablet auszustatten.
Aktuell arbeiten die Schüler aus dem Metallgewerk an einbruchssicheren Fenstergittern. Mit den Tablets erarbeiten sie, welches Material dafür geeignet ist. Die Schüler sammeln zunächst, welche Voraussetzungen das eingesetzte Metall erfüllen sollte. Sowohl von Schülern im Klassenzimmer als auch von den Mitschülern im Videochat werden Ideen an der digitalen Tafel gesammelt. Das Metall sollte nicht leicht zu biegen oder zu durchtrennen sein. Da Fenstergitter außen angebracht werden, darf das Metall nicht rosten. Außerdem muss sichergestellt werden, dass die Schrauben nicht einfach wieder rausgedreht werden können. Anhand dieser Kriterien stellen die Schüler eine Materialliste zusammen und erstellen erste Entwürfe.
„Das Arbeiten mit den Tablets erleichtert es, im Unterricht den Abstand zueinander einzuhalten. Über unsere schulinterne Lernplattform können sich die Schüler untereinander austauschen, egal ob sie nebeneinander, in verschiedenen Räumen der Schule oder sogar zuhause sitzen. Es muss auch niemand durch die Klasse laufen, um etwas an die Tafel zu schreiben. Stattdessen können alle an ihrem Platz auf dem Tablet schreiben oder zeichnen. Skizzen und Texte können die Schüler digital bei ihrem Lehrer einreichen, ihren Mitschülern schicken oder aber über den Beamer der gesamten Klasse präsentieren“, erläutert Sascha Gömpel die Vorteile der Tablets im Unterricht.
Der stellvertretende Schulleiter meint: „Allein die Anschaffung moderner Geräte wie Tablets reicht aber nicht aus.“ Stattdessen müssten sich laut Sascha Gömpel auch die Schulen verändern, um die Möglichkeiten der Digitalisierung voll auszuschöpfen. Zum einen sei es wichtig die entsprechende Infrastruktur in Schulen zu schaffen. Ohne flächendeckendes W-LAN in ausreichender Geschwindigkeit funktioniere auch kein digitaler Unterricht. Außerdem müsse die Lernumgebung für die Schüler an einen agilen und offenen Unterrichtangepasst werden. „Das selbst organisierte Lernen ist die Grundvoraussetzung, um den Mehrwert der digitalen Medien voll auszuschöpfen“, findet Sascha Gömpel.
Die Friedrich-Trost-Schule arbeitet deshalb mit ihren Schülern an fächerübergreifenden Projekten. Die Schüler arbeiten eigenständig an offen gehaltenen Aufgaben und kalkulieren dabei beispielsweise eigenständig, wie viel Zeit und Ressourcen sie für bestimmte Metallbauten brauchen. Bevor die Schüler sich mit Fragen an den Lehrer wenden, recherchieren sie selbstständig im Internet oder fragen ihre Mitschüler, welche in der Lerngruppe als Experten für bestimmte Themengebiete fungieren. Somit verändert die Digitalisierung des Unterrichts auch die Rolle des Lehrers, meint Sascha Gömpel. „Die Schließung der Schulen hat gezeigt, wie wichtig digitale Kompetenzen für das Schulwesen sind“, ist sich der Lehrer sicher. „Die Kommunikation über das schulinterne Lernportal zwischen Schülern, Ausbildern und Lehrern lief bei uns auch nach der Schließung der Schulen problemlos weiter.“
Das Medienbildungskonzept der Hephata-Förderschulen hat innerhalb der vergangenen Jahre auch überregional bereits Bekanntheit erlangt. Inzwischen bietet ein Team von Lehrern der Hephata-Förderschulen deutschlandweit Workshops zum Thema Digitalisierung für andere Schulen an. Das Konzept für die Digitalisierung des Schulunterrichts ist dabei nicht nur auf Förderschulen ausgelegt, sondern auch für alle anderen Schulformen geeignet.
Im November plant Sascha Gömpel mit Kollegen der Hephata Förderschulen digitale Unterrichtskonzepte auf einer Fachtagung der Universität in Bern vorzustellen. Angesichts der aktuell geltenden Einschränkungen für Reisen und Veranstaltungen meint Sascha Gömpel: „Wir hoffen natürlich, dass es bis dahin wieder möglich ist, vor Ort an solchen Veranstaltungen zu referieren. Falls nicht, bin ich mir aber sicher, dass wir auch dafür eine geeignete digitale Lösung finden werden.“ (pm)