Im Gesundheitsamt des Vogelsbergkreises arbeiten Experten aus verschiedenen Disziplinen zusammen
LAUTERBACH. 60 bis 70 Anrufe beantworten die etwa 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitsamtes derzeit täglich. „Schwerpunktmäßig bearbeiten ein Hotline-, ein Ärzte-, und ein Hygiene-Team die spezifischen Fragen der Anrufer“, schildert Dr. Henrik Reygers, vom Gesundheitsamt des Vogelsbergkreises.
„Diese haben einen medizinischen Hintergrund, sind speziell geschult und arbeiten interdisziplinär zusammen, um die Anliegen der Anrufer zu klären.“ Neben den Mitarbeitern, die sich um medizinische Fragen kümmern, sind auch die Kolleginnen und Kollegen des Sozialpsychiatrischen Beratungsdienstes am Kreisgesundheitsamt bei der Beantwortung von Anfragen involviert. Immer wieder komme es vor, dass sich erkrankte Menschen, Angehörige oder Menschen aus Risikogruppen an die Hotline wendeten, um Ansprechpartner für ihre Ängste und Befürchtungen zu finden. Oft gehe es dabei um Hygieneregeln oder Nachfragen, wo Infektionspotential besteht. „Genügend Abstand, gründliche Hand-Hygiene und auch zum Beispiel selbst genähte Masken, ein Schal oder Tuch vor dem Mund, können dabei helfen, sich selbst und andere vor einer Infektion zu schützen“, sagt Dr. Reygers.
Viele Fragen beziehen sich allerdings auf das neuartige Corona-Virus und die von ihm verursachte COVID-19-Infektion. Es gehe meist darum, den Anrufern medizinischen Rat zu geben, um Ängste und Sorgen abzufangen. „Die interdisziplinären Teams helfen dabei, den Blick auf Symptome zu schärfen und einfache Behandlungsratschläge zu erteilen. Aber auch Hilfestellungen für den Alltag in Quarantäne oder Vorsichtsmaßnahmen für das Zusammenleben mit einer infizierten Person sind Bestandteile der Arbeit“, sagt Dr. Reygers. Fiebersenkende Mittel, Bettruhe, Wadenwickel und in regelmäßigen Abständen kontrollierte Körpertemperatur seien hilfreich. „Man muss die Symptome sehr ernst nehmen, jedoch auch genau differenzieren. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) sind Fieber, Husten und Kurzatmigkeit die drei häufigsten Symptome der Erkrankung.“ Dies überschneide sich teilweise mit Erkältungen, der Influenza oder einem grippalen Infekt. Deswegen seien genaue Beobachtung und medizinische Beratung nötig. „Dort kann der telefonische Kontakt zum Hausarzt oder der ärztliche Bereitschaftsdienst (telefonisch unter: 116117) weiterhelfen“, führt der Mediziner aus. Erst wenn sich die Symptome stark und schnell verschlimmern, sei der Kontakt zum Notruf angebracht.
Das Gesundheitsamt des Vogelsbergkreises führt selbst keine COVID-19-Tests durch. „Das Gesundheitsamt bekommt – egal ob der Test in einer Hausarztpraxis, einem Krankenhaus oder bei einer der Testzentren der Kassenärztlichen Vereinigung stattfindet – bei positiven Testungen eine Meldung“, merkt Dr. Reygers an. Das Gesundheitsamt stelle lediglich eine sogenannte Testnotwendigkeitsbescheinigung aus, die den Einzelfall anhand der Richtlinien des RKI bewertet. Fällt ein Test positiv aus, stellt das Gesundheitsamt eine Absonderungsverfügung aus, rekonstruiert soweit möglich die Infektionskette und begleitet den Krankheitsverlauf des Infizierten.
Für die Bevölkerung bedeuten die Maßnahmen zum Schutz und zur Eindämmung der Pandemie eine signifikante Umstellung des Lebensstils. „Die Menschen sollten zu Hause bleiben – das stellt viele vor Herausforderungen, die psychisch belasten“, sagt Dr. Reygers. Es sei deshalb sehr wichtig, genau auf sein Umfeld zu achten, um Konflikte zu verhindern oder abzumildern. „Social Distancing ist in aller Munde – allerdings geht es gar nicht darum, sozialen Abstand einzuhalten. Physisch sollten die Menschen auf Distanz gehen, doch soziale Kontakte sind in dieser Zeit besonders wichtig“, sagt der Mediziner. Ein Paket für die Großmutter, ein Anruf bei Freunden oder eine Nachricht an die Familie sei das, was helfe. „Es geht darum, ein Zeichen zu senden und dem Gegenüber zu signalisieren, dass man trotzdem da ist.“
Wer wird getestet?
Seit dem 6. April 2020 hat das RKI seine Richtlinien für die Verdachtsabklärung für COVID-19 angepasst:
Ein Verdachtsfall wird dem Gesundheitsamt gemeldet und getestet, wenn:
- ein Betroffener akute respiratorische Symptome jeder Schwere und Kontakt zu einem bestätigten COVID-19-Fall, maximal 14 Tage vor Erkrankungsbeginn, hat.
- Klinische oder radiologische Hinweise auf eine virale Lungenentzündung vorliegen und ein Zusammenhang mit einer Häufung von Lungenentzündungen in Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäusern besteht.
Es werden auch bei Personen Tests durchgeführt, die nicht alle Kriterien erfüllen, aber zum Beispiel in Krankenhäusern oder Pflegeheimen arbeiten oder zur Risikogruppe zählen. Im Einzelfall entscheidet darüber ein Arzt, der Ärztliche Bereitschaftsdienst oder das Gesundheitsamt.
Wichtige Telefonnummern:
- Ärztlicher Bereitschaftsdienst: 116-117
- Gesundheitsamt des Vogelsbergkreises: 06641/977-189
- hessenweite Corona-Hotline: 0800/5554666
Das Bild: Dr. Henrik Reygers erläutert die Arbeitsprozesse und -abläufe, die sich im Gesundheitsamt des Vogelsbergkreises vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie verändert haben.